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Vejle, 2. Juni 2007:
„ARENA - NORDENS STØRSTE CIRKUS“,
zu deutsch „Arena - der größte Circus des Nordens“, das ist
seit einigen Jahren der universelle Werbe-Wahlspruch des
dänischen Circus-Königs Benny Berdino. Diesen Anspruch wird ihm
in Skandinavien auch keiner streitig machen können, sind doch
die technischen Äußerlichkeiten, wie Chapiteau,
Schalensitz-Gradin (1.700), Lichttechnik, Sound-Anlage für fast
nur Live-Musik und der Fuhrpark, der aus einer gelungenen
Mischung von neuen, modernen Fahrzeugen und
nostalgischen Wohnwagen besteht, bewundernswert. |
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Die Plakate
für die meist eintägigen Gastspiele, wirken auf deutsche
Circus-Besucher recht einfach, ohne großen Aufwand aufgestellt.
Man kennt eben sein Stamm-Publikum, spielt man doch Jahr für
Jahr in den gleichen Orten. Arena hat dadurch auch einen ganz
persönlichen Charme: Stamm-Besucher werden von der
Direktions-Familie und dem Personal schon mal mit Wangen-Kuss
begrüßt.
Eine Besonderheit aller dänischen Circusse ist, dass
kostenpflichtige Tierschau-Besuche völlig unbekannt sind. Jeder
Besucher kann sich im Background der Circusse zu fast jeder
Tageszeit umsehen. Das haben wir anlässlich unseres
Arena-Besuchs in Vejle, während der ausverkauften
13h-Vorstellung auch ausgiebig genossen. Unsere Vorfreude auf
die 16h-Vorstellung stieg dabei gewaltig an.
Wegen der ungünstigen
Platzverhältnisse, war das große Vorzelt, in dem sonst Imbiss-,
Cafe- und Souvenir-Wagen stehen, nicht aufgebaut. Alle diese
Fahrzeuge standen sehr dicht gedrängt vor dem Eingang. Kleine
Anmerkung am Rande: Bei Arena ist es sogar möglich Würstchen mit
Kredit-Karte zu bezahlen. Wie überhaupt das gesamte
Kassen-EDV-System von ARENA einen sehr fortschrittlichen
Eindruck macht. Bei aller Professionalität kommt aber auch
Kundenfreundlichkeit nicht zu kurz: Fragt man etwa beim
telefonischen Kartenkauf, ob der Mitarbeiter Deutsch kann, wird
man sofort mit einer deutsch sprechenden ARENA-Mitarbeiterin
verbunden, die sich dann sogar bei Abholung der Karten noch an
den Kunden erinnert, und ihm einige nette Wort mit auf den Weg
gibt. Vorbildlich auch das aktuelle Programmheft. Sehr schön
besonders die Worte auf der letzten Seite: Personal, Artisten
und die Familie Berdino sagen vielen Dank für diesmal und auf
Wiedersehen in 2008. Das ist nachahmenswerte Kundenbindung. |
Suzanne Berdino |
Die
eigentliche Show beginnt dann mit einer kurzen Reprise von Mr.
Chap. Das Publikum ist schon zu diesem Zeitpunkt begeistert und
geht sofort richtig mit. Es folgt der erste Auftritt der
Irish-Dancers. Vom Programmheft als „eine frische Brise aus dem
grünen Irland“ angekündigt, tanzt das Ensemble auf den
Pisten-Kästen, die dafür extra vergrößert wurden, und leitet
gleichzeitig zu Suzanne Berdinos Auftritt mit sechs Friesen
über. Mit Roby Berousek stürmt anschließend ein „Jongleur aus
der Welt des Sports“ die Manege. Der Tscheche, der im
Programmheft auch als Regisseur genannt wird, jongliert gekonnt
und in extremen Tempo mit Tennisschlägern. Daran anschließend
zeigen der dänische Arena-Hausclown Bonbon und seine Partnerin
Tina ihre erste, sehr lustige Reprise: Den Kampf mit einem
großen, anscheinend ziemlich schweren Luftballon. |
„Schweben über der Manege“ ist der
Auftritt von Merrylu Casselly überschrieben. Die Tochter von
Rene und Alexia Casselly reitet auf einem Andalusier, als
Pegasus-Pferd mit Flügeln und Hunderten von Lämpchen geschmückt,
in die dunkle Manege. Ein wirklich wundervolles Bild. Vom Pferd
aus geht es dann zu ihrer eleganten Arbeit an Tüchern in die
Circus-Kuppel. Als völliger Gegensatz foltgen die Irish-Dancers
mit einer a Cappella Tanzeinlage auf riesigen Trommeln.
