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Windisch, 15.
September 2007: “Nock 2007 - die siebte
Generation” heißt das Motto der diesjährigen Produktion des
zweitgrößten Schweizer Circusunternehmens. Es ist die 147.
Tournee der Familie Nock, die den ältesten Circus der Schweiz
betreibt. Dekorativ und fotogerecht steht der Circus an einem
wundervollen Spätsommertag auf einer großen Wiese in Windisch.
Kapellmeister Tino Aeby und seine 6 Musiker spielen vor der
Fassade auf und rund 250 Besucher ziehen trotz Wärme und
strahlendem Sonnenschein einen Circusbesuch anderen
Freizeitaktivitäten an diesem Samstagnachmittag vor. |
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Zum fünften Mal führt Eugene
Chaplin, er ist das erste der in der Schweiz geborenen Kinder
von Charlie und Oona Chaplin, Regie und die mit seiner
Verpflichtung einhergehende Modernisierung der
Programmgestaltung erhält so ihre Kontinuität. Ein wenig,
gewollt, schräge Töne spielt die Kapelle beim Einzug in die
Manege zum Charivari im Nostalgiestil. Ein “Circusdirektor” im
Habitus von vor 100 Jahren erklimmt mit einer Flüstertüte
bewaffnet ein Podest und rekommandiert in verschiedenen
Sprachen, Jongleure, Clown, Stelzenläufer, Springer und
Akrobaten bevölkern die Manege. Ein wenig abrupt wird die
Präsentation sehr modern, als Natalie Harris auf einem Trapez,
mit schwarzem großen Head-Set ausstaffiert, für wenige
Augenblicke den Eindruck von Live-Gesang glaubhaft vorspielt. Zu
eindeutig, dominant, zu perfekt und stimmgewaltig ist die
Einspielung der Christina-Aguilera-CD.
Duo Stoichev,
Soara Bobba, Gino Salvini
Gegenüber den Ankündigungen des
Programmheftes wurde die Spielfolge leicht modifiziert. Die
Truppe Kurales, sie war im letzten Jahr bei Pinder, eröffnet wie
angekündigt die Nummernfolge. Allerdings wurden ihre beiden
Darbietungen gekürzt und zu einem Auftritt derart zusammen
gefasst, dass den Sprüngen über die Trampolins das Seilspringen
folgt. Hintergrund der Veränderungen: In einigen Städten
ergänzte das Duo Stoichev auf dem Todesrad das Programm. Eine
Zebra-Lama-Freiheit präsentiert Soara Bobba, Lebensgefährtin von
Redi Christiani. Die drei Zebra zeigen sehr willig ihre
ansprechende Laufarbeit, im Kontrast zu den nur sehr kurz
präsenten Lamas. Diese umkreisen die Manege zweimal unter
strengster Bewachung von Signora Bobba, während Redi Christiani
die Zebras in der Manegenmitte mittels permanenter Futtergabe am
Platz hält. Die Salvini-Clowns haben ihre
Kochschule nun in die Schweiz verlegt. Das Entree erreicht die
Zuschauer nicht wirklich. Zu wenig war ihr gesprochenes Wort in
der besuchten Vorstellung zu verstehen, da entweder ihre Mikros
zu leise oder aber die Orchestermusik viel zu laut war. Im
Gegensatz dazu kamen die verschiedenen Reprisen von Gino sehr
gut beim Publikum an.
Alexandra Nock & Orlando Oprescu,
Franziska Nock
Als erste Vertreterin der 7ten Generation
arbeitete Alexandra Nock zusammen mit ihrem Manegenpartner
Orlando an Strapatentüchern. Die beiden zeigen eine
ansprechende Luftakrobatik. Laut Werbetext “eine gefühlvolle und
sinnliche Darbietung”. Dies darzustellen gelingt den beiden
Akteuren, zu Flamencomusik und klassischen Klängen mit Gesang a
la Andrea Boccelli -die Musik kommt aus der Konserve- in der
besuchten Vorstellung leider nicht. Sie wirken, um im Bild zu
bleiben, eher wie ein Paar nach 30 Jahren bei der Verrichtung
ihres Alltagslebens. Sie erschienen wenig präsent und die Musik
eher ein wenig zu schwer. Franziska Nock bringt anschließend 3
Friesen und 3 Araber-Schimmel, in einer neu einstudierten
Freiheit in die Manege, die Hohe Schule wurde nicht gezeigt. Die
Pferde arbeiten sehr willig und exakt und einige Steiger
beschließen den Auftritt. Schade nur, dass die Vorführerin
derart introvertiert agiert und in keiner Phase einen Kontakt
zum Publikum sucht oder findet.
