Alle zwei Jahre
spielt das Unternehmen von Rudolf Probst mehr oder weniger in
den gleichen Städten. Die Bevölkerung dort weiß, was sie an
ihrem Probst hat und hält dem Circus die Treue. Dieser tut denn
auch alles, um diese Zuschauer nicht zu enttäuschen. Das
Publikum bekommt ein ehrliches und mit viel Herzblut gemachtes
Programm. So blickt Probst auf eine bislang sehr erfreuliche
Tournee (Ende ist am 2. Dezember in Staßfurt) zurück. Mithin
kann es sich die Familie leisten, sich über die Wintermonate
ganz auf die neue Saison zu konzentrieren, ohne in
Weihnachtscircus-Aktivitäten involviert zu sein.
Kooperationspartner sowie die Zusammenarbeit mit regionalen
Medien tragen ebenfalls zum wirtschaftlichen Erfolg bei.
Alexandra,
Mercedes und Jessica Probst
Für den
gelegentliche Besucher aus dem Westen ist auch nach zwanzig
Jahren noch einiges gewöhnungsbedürftig. Etwa der rauhe (aber
herzliche) Umgangston beim Einlass oder aber die herrliche Form
der Doppelmoderation mit teilweise synchron gesprochenen Sätzen.
Gerne gewöhnt man sich an die vergleichsweise günstigen
Eintrittspreise und das erfreulich hohe Niveau der hauseigenen
Tierdressuren. Für letztere zeichnen Rüdiger Probst, seine
Schwester Mercedes sowie deren Töchter Jessica und Alexandra
verantwortlich. Die Domäne der Damen ist die Pferdedressur.
Dabei belassen sie es nicht bei er bloßen Vorführung, sondern
gestalten ganze Schaubilder mit Mensch und Tier. Im ersten Teil
erleben wir sie mit verschiedenen Variationen zum Thema
Ponyfreiheit. Zunächst sind es sieben, später zehn und zum
Schluss drehen an diesem Nachmittag gar 19 Tiere ihre Runden.
Natürlich bewähren sie sich auch als Steiger. Alle sind mit
Glöckchen behängt, sodass es ein vielstimmiges Geläut gibt, wenn
die Vierbeiner durch die Manege fegen. Kombiniert werden die
Ponys mit den Reitkünsten der gelernten Pferdewirtin Alexandra
Probst, die sich unter anderem als Springreiterin präsentiert.
Die Damen tragen dazu geschmackvolle schwarz-weiße Kostüme und
sind mit großem Enthusiasmus dabei. Insbesondere Mercedes Probst
ist die Leidenschaft anzumerken, mit der sie ihrer Arbeit
nachgeht. Diese Frau lebt Circus. Ganz in ihrem Element ist sie
beim andalusischen Bild, das sie von einer Bühne in der
Manegenmitte aus dirigiert. Elegant im spanischen Stil gewandet
leitet sie das große Tableau mit andalusischen Hengsten und
einer Vielzahl von Tänzerinnen und Tänzern sowie Reiterinnen und
Reitern. Gezeigt wird eine Mischung aus (berittener) Freiheit
und Hoher Schule. Dazu verschiedene Steiger und Tanzeinlagen.
Alles passt wunderbar zusammen, das Temperament Andalusiens wird
erlebbar und überträgt sich auf das Publikum. Dies äußert sich
in rhythmischem Mitklatschen. Dabei wird einmal mehr der Wert
eines guten Liveorchesters erlebbar. In diesem Fall sind es
sieben Musiker aus der Ukraine, die akzentuiert begleiten und so
die Wirkung dieses Bildes – aber selbstverständlich auch der
gesamten Show – enorm steigern.
Alexandra, Rüdiger
und Mercedes Probst
Nicht nur
auf edle Pferde, sondern auch auf ganz gewöhnliche - und nicht
ganz so gewöhnliche - Haustiere verstehen sich die drei
Probst-Frauen. Alexandra präsentiert diese Revue, wird dabei
aber immer wieder von der „verrückten Alten“ (Mercedes) gestört,
die allerlei ungewöhnliches Viehzeug dabei hat. So bringt sie in
einem Korb einige „verrückte Hühner“ mit und zeigt einen
astreinen „Schweinsteiger“. In der eigentlichen Darbietung hat
es „Bäuerin“ Alexandra mit zwei Eseln, vielen Ziegen und einem
kleinen Hund zu tun. Mutter und Tochter präsentieren gemeinsam
einen Miniaturwagen von Probst, der von zwei Hängebauchschweinen
gezogen wird und dem mehrere Hühner entsteigen. Damit setzen sie
einen originellen Schlusspunkt vor der Pause. Nach der
Gelegenheit zum Besuch von Tierschau bzw. umfangreicher
Restauration ist im Chapiteau der Zentralkäfig aufgebaut. Dort
führt Rüdiger Probst ruhig seine derzeit aus sechs sibirischen
Tigern bestehende Raubtiergruppe vor. Die Tiere bilden eine
Pyramide sowie einen Teppich, zeigen verschiedene Hochsitzer und
den Sprung durch einen beleuchteten Reifen, um nur einige der
Tricks zu nennen. Probst pflegt dabei einen sehr engen Kontakt
zu vielen seiner Tiere. Fünf weitere Tiger sollen in absehbarer
Zeit ihr Manegendebüt geben. Sechs Lamas, vier Kamelen und zwei
Steppen-Zebras sind seine vierbeinigen Partner beim
Exotentableau. Die Tiere zeigen eine variantenreiche Laufarbeit,
die Lamas zusätzlich ihre Sprungkraft, eines beweist sich sogar
als Steiger.
Beatrice Weidner,
Duo Ulan, Truppe Enkbaatar
Auch im
artistischen Part mischt die Familie Probst mit. Jessica,
Absolventin der staatlichen Fachschule für Artistik in Berlin,
entführt mit ihrer Kür an den Tüchern in die „Welt der 70er“, so
die Ansage. Das Motto ist vor allen Dingen in der Musik
umgesetzt. So endet ihre Arbeit mit schönen Bildern und
verschiedenen Abfallern zu „Waterloo“ von Abba. Beatrice Weidner
kennen wir u.a. vom „Westprobst“ und von Busch-Roland. Wie
gewohnt, zeigt sie Jonglagen auf und an einer schiefen Ebene.
Dabei kommen neben Keulen, Bällen und Reifen auch Feuerkugeln
zum Fliegen. Den Löwenanteil am artistischen Programm hat aber
die Truppe Enkbaatar inne. Zu acht eröffnen die Damen und Herren
aus der Mongolei das Programm mit Seilspringen in den
verschiedensten Variationen. So sorgen sie für einen fröhlichen,
lebendigen Auftakt. Sie beweisen ihre Sprungkraft im
Zwei-Mann-Hoch oder verbinden das Seilspringen mit kraftvollen
Handvoltigen. Welche Sprünge sie mit Unterstützung vollführen
können, demonstrieren sie zu zehnt am Schleuderbrett. Dabei
erleben wir sowohl Sprünge auf eine Matte als auch auf
Menschentürme. Höhepunkt ist der Fünf-Mann-Hoch, unterstützt von
einer Perchestange.
|