Der Circus
präsentiert sich nun in absolut beeindruckender, nahezu
perfekter Optik. Bei jedem Besuch in den vergangenen zweieinhalb
Jahren ließ sich Neues entdecken. Mittlerweile hat Melnjak nach
seinen Vorstellungen und Wünschen einen vollständig neuen Circus
geschaffen. Wohl komplett ist nun die Front, in welcher der edel
eingerichtete Büro-Auflieger und der Kassen-Auflieger für ein
symmetrisches Bild sorgen. Beide Wagen tragen große
Leuchtschriften. Man betritt den Circus neuerdings durch ein
einladendes Portal mit einer weiteren Leuchtschrift und gelangt
in das gemütlich eingerichtete Vorzelt mit den beiden schön
dekorierten Restaurationswagen (Bar, Speisen), beleuchteten
Verkaufsständen, Alex Laceys Kinderkarussell, vielen
Sitzgelegenheiten und den großformatigen Showfotos. Der Weg ins
Chapiteau führt unter dem neuen, samtrot dekorierten Regiepodium
mit goldenen Charles-Knie-Lettern hindurch. Im Zelt fällt die
schöne Sitzeinrichtung mit gepolsterten Logenstühlen und – ein
Novum in der deutschen Circuslandschaft – dem neuen Gradin mit
bequemen Klappsitzen auf. Einfach aufzubauen und zu
transportieren, stabiler als Schalensitze, nicht wesentlich
teurer: Sascha Melnjak zeigt sich im Gespräch hochzufrieden. Was
zum perfekten Komfort noch fehlt, ist der (Holz-)Boden in den
Logen – und der neue Artisteneingang wirkt, wenn die
LED-Leuchtschrift „Charles Knie“ nicht läuft und damit komplett
unsichtbar wird, trotz des edlen roten Stoffes ein wenig
nüchtern. Hinter dem Zelt begeistert der großzügig aufgebaute
Zoo mit nun einheitlich rot-weißen Stallzelten.
Faltynys, Emil Faltyny jun., Tiger von Alexander Lacey
Höhepunkt der
Show ist weiterhin die gemischte Raubtierdressur von Alexander
Lacey, auch mit nunmehr sieben Tieren (vier Tiger, zwei Löwinnen
und Mähnenlöwe Massai). Das Trickrepertoire und die traumhaft
sichere Vorführung begeistern auch beim x-ten Mal. Nur im
Circus, in einer solch vorbildlichen Vorführung, kann man sie
erleben, die gewaltige Kraft dieser Tiere, ihre Wildheit, aber
auch ihr enges Vertrauensverhältnis zum Tierlehrer. Als weitere
Glanzlichter wird man das Pas de Deux des Duos Stipka (das aber
der besuchten Vorstellung verletzungsbedingt nicht gezeigt
wurde) und auch Emil Faltyny juns. Kombination von freistehender
Leiter und Kubusjonglage bezeichnen dürfen. Der junge Mann
sticht auch als eleganter Solist aus der Gruppenjonglage der
fünf Faltynys hervor, die für eine schwungvolle
Programmeröffnung sorgt. „Tempo, Tempo, Tempo“ heißt es auch bei
der Fahrradnummer der Faltynys, zumindest bezogen auf die
traditionelle böhmische Musikbegleitung (übrigens mit
ebensolchen Kostümen). Die Tricks, welche als Schlussnummer auf dem kleinen
Holzboden gezeigt werden, wirken dagegen oft eher statisch,
wirklich gefahren wird wenig.
Monika
Sperlich, Elaine Courtney, Anthony Wandruschka
Viele der
Darbietungen im Charles-Knie-Programm begeistern nicht durch
herausragende artistische Einzelleistungen, sondern vielmehr
durch ihren besonders unterhaltenden Charakter. Bestes Beispiel
hierfür sind die beiden Auftritte der Sperlich-Junioren: Wenn
Hula Hoop-Artistin Monika bei ihrem Auftritt fröhlich vom
Ballett umtanzt wird oder Maik und René vor ihrem
Handstandauftritt cool auf dem Bike in die Manege rasen, sorgt
dies beim Publikum regelmäßig für begeisterte Reaktionen.
Ähnliches gilt für Anthony Wandruschkas Comedy-Jonglage:
Technisch gehört die Nummer nun sicher nicht zu den stärksten
des Genres, aber mit seinen Gags und seiner sympathischen Art
kommt Anthony bestens an und hat gar eine Schlüsselfunktion beim
Aufbau von Stimmung und Atmosphäre für den Rest der Show. Es war
eine gute Entscheidung, die Darbietung, anders als zu
Saisonbeginn, wieder ins Programm zu nehmen. Auch Anthonys
leistungsstarke Schwungtrapeznummer mit überraschendem Ausgang,
an vorletzter Stelle im Programm, kommt so spürbar besser an –
dank Wiedererkennungs-Effekt. Abgesehen von den Stipkas, die
sowohl Pas de Deux als auch Tüchernummer zu Bandmusik arbeiten,
profitieren zudem alle Akteure von der fabelhaften Unterstützung
durch das achtköpfige, stets druckvoll aufspielende Orchester
und das gute Licht – zum Beispiel auch Elaine Courtney bei ihrer
immer wieder gern gesehenen Schwungseilnummer.
Versace, Marek
Jama
Prägend
für das Programm sind zudem die vielen Tierdarbietungen.
Marek Jama präsentiert die Exoten (Zebras, Kamele, Emu, Rinder,
Lamas), die beiden Elefantendamen und die weiß-braune
Pferdefreiheit, Susan Lacey die heitere Seelöwenkomödie. Clown
Versace feiert im zweiten Programmteil, gemessen an den
Publikumsreaktionen, Großerfolge mit seiner Seilspringnummer
unter Zuschauerbeteiligung. Zudem ist er in mehreren weiteren
Reprisen zu sehen. Schade hingegen, dass Kenneth Huesca
ausgeschieden ist, dessen Bauchrednershow doch jedes Mal wieder
blendenden Unterhaltungswert hatte. Zum Eindruck einer
durchgestylten Show mit schnellen Übergängen trägt das
fünfköpfige Ballett bei, und das mit frischen, modernen
Choreographien – so gar nicht „fernsehballett-mäßig“. Einen
wirklich guten Job macht zudem André Riedesel bei seiner
Moderation. |