Aber von vorne:
„Underground“ beginnt, wie auch „No Limits“ begonnen hat: Mit
Feuerfontänen und dem Rammstein-Song „Mein Herz brennt“. Wie
überhaupt einige Elemente aus dem spektakulären, letzten Flic
Flac-Programm übernommen wurden: Larissa Kastein präsentiert
ihre Handstand-Darbietung weiter als sexy Wassernixe, ein
BMX-Fahrer (Dave Blundell) huldigt dem verstorbenen Gil Antares
und Ira Rizaeva steckt auch heuer beim Jonglieren ein
Wasserbecken in Flammen, in dem die Artisten zum Finale
ausgelassen planschen. Sicher nicht zu jedermanns Freude wurde
auch die Musikbegleitung prolongiert. Weiterhin werden viele
Darbietungen von Rammstein-Songs – wie ich finde – sehr treffend
untermalt. Im Gegensatz zu „No Limits“ ist „Underground“
allerdings deutlich weniger PS-lastig. Motorisiert sind nur noch
die acht südamerikanischen Hasardeure in der Motorradkugel sowie
Mario Sandoval Navarro, der per
Motorrad ein Schrägseil hochfährt, während unter ihm Bernadette
Stock waghalsige Tricks am Trapez zeigt.
Motorradkugel,
Julia Galenchyk
Aber, was ist nun
anders gegenüber dem Beginn der Saison 2008? Zwar wurden auch
Kostüme und Musiken ausgetauscht, in erster Linie gewinnt
„Underground“ aber durch die Integration des Ensembles in
einzelne Nummern. So wird etwa die an sich schon sensationelle
Motorradkugel zu einer riesigen Schau, wenn die männlichen
Akteure von einem ganzen Trupp sexy gewandeter Artistinnen
bezirzt werden. Eine (Julia Galenchyk) schafft es dann auch auf
den Rücksitz eines der Helldriver und startet von dort zu ihrer
kraftvoll wie anmutigen Kür an Netzstrapaten. Auch Komiker
Davidoof, dahinter verbirgt sich wohl BMX-Fahrer David Blundell,
ist mittlerweile besser in die Show eingebaut und sorgt für
einige nette Brüche im Programm. Zum Beispiel, wenn er den
Motorradjungs mit Oma-Mobil zur Hilfe eilt. Mario Sandoval
Navarros Versuch auf komisch zu machen, geht dagegen
einigermaßen in die Hose. Seine Nanaischen Spiele – der
ehemalige Kunstschütze spielt gleichzeitig Braut und Bräutigam
und tanzt sozusagen mit sich selbst – wirken im Flic Flac-Kosmos
absolut unpassend.
Duo Serjo, Truppe
Simonenko
Am erstaunlichsten
am neuen FlicFlac-Programm ist allerdings die Masse der
hochkarätigen Artistikdarbietungen. Besonders umjubelt wird die
russische Simonenko-Truppe, die am Reck und auf dem Trampolin
weit mehr als Standard bietet. Ebenfalls beeindruckend: Das Duo
Serjo mit einer kraftvollen Hand-auf-Handdarbietung.
Duo Navuku, Alla
Domokos, Tatjana Kastein
Darüber
hinaus jongliert Alexander Xelo mit bis zu vier Diabolos, das
Duo Navuku zeigt ein sinnliches Duett am Trapez, Alla Domokos
lässt lasziv unzählige Hula-Hoop-Reifen um ihre Hüften kreisen,
Roman Konanchuk produziert sich an der Vertikalkette, Tito
Vanegas und Nilton Martinez Gama toben sich auf dem Todesrad aus
und die Flying Baetas zeigen den dreifachen Salto am Flugtrapez.
Seit Koblenz gibt es außerdem eine Bola-Truppe im Programm.
Diese Verpflichtung kann ich persönlich allerdings überhaupt
nicht nachvollziehen. Gehört das Bola-Genre doch zu den Sparten
der Artistik, deren Sinn mir verschlossen bleibt:
Südamerikanische Macho-Hohe-Priester, die halbwegs rhythmischen
Lärm machen. Wer braucht so etwas? Ganz nach meinem Geschmack
ist dagegen die neu gestaltete Darbietung von Tatjana Kastein:
Auf einem quer gestellten Spiegel zelebriert sie zu klassischer
Musik ohne jeden Wackler, geschmeidig, ja fast schon schwerelos
ihre Handstandarbeit. Die berührendste Nummer des Programms.
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