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Double Face |
Das Duo Double Face aus Italien
tanzt mit seinen Diabolos einen furiosen Tango und hat das
Publikum sofort auf seiner Seite. Besonders auffällig, wie sehr
Live-Musik eine Nummer aufwertet und das Publikum begeistert,
wenn während der Vorbereitung des Schlusstricks die
CD-Begleitung endet und Tino Aeby mit seinen Mannen die gleiche
Tangomelodie fortführt. Das Duo Stoichev auf dem Riesenrad ist
denn auch folgerichtig als Pausennummer platziert und sorgt für
einen zweiten Höhepunkt in einem leistungsmäßig guten Programm.
Dies ist denn auch an dem begeisterten Mitgehen der Zuschauer
während der beiden letzten Nummern deutlich festzustellen,
nachdem die Präsentation vorher durchaus Längen aufkommen ließ. Redi Christiani und seine 8
gestreiften Schönheiten, darunter ein Liger, sind seit Jahren in
der Nock-Manege zu Hause. In dieser Saison ist Christiani, nach
diversen Lederoutfits in den letzten Jahren, ganz im Stile alter
Tierbändiger, mit unendlich vielen Glitzersteinchen im
Litzenbesatz, gewandet. |
Natalie Harris, Oleg Anissimo
Costin Belu hat schon die
unterschiedlichsten Disziplinen gearbeitet. Heuer sehen wir ihn
zusammen mit seinem Neffen Francesco Nock mit exzentrischer
Akrobatik. Am Boden und an einem Mast, wie ihn sonst die
Chinesen einsetzen, präsentieren die beiden einen Auftritt, der
in erster Linie vom komödiantischen Talent und der Spielfreude
Costins geprägt ist. Natalie Harris zeigt am Schwungseil eine
Reihe waghalsiger Tricks, Pirouetten sowie Salto um das Seil zum
Kniehang, die ohne Longensicherung nicht durchführbar wären.
Leider leidet anderseits die Publikumswirksamkeit der Abfaller
ein wenig unter dem Longengebrauch.
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Eddy Carello |
Der Este Oleg Anissimo
verbindet imponierende Muskelkraft mit artistischer Perfektion.
Er hat seine Handstandkunst während der Schlussfeier der
Olympischen Spiele schon einem Weltpublikum präsentiert. Kreischende Gitarren, wummernde
Bässe, harte Beats. Die Spotlights greifen abwechselnd zwei
wilde Rocker aus dem Dunkel. Auf der linken Piste bearbeitet Tino Aeby in Nieten-Lederjacke seinen Bass. Auf der rechten
Seite lässt Eddy Carello seine Gitarre auf dem Devilsticks
rotieren. Anschließend fliegen Schlapphut, Messingbecken und
Drumsticks bis in die Kuppel. Immer wieder faszinierend seine
Balljonglagen auf dem Schlagzeug. Der zweite Teil ist dichter,
schneller und spannungsgeladener und so folgt das diesjährige
Nock-Programm der klassischen Circustradition, den
Spannungsbogen mit jeder Nummer zu erhöhen. Ein wenig
bedauerlich ist allerdings, dass es nur drei Tiernummern in
dieser Spielfolge zu sehen gibt. |
Das Finale
vereint alle Mitwirkenden in der Manege. Die Artisten werden
vorgestellt und zeigen eine kleine Zugabe. Die Direktion
repräsentieren Franziska und Alexandra Nock als Vertreterinnen
der siebten Generation und Verenas Sohn Francesco, der bereits
die achte Nock-Generation in der Manege verkörpert. Alle drei
wirken äußerst ernst und konzentriert, wenn Francesco - ein
wenig ein künftiges Programmmotto vorwegnehmend als ältestes
Mitglied der achten Generation - die obligatorischen
Schlussworte ans sehr zufriedene Publikum richtet. |
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Text: Friedrich Klawiter; Fotos:
Friedrich Klawiter, Sven Rindfleisch
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