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Staatscircus van Moskou - Tour 2009
www.moskoucircus.nl ; 70 Showfotos

Twello, 25. April 2009: Die Zwiebelturm-Darstellungen am Einlasswagen, an dem auch das Konterfei Oleg Popovs zu erahnen ist, hält noch, was der Name des Unternehmens verspricht. Das Programm hingegen wird dem Titel „Staatscircus van Moskou“ nicht gerecht. Da gibt es Tierdressuren aus Frankreich, Bolaspiele aus Südamerika sowie Artistik aus Holland und weiteren Ländern Europas. Einzig die Clowns kommen wirklich aus Russland und verkörpern so – quasi exklusiv – den Programmtitel. Das Phänomen ist nicht neu. Auch der „Grosse Russe“ der Familie Smitt präsentiert eine bunt gemischte Show mit Akteuren aus verschiedenen Ländern.

Es mag weitere Beispiele geben. An diesem „Etikettenschwindel“ sollte man sich nicht weiter stören. Im „Moskauer“ Circus von Hans Martens bekommt der Zuschauer ein kurzweiliges, gut zusammengestelltes Programm zu sehen, wenngleich wirkliche Highlights fehlen. Die Nachmittagsvorstellung in Twello, einem Nest in der Nähe von Appeldorn, ist gut besucht. Den Zuschauern auf den drei Blöcken des Gradins scheint die Show zu gefallen. Das jedenfalls lässt sich aus ihren Reaktionen schließen.


Denis und Vladimir Stoliarov

Stars des Programms sind denn auch die in der Plakatwerbung herausgestellten Reprisenclowns Denis und Vladimir Stoliarov. Vladimir Stoliarov kennen wir noch von seinen Auftritten bei Sarrasani. Damals war Sergei Solomatin sein Partner. Jetzt ist es der eigene Sohn Denis. Während der Vater das größere komödiantische Talent an den Tag legt, überzeugt Denis in erster Linie durch seine artistischen Fähigkeiten. So kommt es denn, dass die Reprisen im ersten Teil leistungsstärker sind als die eigentlichen Darbietungen, auf die sie sich beziehen. Das zeigt sich beim Seilspringen, ganz besonders aber beim Jonglieren und dem Spiel mit einem riesigen Hula Hoop-Reifen. Hier überzeugen die beiden mit originellen und anspruchsvollen Zwischenspielen. Nach der Pause sorgen ihre Experimente mit einer überdimensionalen Waschmaschine für das große Lachen. Ebenso ihre versuche als Fotographen. Das Spiel mit einer lebenden Marionette ist ungewöhnlich präzise, gleichzeitig originell und pfiffig gestaltet. Hier zeigt sich wiederum die ausgezeichnete Körperbeherrschung von Denis.


Karin Maskina, Nigel Voets, Carmen Murariu

Im artistischen Teil erleben wir zu Beginn eine Truppe mit sechs Artisten aus verschiedenen Ländern Osteuropas. Direkt nach dem geschmackvollen Charivari zeigen sie in bunten Kostümen, ihre Künste als Seilspringer. Die Seile sind dank kleiner, daran aufgereihter, Kugeln ebenfalls mehrfarbig gestaltet, sodass die Darbietung wenigstens eine russische Aufmachung hat. Eine schöne Kür am Luftring zelebriert Carmen Murariu. Gute Tricks und eine durchdachte Präsentation machen ihre Darbietung sehenswert. Den Bonus der Jugend darf der 13-jährige Jongleur Nigel Voets für sich beanspruchen. Erfrischend unbekümmert zeigt er seine bereits jetzt sehenswerten Tricks mit Bällen, Ringen und Keulen. Als da capo funktioniert er seinen Requisitentisch um in das Podest für seine Jonglage mit drei Fackeln auf der Rola Rola. Jennifer Lijfering zeigt eine Hula Hoop-Nummer zu Musik aus Riverdance bzw. Lord of the dance. Dabei lässt sie sich unter anderem mit um ihren Körper rotierenden Reifen in die Luft ziehen. In Moulin Rouge-Atmosphäre spielt die Darbietung der Lettinnen Alina und Karina am Vertikalseil. Die beiden arbeiten zu Musik aus dem gleichnamigen Film und tragen diesem Etablissement entsprechende Kostüme. Alles was zu einer circusgerechten Gaucho-Show gehört, haben die zwei Damen und der Herr aus Argentinien in ihren Auftritt gepackt. Zusammen nennen sie sich Walter Paz & Co. Es wird getrommelt und getanzt. Natürlich werden auch die Bolas ausgepackt, welche sogar mit brennenden Schnüren temperamentvoll geschwungen werden. Energiegeladen präsentiert sich Karina Maskina am Trapez. Verschiedene Abfaller, Fersenhang, Zehenhang – die Lettin hat alle Tricks im Repertoire. Eine Longe sorgt dabei für die Sicherheit der Artistin. Die Stahlgitterkugel, die die ganze Show über neben der Manege steht, wird als Schlussnummer von bis zu vier Motorradfahrern bevölkert. Dabei bleibt die Kugel auch während der Darbietung neben der Piste. Die niederländisch-russische Crew sorgt kurz vor Ende der Show somit nochmal für den großen Nervenkitzel.


Mario Masson, Sandrine Beautour

Aus Westeuropa kommen die Tierdressuren im Programm. Sandrine Beautour zeigt zunächst eine klassische Hohe Schule auf zwei verschiedenen Pferden. Ihre Sechser-Freiheit ist immer wieder sehenswert. Die vielfältigen Tricks laufen routiniert ab. Als Zugabe gibt es erwartungsgemäß verschiedene Steiger. Jede Menge Pudel und ein Terrier gehören zu Beautours lebhafter Hunderevue. Die Vierbeiner dürfen auf einem als Eiffelturm gestalteten Requisit Platz nehmen.In der Manege balancieren sie auf Kugel, springen Seil und laufen auf den Vorderbeinen. Es gibt eine kleine Szene an der Gartentür und ein Kinderwagen kommt zum Einsatz. Auch die bei derartigen Darbietungen beliebte Verkleidung der Tiere ist zu sehen. Mit zwei Nummern ist Mario Masson aus Frankreich im Programm vertreten. Gemeinsam mit seiner Frau präsentiert er die afrikanische Elefantendame Betty. Das Tier macht einen sehr gepflegten Eindruck und hat zahlreiche Tricks auf Lager. Weniger überzeugen kann Massons Vorführung von zwei normalen, einem weißen und einem Tabby Tiger. Es dauert seine Zeit, bis die schönen Tiere ihre Kunststücke zeigen. Masson ist dabei sehr auf Abstand zu seinen Schützlingen bedacht und lockt diese des öfteren mit Fleischstückchen, die er ihnen an einem auffallend langen Stock anbietet.

Die Show endet mit einem Finale, in dem die sympathische Sprechstallmeisterin Natacha Lijfering die Verabschiedung des Publikums übernimmt. Als wir das Chapiteau verlassen, stehen schon zahlreiche Besucher für die Abendvorstellung im Restaurationsbereich, die offensichtlich darauf warten, Circuskünstler aus Moskau zu erleben.

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Text: Stefan Gierisch;
Fotos: Stefan Gierisch, Sven Rindfleisch