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Höhner Rockin' Roncalli - Salto Globale 2009
www.hoehner-rockin-roncalli.de ; 90 Showfotos

Köln, 24. Mai 2009: Die Höhner als Circuskapelle für ein Roncalli-Programm? Circensische Darbietungen als nettes Beiwerk für ein Höhner-Konzert? Beide Hypothesen wäre denkbar für eine „Höhner Rockin' Roncalli Show“. Beide aber werden dieser Show nicht gerecht. Die Verbindung der kölschen Höhner mit dem ebenfalls in dieser Stadt beheimateten Circus ist vielmehr eine perfekte Symbiose. Musiker und Manegenkünstler harmonieren einfach.

Wenn zum Beispiel die Fliegerin der „White Crow“ zu „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ vom russischen Barren aus in die Luft gewirbelt wird, wünscht man sich fast (aber nur fast), dass das Trio ab sofort nur noch zu dieser Musik arbeitet. Ein ähnlich perfektes Zusammenspiel ist es, wenn die Seelöwen der Familie Duss Bälle von Schnauze zu Schnauze weiterreichen und die Höhner dazu „Echte Fründe“ intonieren. Dabei wären die Höhner alleine in der Lage, für einen perfekten Abend zu sorgen. Das von Roncalli beigesteuerte Programm wäre es aber ebenfalls. Finden sich darin doch drei Hochkaräter, eine spannende Neuentdeckung und des Weiteren durchweg gute bis sehr gute Darbietungen.


Roland Duss, Rokashkov, The White Crow

Als Pausennummer begeistern die White Crow am russischen Barren. Das Trio um die quirlige Fliegerin Carole Demers zeigt nicht nur die Spitzentricks an diesem Requisit, sondern versteht es auch noch, die Leistungen perfekt an den Kunden, sprich das begeisterte Publikum, zu bringen. Der Funke springt über, die Zuschauer gehen begeistert mit. Für mich derzeit eine der schönsten artistischen Darbietungen überhaupt. Ein weiterer Edelstein der Circuswelt ist die Seelöwendressur von Petra und Roland Duss. Was die beiden Schweizer mit ihren vier Meeressäugern und einem Hund zeigen, ist schlichtweg phänomenal. Insbesondere die Tricks, bei denen die Tiere scheinbar selbstständig miteinander agieren, sind eine absolute Rarität. Sei es das Zuspielen eines Balles zweier Seelöwen oder das „Surfen“ des Vierbeiners auf einem Flossenträger. Schön, diese Darbietung ausgerechnet in einer Roncalli-Produktion zu sehen. Die Rokashkov am Quadratreck sind hinsichtlich der Verpackung Geschmackssache. Ihre Tricks hingegen sind unumstritten Spitzenklasse. Wenngleich sie auch hier ihre Liebesgeschichte zwischen und an den Stangen ihres Requisits zeigen, erscheint diese nun entspannter und weniger kopflastig. Der Höhner-Musik sei dank. So können wir die Leistungen dieses Quartetts aus Moskau noch mehr als sonst genießen.


Oleksandr Yenivatov, Tony Frebourg, Aurelie

In einem russischen Wandercircus von Roncalli entdeckt, hat „Frosch“ Sasha den Sprung zu uns nach Deutschland geschafft. Was dieser sympathische Künstler, der mit bürgerlichem Namen Oleksandr Yenivatov heißt, zeigt, geht an die Grenzen dessen, was auf dem Gebiet des Klischnigg möglich ist. Wie der Name schon richtig suggeriert, zeigt er seine Künste in der Aufmachung eines Froschs. Sasha weiß um seine Talente und verkauft seine Leistung entsprechend. Die Rolle als Frosch füllt er dabei mit einem Augenzwinkern und genießt es sichtlich, das Publikum mit schier unglaublichen Verrenkungen in ungläubiges Staunen zu versetzen. Sein zweiter Auftritt ist inzwischen zu Gunsten einer Verkürzung der Show (Beschwerden von lärmempfindlichen Anwohnern) aus dem Programm genommen worden. Dabei drehte er sich in einer Art Folterwerkzeug mit dem Oberkörper um die eigenen Achse, während Beine und Unterkörper auf dem Gerät fixiert waren. Die Zuschauer litten, Sasha strahlte. Grandios beherrscht Tony Frebourg seine Diabolos. Er schickt sie auf schier unglaubliche Touren zwischen Manegenboden und Circuskuppel. Bis zu vier Diabolos hält er gleichzeitig in der Luft. Der junge Franzose verkauft seine Show auf asiatisch und verbindet die Jonglagen mit rasanten Sprüngen. So entstehen dynamische Szenen, dargeboten von einem ungemein sympathischen Artisten. Wie Tony Frebourg, zählt auch Aurelie zu den Preisträgern des Pariser Nachwuchsfestivals „Cirque de Demain“. Ausgezeichnet wurde sie dort für ihre Equilibristik-Darbietung, die sie in einem Elfenkostüm zelebriert. Besonderen Reiz gewinnt die Artistik durch die Einbeziehung einer weißen Taube, welche während der Handstände von Aurelie auf dieser „posiert“. Dazu gibt es einen ruhigen Song der Höhner, der perfekt zu diesem Auftritt passt und fast schon ein bisschen für Gänsehaut sorgt. Es harmoniert einfach. In die Luft geht es in der Show gleich dreifach.


