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Circus Royal - Tour 2009
www.circusroyal.ch ; 45 Showfotos

Basel, 30. April 2009: Wie es gelingen kann, mit einem sehr kleinen Ensemble ein recht unterhaltsames Programm zu gestalten, zeigt in dieser Saison einmal mehr der Schweizer Circus Royal. Der samtrote, geschmackvolle Artisteneingang, das sechsköpfige Orchester darüber und die gute Lichtanlage, die sicher noch effektvoller eingesetzt werden könnte, schaffen gepflegte Circusatmosphäre - und die hübsche Assistentin Viktoria Mainovska, die Direktor Oliver Skreinig bei den Ansagen und Tierdressuren unterstützt, trägt zur Anmutung der „Weltläufigkeit“ des kleinen Programms bei.


Oliver Skreinig, Jochen Träger alias Krenzola jun.

„Einfach tierisch!“ lautet das Programmotto der Saison 2009. So wurde Jochen Träger alias Krenzola jun. engagiert, der zunächst eine große Zahl verschiedenfarbiger Laufenten in einer originellen „Freiheitsdressur“ präsentiert und vor der Pause sein großes Tier-Potpourri zeigt: verschiedene Vögel wie Tauben, Papageien und der Mönchsgeier Kira bevölkern gemeinsam mit Hund’ und Katz’ die Manege. Im Dreivierteltakt – mit ein paar Walzerschritten von Oliver Skreinig und Partnerin Viktoria – beginnt und endet die Vorführung von sieben Ziegen und einem Schaf; der Exotenzug wird dagegen zu russischer Folkloremusik präsentiert. Vier Rinder, Pony und Esel, drei Kamele und drei springende Lamas werden von Oliver Skreinig dirigiert, wobei die Dressur unseres Erachtens besser läuft als in den Vorjahren.


Gina Giovannis, Duo Pachenko, André

Beste Bekannte gestalten den artistischen Teil: Gina Giovannis präsentiert ihre Drahtseil-Arbeit im bewährten Zigeunerstil; für ihre Handstand-Darbietung hat sie abermals eine ganz neue Verpackung gefunden. Nach dem ursprünglichen hohen Piedestal mit Treppe wurde nun auch der überdimensionale Zylinder, der 2004 erstmals zum Einsatz kam, ausrangiert und durch ein anderes Requisit ersetzt: wiederum einen hohen Piedestal, nun aber mit einer ausfahrbaren Stange in der Mitte. Während diese nach oben fährt, zeigt die versierte Artistin darauf einen einarmigen Handstand. Der Kopfstand, bei dem sie vier Ringe um Arme und Beine kreisen lässt, und der Klötzchen-Abfaller gehören weiterhin zum Repertoire. Knackig kurz Maria Bizzarros Säbelbalance: zunächst auf einem Podest, dann auf der Leiter das Balancieren eines Schwertes auf dem Kopf; schließlich wird auf einem mit dem Mund gehaltenen Kurzschwert ein Schwert mit Feuerbecher balanciert und so die Leiter erklommen. „Spitze auf Spitze“ geht die Darbietung zu Ende. Letzte artistische Nummer im Programm ist das Duo Pachenko, bei Royal zuletzt 2007 in Trio-Besetzung engagiert gewesen. Damals, im Dreierteam, war auch noch Stangenwurf zu sehen; heuer konzentriert man sich auf die leistungsstarke Hand-auf-Hand-Arbeit mit großem Trickrepertoire. Vor dem Finale folgt noch Clown Andrés „Duett mit sich selbst“, das auch schon 2008 großen Anklang beim Royal-Publikum gefunden hatte. Für die weiteren Auftritte bei seinem zweiten Royal-Engagement in Folge hat der Schweizer Clown allerdings neue Späße parat, die sich von den üblichen Reprisen zum Teil abheben – wenn etwa zwei Kinder aus dem Publikum „Wind“ für einen Papierdrachen pusten sollen. Oliver Skreinigs Illusionsschau, im aufwendig gestalteten Programmheft noch angekündigt, wurde kurz nach Saisonbeginn aus dem Programm genommen, dessen Netto-Spieldauer nun 1 Stunde und 25 Minuten beträgt – plus 20 Minuten Pause.


Royal im ehemaligen Medrano-Zelt

Dass auch die Schweizer Circuswelt längst keine heile mehr ist, wird bei näherem Betrachten des Marktes – auch über einen längeren Zeitraum – klar. Nun hat man sich 2009 bei Royal offenbar Gedanken über Einsparungen gemacht. Im Orchester zählten wir vergangene Saison noch neun statt nun sechs Musiker, auch beim Programm wurden wohl noch einmal Abstriche gemacht. Vor allem aber, die augenfälligste Neuerung, reist man seit Saisonbeginn nicht mehr mit dem weiß-blauen Rundkuppelzelt mit der markanten Krone auf dem Dach und im Inneren der Tribüne mit Einzelstühlen für alle Besucher – anstelle dessen wurde vom ehemaligen Circus Medrano (Urs Strasser) dessen Chapiteau übernommen. Dies lässt sich offenbar mit geringerem Personaleinsatz auf- und abbauen – zu Lasten des Gesamtbildes des Circus (blau-weißer Wagenpark vs. grün-weißes Zelt). Die Atmosphäre im Inneren des Zeltes – nun mit Schalensitzen vorne, Holzbänken hinten im Gradin – hat ebenfalls gelitten, wenn auch weniger als erwartet.

Es bleibt die Hoffnung auf wieder bessere Zeiten – und die Rückkehr der bekannten, „royalen“ Zeltanlagen.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber