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Rixensart, 31.
Mai 2008:
In Frankreich ist der Name
Zavatta, neben Gruss und Bouglione, für Circusse äußerst
populär. So nimmt es nicht wunder, das viele unter dieser Flagge
segeln möchten. Die verschiedenen Mitglieder der Familie Zavatta
vergeben denn auch reichlich Namenslizenzen, ein durchaus
einträgliches Geschäft, und derzeit reisen wohl etwas mehr als
vierzig Circusse dieses Namens. So auch ein Zweig der Familie
Prein, derzeit in Belgien unterwegs. Auf einer Wiese
angrenzend an einen Supermarktparkplatz ist der Mittelcircus
aufgefahren und beeindruckt mit erstklassigem Erscheinungsbild. |
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Die Front
wird von drei großen Wagen mit aufklappbaren Fassaden, auf denen
eindrucksvoll der artenreiche rollende Zoo dargestellt wird,
gebildet. Das mittlere Fahrzeug ist, gleichermaßen
Durchgangswagen und Kasse, mit einem großzügigen Zeltvordach
ausgerüstet. Diese ganze Arrangement wird überragt und dominiert
von einem neu wirkenden weiß/roten Viermaster mit enormer Höhe.
Die ungewöhnliche interessante Konstruktion von etwa 36 - 38 m
Durchmesser weist neben der großen Rondellhöhe mehrere
auffällige Details auf. Die acht ‘Sturmstangen’ sind von so
großer Länge, dass ihre Gitterkonstruktion für den Transport
geteilt werden muss. Sie drücken die Plane weit und hoch nach
außen, sodass diese extrem steil zu den Rondellstangen abfällt
und eine riesige, hohe und weite Kuppel bildet. Ein hoher
Spitzkegel als eigentliche Kuppel verleiht dem Ganzen einen
eigenen Charme. Die zahlreichen Fahrzeuge sind einheitlich in
rot mit weißer Schrift gehalten und die Renault Magnum
Zugmaschinen stehen in Paradeaufstellung neben dem Werbe-Lkw
samt Hänger, die auf der Ladefläche ca 4 x 2,5m große, mit
Circusmotiven bemalte, Plakatwände fest montiert tragen. Einen
besonderen Blickfang gibt die reichlich fünfzig Jahre alte,
schwere ‘Diamond’ Zugmaschine mit gewaltigem Kuhfänger, deren
Seilwinde und Abschleppkran hier zum hochziehen der Masten
genutzt wird, ab. Auch die eindrucksvollen Wohnauflieger der
Familie haben mehr als nur einen Blick verdient. Den ca. fünfzig
mitreisenden Circustieren stehen in den Stallungen Einzelboxen
und diverse Außengehege zur Verfügung.
Die in großer
Menge in den Geschäften ausliegenden Ermäßigungs-Scheine
verheißen eine einmalige Reduktion von zwei Euro bei einem Kauf
von wenigstens zwei Karten pro Familie und gewähren damit einem
Erwachsenen den Eintritt zum Kinderpreis. Das Chapiteauinnere
gibt sich schlicht. Einfache rote Logen durch einen breiten Gang
vom steilen sechsreihigen Holzbank-Gradin ohne Rückenbretter
getrennt, Restaurationswagen und eine dunkelrote Stoffgardine -
aufgehängt am hinteren Mastpaar und dadurch unmittelbar an die
Piste anschließend - bilden die Einrichtung. Die musikalische
Begleitung des Programms erfolgt mit einer guten, volltönenden
Anlage, wobei die Musikauswahl, durchweg klassische französische
Circusmusik, in keinem besonderen Zusammenhang zu den einzelnen
Nummern steht. Die Ausleuchtung der Manege, von einer
Lichtanlage im heutigen Sinne kann nicht wirklich gesprochen
werden, erfolgt in erster Linie mit einer Anzahl Baustrahler,
die von 6-8 bunten Scheinwerfern unterstützt werden. So ergibt
sich eine gleichmäßig hell beleuchtete Manege, wie sie noch vor
wenigen Jahren auch in den größten Circussen absolut üblich war.
Auf den Einsatz eines Verfolgers wird verzichtet.