Furia, Mr. Lo, Natalia Motolygina

Für zwei der Acts unter der Kuppel ist Marina Borzova verantwortlich. In der ersten Hälfte zelebriert sie eine Choreographie in bzw. an einem riesigen weißen Kleid. Hier steht die Schauwirkung im Vordergrund. Rasant wird es bei ihrer Darbietung am Trapez, die sie als „Furia“ zeigt. Und feurig geht es wirklich zu, wenn die Russin ihre Abfaller und Sprünge präsentiert. Anmutig produziert sich Natalia Motolygina in ihrer überdimensionalen Plexiglaskugel, die sich in der Mitte öffnen lässt. Sie zeigt darin bzw. daran ihre Kontorsions-Übungen und verwendet das Requisit ähnlich wie einen Luftring. Schöne Bilder mit einer schönen jungen Frau. Kleine Kunstwerke zaubert bzw. bastelt Mr. Lo. Er zeigt die im Circus selten zu erlebende Kunst des Papierreißens. So lässt er etwas das Logo der Show aus einem bunten Papierbogen entstehen oder fährt mit einem Papiermobil durch die Manege.


Höhner, Anima, Donimo

Zur Gliederung der Show dient deren Motto „Salto Golbale“. Die einzelnen Darbietungen sind nach den ihnen am nächsten kommenden Elementen gruppiert. Wenngleich Höhner-Sänger Henning Krautmacher darauf in seinen kurzen Moderationen hinweist, kann man die Show auch ohne das Wissen um diese Systematik voll und ganz genießen. Verbunden werden die Teile durch die beiden Künstler von Anima, die als Fabelwesen immer wieder zwischen den Darbietungen auftauchen und in kleinen Szenen das Publikum überraschen. Als stummer, leicht vertrottelter Spaßmacher ist Clown Donimo ein weiterer Begleiter durch den Abend. Der exzentrische Brite mit der akkurat frisierten Glatze ist wirklich ein Comedian erster Güte. Herrlich, wenn er als verhinderter Schwertschlucker die Auflösung des Tricks nachschlagen muss oder wenn er sich bei der verhinderten Interpretation eines Höhner-Titels einen aussichtslosen Kampf mit dem Mikrofon liefert. Auch akrobatisch hat Donimo was drauf, wie er mit Einrad und Fackeln beweist. Die Mitglieder der Höhner halten sich zumeist zurück, will heißen sie musizieren vor einem Roncalli-Artisteneingang aus vergangenen Tagen. Wenn es passt, sind einzelne Bandmitglieder in der erhöhten Manege zu sehen. Zumeist, um den jeweiligen Act hautnah musikalisch zu begleiten. Manchmal aber auch, um eigene kleine Einlagen zu bringen. Äußerst sympathisch gestaltet sich der Dressurversuch von Schlagzeuger Janus Fröhlich mit Seelöwe Chico, fischige Finger inklusive. Und wenn eine Umbaupause dann doch mal etwas länger dauert – was dank einer reibungslosen Ablaufregie äußerst selten vorkommt -, dann wird einfach eine Schunkelrunde eingelegt. Das passende Liedgut ist ja vorhanden.

Viva Colonia - Zum Finale gibt es dann selbstverständlich jenes Lied, mit denen auch gelegentliche Höhner-Hörer dank bundesweiter Karneval-Übertragungen oder der letzten Apres Ski-Party etwas anfangen können. Das Publikum spendet begeistert standing ovations, die Stimmung ist grandios. Es stellt sich die schon vielfach erlebte Roncalli-Happiness ein, wenngleich es hier nicht die von Roncalli bekannte Perfektion (Tageslichteinfall durch geöffnete Zuschauereingänge während der Show oder Requisiteure, die teilweise zwanglos auf dem Fußboden sitzen) zu erleben gibt. Das Ergebnis ist das gleiche wie beim „richtigen“ Roncalli: Rundum glückliche und begeisterte Zuschauer.

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Text: Stefan Gierisch; Fotos: Stefan Gierisch, Sven Rindfleisch