Ohrenbetäubender Lärm; die einzige Nummer, die mir persönlich
nicht zusagte. Im Anschluss benötigte Mr. Chap sechs Zuschauer
für seine bekannte Boxkampf-Reprise und heimste dank seines
pantomimischen Talents viel Beifall ein. |
Mr. Chap |
Robin Valencia |
Robin Valencias aus Monte Carlo
bekannter Auftritt als menschliche Kanonenkugel ist im
eigentlichen sehr kurz. Trotzdem: die technischen Vorbereitungen
einmal live zu sehen, war ein besonderes Erlebnis. Da der Cirkus
Arena seine Ursprünge in den frühen 1950-Jahren als Provinz-Gaugler-Geschäft hat, kündigt das Programmheft und auch
Direktor Berdino bei seiner Ansage Valencia als unvergleichliche
Marktplatz Kanonen-Königin an. „Her kommer Kongen - Hier kommt der
König“ nennt sich die zweite Reprise von Bonbon, in der er als
sehr entschlossener Astronaut mit einem großen Dannebrog, so
nennen die Dänen ihre Nationalflagge, auf seinem Overall aus einer
Kanone in den Weltall geschossen werden will und damit herrlich
ironisch Robin Valencias Kanonenschuss parodiert. Dieses oftmals
zu bemerkende Augenzwinkern ist auch ein Grund, weshalb ich Circus
in Dänemark so sehr mag. |
Ingo
Stiebner, Flying Spiders, Arena-Kids
Vor der Pause dann die Arena-Kids,
im Programm-Heft als künftige Welt-Stars angekündigt. Eine tolle
Jockey-Nummer der vier Berdino-Enkel und den zwei
Casselly-Kindern. Unter der Aufsicht von Vater Casselly zeigen
die Junioren auf den von Ignat Ignatov übernommenen Kaltblütern
unter anderem ein Zwei-Mann-Hoch. Noch
spektakulärer geht es nach der Pause mit den Flying Spiders
weiter: Das chinesische Flugtrapez zeigte über drei Ebenen
perfekte mit Höchstleistungen gespickte Artistik, die für sich
genommen sensationell ist, mich dann aber doch etwas an
Kinder-Weitwurf erinnerte. Den Trapez-Netzabbau überbrückte
erneut Bonbon mit einer originellen Reprise, in der sein "Bruder"
als synchroner Doppelgänger mitwirkt. Ingo Stiebner wird im
Programm-Heft mit den Worten, „herrliche Seelöwen im freien
Spiel“ angekündigt. In der von uns besuchten Vorstellung war
zwar nur ein Tier in der Manege zu erleben, der
Unterhaltungswert dieser humorvollen Nummer wurde aber dennoch
vom Publikum mit viel Beifall honoriert.
Four Men, Familie Casselly
Die spanischen Clowns Rivelinos
kamen im Anschluss mit einer richtigen Klamauk-Nummer als
Maler-Meister und verspritzten viel Wasser und farbigen Schaum.
Den Zuschauern hat es gefallen. Die folgende Nummer, „Four Men“
betitelt, war dann etwas ganz besonderes für die zahlreichen
jungen Zuschauerinnen in Vejle, die ihrer Begeisterung mit
Pfiffen und frenetischem Applaus Luft bekundeten. Tolle
Akrobatik ohne Hemd, nur mit Jeans bekleidet, kommt halt immer
an. Vom Aufbau ist diese Nummer mit Atlantis bei KRONE
vergleichbar, Handvoltigen wechseln sich mit
Hand-auf-Hand-Tricks ab, und unterscheidet sich vor allem in der
hier machohaften Aufmachung. Die Familie Casselly überzeugte
mit ihrer, als Schlussnummer platzierten „Ungarischen Post auf
Elefanten-Rücken“ nicht nur mich, auch das dänische Publikum
klatschte bei dieser gelungenen Kombination aus Elefanten- und
Pferdedressur begeistert mit. Ein Höhepunkt dieser Nummer war
der von Merrylu Casselly ausgeführte Wechsel vom Pferd auf einen
Elefanten und das Umsteigen von Alexia Casselly vom Elefanten
aufs Pferd, wohlgemerkt in voller Fahrt. Benny Berdino sagte bei
der Abmoderation, dass diese Nummer für das nächste Monte Carlo
Festival vorgesehen ist.
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Das große Finale mit allen
Mitwirkenden beendete die wieder einmal gelungene Show von Benny
Berdino. Leider hat er weder bei der Eröffnung der Show, noch
beim Finale live gesungen. Das hat mir dann schon etwas gefehlt. |
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Text: Heino Hasse; Fotos: Cirkus Arena, Moritz Madsen
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