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Der Große Russische Staatscircus - Tour 2005
www.staatscircus.com ; 24 Showfotos

Betzdorf, 4. Mai 2005: Es gibt sicher einiges - unatmosphärisches Zelt, viel schlechte Bandmusik, einige fragwürdige Nummern -, was gegen den von der holländischen Agentur Smit zusammengestellten „Großen Russischen Staatscircus and friends“ spricht, letztendlich hat mir das Programm aber doch Spaß gemacht. Denn im Gegensatz zur letzten Produktion „Maestro“ ist die aktuelle Show nicht mehr so sehr auf Krawall gebürstet. Man kann sogar etwas Wärme spüren, das Licht ist nicht mehr nur grell, sondern passend, es gibt einen Ansager und auch die Musik gönnt sich ab und an eine Pause von Rock- und Tecnogedöns.

 
Oleg Popov, Truppe Khadikov, Frantisek Strnad

Nun wirkt auch der große Oleg Popov nicht mehr wie ein Fremdkörper. Freilich, seine Reprisen sind nie wirklich witzig, dafür aber anrührend, voller Poesie und Kreativität. Warum man dann aber noch einen zweiten, nicht mal schlechten, Reprisenclown, dessen Auftritte eine ähnliche Tendenz haben, verpflichtet hat, will sich mir nicht ganz erschließen. Zumindest fragwürdig halte ich auch das Engagement der Kaukasischen Reitertruppe. Klar, die Kunststücke auf Pferden, einem Kamel und sogar einem Yak sind rasant und teilweise auch spektakulär, der Umgang mit den Tieren aber ist eine Katastrophe. Wildes Zügelgereiße und völlig unangemessener Peitscheneinsatz, schlagender Art wohlgemerkt, will ich nicht sehen. Das Publikum aber tobte vor Begeisterung. Eine Wohltat dagegen die gemischte Raubtierdressur von Frantisek Strnad aus Tschechien. Er präsentiert, einen Löwen, zwei Tiger, einen Puma und zwei Leoparden (einer davon schwarz) in einer sehr harmonischen Dressur. Ein Showman ist Strnad aber leider nicht.


Ekaterina Markevitch, Markevitchs, Rodion und Juliette Girgenov mit Ballett

Ganz anders das Jongleur-Duo Kirouchine: Ausdrucksstark und absolut sicher präsentieren die beiden ihre Hochleistungsjonglage zu leider schrecklicher Musik. Ebenfalls auf Weltklasse-Niveau arbeitet das Duo Pruchenestoje eine sensationelle Hand-auf-Hand-Darbietung. Was aber sollen diese seltsamen Kostüme? Das Globe of Death der Daniel Diorio ist sicher auch herausragend (4 Motorräder in der Stahlkugel), spontane stehende Ovationen des Betzdorfer Publikums sind Beweis genug, aber sicherlich Geschmackssache. Wie auch der Auftritt von Marcus und Gabi Köllner im Todesrad. Artistisch sicher mittelmäßig macht es, mir jedenfalls, dank der mitreißenden Performance von Marcus Köllner trotzdem Spaß. Uneingeschränkt gefallen dürfte dagegen die witzige Kostümillusion.

Traditioneller Circus ist das ganz sicher nicht, was der Russische Staatscircus und seine Freunde da präsentieren, aber begeisterte Publikumsreaktionen beweisen doch, dass diese wilde Mischung ankommt.

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Text und Fotos: Sven Rindfleisch