CHPITEAU.DE

Circus Nock - Tour 2009
www.nock.ch ; 55 Showfotos

Genf, 2. Mai 2009: Schon im letzten Jahr schrieb ich, „Circus Nock präsentiert klassischen Circus auf der Höhe der Zeit“. Und um es vorwegzunehmen: Dieses Urteil gilt zweifelsfrei auch in diesem Jahr. Die aktuelle Show „Nockissimo“ ist für Liebhaber des klassischen Circus wieder ein echter Quell der Freude. Nock zeigt dabei im Grunde erneut ein reines Nummernprogramm, das den klassischen circensischen Dreiklang aus Tieren, Clowns und Akrobaten transportiert, dabei aber großen Wert auf höchst stilvolle Präsentation legt und sich so von vielen Konkurrenzunternehmen unterscheidet.


Tanger Troupe, Suzanne Chipperfield, Alexandra Nock und Alejandro Milla

Exquisites Licht, mitreißende Livemusik, geschmackvolle Kostüme und vor allem durchweg sympathische Akteure sorgen für eine stimmungsvolle Atmosphäre, wie sie man in vielen anderen Unternehmen klassischer Prägung leider vergeblich sucht. Nock setzt dabei aber nicht nur auf Atmosphäre, sondern hat auch in diesem Jahr ein wirklich starkes, komplett neues Lineup zu bieten. Perfekt ist die Eröffnungsnummer ausgewählt: Die achtköpfige Tanger Troup – die Zweitnummer der Hochseiltruppe Castilla - sorgt mit den typischen Tricks einer marokkanischen Springertruppe für Schwung und wird mit frenetischem Applaus gefeiert. Etwas schade nur, dass diese mitreißende Stimmung erst vor der Pause wieder aufgegriffen wird, wenn das Acobatic Jazz Trio seine leistungsstarken Handvoltigen zu fetziger Swingmusik präsentiert. Dazwischen dominieren schwermütig angehauchte Nummern etwa die Hula-Hoop-Show von Nataliya Kherts oder das Duett von Alexandra Nock und Alejandro Milla am Standtrapez. Komplettiert wird Teil eins des Programms von zwei Tiernummern. Zunächst zeigt Franziska Nock mit Suzanne Chipperfeld einen kleinen Exotenzug (zwei Kamele, zwei Lamas und drei Zebras), dann sind die beiden mit einem Sechserzug edler Pferde (drei Apfelschimmel, drei Friesen) zu sehen, deren Präsentation durch ein Solo-Pony und einen ausdauernd vorwärts steigenden Friesen abgerundet wird. Eine doppelte Hohe Schule im zweiten Teil des Programms ist der dritte gemeinsame Auftritt von Nock und Chipperfield.


Cesar Dias

Einen echten Glücksgriff hat der Circus heuer im übrigen auch mit dem clownesken Part gemacht. Ging Cesar Dias während seines Winter-Engagements im Circus Krone noch völlig unter, darf er bei Nock sein komisches Talent voll ausspielen. Greift er auch im wesentlich auf Klassiker (Motorradfahrt, Kampf mit dem Mikrophon, Klatschkonzert) zurück und bemüht auch des öfteren Freiwillige aus dem Publikum, gelingt es ihm doch für ausgelassene Heiterkeit und viele Lacher zu sorgen. Nach der Pause beginnt das Programm mit der bekannten Löwendressur von Yvonne und Knut Muderack, die zurzeit zwar nur vier Tiere beinhaltet, aber dennoch flüssig vorgetragen wird und viele Sprünge und Hochsitzer, auch des männlichen Löwens, zeigt.


Yvonne Muderack, Anna Lebedeva, Danger Castilla

Auffällig, dass auch in der zweiten Hälfte gleich zwei romantische präsentierte Luftdarbietung das Tempo etwas rausnehmen. Allerdings sind Nataliya Kherts spektakuläre Abfaller am Schwungtrapez und auch die trickstarke Vertikalseilkür des Duo Air Loves natürlich aller Ehren wert. Erstmals in West-Europa zu sehen ist die jungen Bodenjongleurin Anna Lebedeva, die bis zu sieben Bälle im Umlauf hält. Die junge Russin ist die Tochter eines Tierlehrerpaares, das dereinst mit einer Kamelnummer bei Nock engagiert war. Schlussnummer sind leistungsgerecht die Danger Castilla auf dem Hochseil. Normalerweise zu viert (zwei Männer, zwei Frauen) unterwegs, war die Truppe in der von uns besuchten Vorstellung verletzungsbedingt auf drei Personen reduziert, die aber dennoch mit einem umfangreichen Repertoire (Zwei-Mann-Hoch, Fahrrad-Pyramide, Seilspringen) noch einmal für Stimmung im Chapiteau sorgten.

Völlig zu recht mit Ovationen im Stehen umjubelt, wurde dann das wie stets schwungvoll gestaltete Finale. Für die Begeisterung des Publikums spricht auch, dass kaum ein Zuschauer das Zelt vorzeitig verließ. Im Gegenteil: Selbst nachdem Cesar Diaz seine finale Saxophon-Einlage beendet hatte, hatte es kein Zuschauer eilig, den Ort des Geschehens zu verlassen. Offenbar konnten viele der Besucher – einschließlich dem Rezensenten - nicht genug bekommen von der einzigartigen Atmosphäre, die eine gelungene Circusshow, wie es „Nockissimo“ zweifelsfrei ist, zu Schaffen weiß. Nock gehört demnach auch 2009 zu den wenigen Unternehmen, für die ich auch für einen zweiten Besuch bereit bin, eine weite Reise zu unternehmen.

__________________________________________________________________________
Text: Sven Rindfleisch; Fotos: Sven Rindfleisch, Tobias Erber