Das Publikum
an diesem Samstagnachmittag erscheint äußerst zahlreich und, wie
so oft im französischen Sprachraum, ziemlich spät. So nimmt es
viel Zeit in Anspruch, bis Monsieur Prein sen. die
Eintrittskarten verkauft hat, genügend zusätzliche Logenstühle
aufgestellt wurden, viele Dutzend Leuchtstäbe unter das Volk
gebracht sind und das Gradin annähernd voll besetzt ist, beginnt
die Vorstellung fast eine halben Stunde nach der angesetzten
Zeit. Einigermassen erstaunlich und so noch nie zuvor erlebt,
ist die Öffnung der Circusrestauration nur während der laufenden
Vorstellung. Das Warenangebot umfasst Zuckerwatte, Popcorn und
Erfrischungsgetränke und findet enormen Anklang. Während der
gesamten, gut zwei Stunden, Spieldauer ist der Wagen dicht
umlagert und die hin und zurückströmenden Käufer sorgen für
reichlich Unruhe auf den Rängen. |
Die drei Söhne des
Chefs sind als Vorführer bzw. Clown in der Manege zu erleben. .
Alexandre Prein präsentiert zuerst im großen Zentralkäfig drei
männliche Löwen gewandt und schwungvoll. Diverse Sprünge,
Balkenlauf, Löwenbar, Hochsitzer gehören u. a. zum umfangreichen
Repertoire der Nummer. Den zweiten Teil eröffnet er mit den
kurzen Präsentationen von drei Einzelfreiheiten. Zur
Auflockerung treibt dazwischen der Nachwuchs einige
Shetlandponys ein paar Runden um die Manege. Einerseits
wortgewaltiger Manegensprecher, oftmals aus dem Off, ist
Frederic Prein zudem zuständig für das “Défilé Exotique”, wie
der Exotenzug hier annonciert wird. Die Bezeichnung “Défilé”
trifft die Sache genau, denn wie zumeist in südeuropäischen
Circussen gerät die ‘Exotendressur’ zu einem reinen
vorbeiparadieren und vorzeigen des Tierbestandes. |
Frederic
Prein und Mambo |
Nachdem sein Sohn
Cederic einige Gänse entlang der Piste marschieren ließ, drehen
nacheinander zwei Zebras, ein Strauß, drei Kamele bzw. Dromedar,
einige Lamas Esel und diverse Rinder gefolgt von zwei Bisons
unter Anleitung des Chefs ihre zwei bis drei Runden. Als
besondere Zugabe verlässt Frederic Prein bei jedem Tierwechsel
ebenfalls die Manege, um blitzschnell neu gewandet mit den
nächstfolgenden Tieren zurück zu kehren. Abschluss und Höhepunkt
dieser Demonstration von Reichhaltigkeit der Menagerie ist der
Auftritt des Hippopotamus Mambo. |
Duo Metho, Duo Marian
Dreimal sehen wir
Clown Alexis, im ersten Teil mit der Spieldosen-Reprise und den
vier Stühlen. Das große Entree, hier ist es die hauseigene
Variante des Messerbrettes, ist, wie so oft in französischen
Circussen, als Finalnummer platziert. Komplettiert werden die
Auftritte der Familie von Anais und Oceanne, ca. neun- und
dreizehnjährig, mit ihrer Hula Hoopshow. Für den artistischen
Teil sind zwei Duos aus Bulgarien engagiert. Unter verschiedenen
Namen sehen wir das Duo Metho dreimal. Zunächst arbeitet der
männliche Partner eine kraftvolle Handstandnummer mit
interessanten, ausgefallenen Trickvarianten. Seine Partnerin,
Miss Respina, überzeugt mit ihrer Kontorsionistik. Der
gemeinsame Auftritt der beiden zeigt Trickfolgen aus dem Genre
der Parterreakrobatik. Das zweite Paar steuert zwei Auftritte
bei. Monique folgt als einzige Luftnummer mit ihrem Vertikalseil
auf die Raubtiere. Als Duo Marian sehen wir die beiden mit der
Rola Darbietung des jungen Mannes. Die gängigen Tricks werden
elegant und sicher geboten. Das kurz und knapp gehaltene Finale
vereint die Mitwirkenden auf dem Manegenteppich in den Farben
und Design der französischen Nationalflagge.
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So findet ein überaus interessanter Circusbesuch
seinen Abschluss. Im Verlauf dessen wurde einem unterhaltsamen
sehenswerten Programm beigewohnt, dass ohne modisch-stylisches
Zubehör, ohne Chichi und Inszenierungsmätzchen, nur aus der
Leistung und dem Können der Akteure heraus zu überzeugen
versteht. Eben echter,
unverfälschter klassischer Circus. |
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Text und Fotos: Friedrich Klawiter
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