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Circus Harlekin - Tour 2010
www.circusharlekin.ch ; 55 Showfotos

Spiez, 3. April 2010: Wer auf der Suche nach einem circensischen Antidepressiva ist, der muss in die Schweiz reisen. Zum Circus Harlekin. Heuer haben wir das kleine, aber umso feinere Unternehmen von Pedro Pichler und Monika Aegerter zum dritten Mal besucht und verließen den Circus, wie stets, gut gelaunt, beschwingt und wirklich gerührt ob dem Herzblut, mit dem bei Harlekin traditioneller Circus gemacht wird. Dabei ist auch die aktuelle Show "Harlekinisch" nicht nur eine nebenwirkungsfreie Wohlfühlmedizin, sondern bietet gleichzeitig in einem kleinen Viermaster ein Programm, dessen Qualität so manchen "Großcircus" vor Neid erblassen lassen müsste.


Allesandro Gillert, Les Nicas

Entscheidenden Anteil an der glücklich machenden Atmosphäre bei Harlekin hat, neben der mitreißend aufspielenden Kapelle und dem äußerlichen Erscheinungsbild eines Bilderbuchcircus, die Direktion selbst. Pedro Pichler und Monika Aegerter überraschen als Clowns-Duo Les Nicas jedes Jahr aufs Neue mit sympathischen Reprisen, über die man wirklich herzhaft lachen kann. Heuer zeigen sie unter anderem ihre Version des komischen Taxis und hindern Alessandro Gillert daran, ein Konzert mit seiner Trompete zu geben. Gillert, der bereits 2009 bei Harlekin engagiert war, zeigt zudem erneut - mit seiner Frau Cristina - seine leistungsstarke Schlappseil-Arbeit, inklusive Zwei-Mann-Hoch.


Cian Acobatic Troupe

Nachdem im letzten Jahr eine siebenköpfige Gruppe chinesischer Mädchen den Großteil des artistischen Programms bestritten hat, sind im diesen Jahr acht Jungs aus Fernost dafür zuständig. Drei Darbietungen zeigt die "Cian Acobatic Troupe". Zum Programmauftakt sehen wir sie als versierte Reifenspringer, dann jonglieren sie variantenreich mit Strohhüten und als Schlussnummer arbeiten sie an den schwingenden Masten eine raumgreifende Darbietung, die im kleinen, neuerdings mit LED-Scheinwerfern ausgestatten Harlekin-Chapiteau noch mal imposanter wirkt. Neben ihrer Leistung gibt es aber noch zwei weitere Gründe, die die jungen Chinesen zu den uneingeschränkten Publikumslieblingen werden lässt. Da wäre zum einen ihre herzerfrischend fröhliche Art, die so gar nichts gemein hat mit der Verbissenheit vieler anderer chinesischer Truppen. Und zum anderen die Musikauswahl: Statt zu traditioneller chinesischer Musik oder - wie heute oft üblich - zu einem pseudo-modernem wie Blei über den Nummern liegendem elektronischem Klangteppich arbeiten die jungen Artisten zu mitreißender, treibender Livemusik. Bei ihrer furiosen Hutjonglage spielt die Kapelle sogar ein Medley der Schweizer Volksmusikgruppe die "Boss Bueben". Und siehe da, es passt vorzüglich!


Dodo und Bambolina, Nicole Pichler

Vervollständigt wird das artistische Programm durch Ralph Taylor und Celia Mendizabal. Als Dodo und Bambolina zeigen die beiden ihre nostalgische Version von "Mensch oder Puppe". Diese ist im intimen Rahmen des Harlekin-Zelts wesentlich wirkungsvoller als in größeren Manegen, wie zum Beispiel bei Benneweis, wo wir das englisch-spanische Duo 2009 erlebten. Taylor produziert sich zudem als Strong Man am stehenden Trapez. Und natürlich dürfen in keiner Harlekin-Show Tiere fehlen. Pedro Pichlers Tochter Nicole zeigt in diesem Jahr einen von Urs Strasser dressierte Exotenzug mit zwei Kamelen, zwei Eseln, zwei Lamas und einem Zwergzebu. Wieder dabei ist Zoo-Chefin Susanne Mani. Sie hat ihr "Groß und Klein" mit Freiberger Pferd und Shetlandpony um zwei Zwerg-Mulis erweitert. Die Tiere arbeiten mannigfaltige Lauffiguren zusammen und verabschieden sich mit einem Mini-Karussell auf drei Bahnen. Bravo!

Fast schon den Charakter einer eigenen Nummer hat bei Harlekin dann traditionell das Finale, indem die Artisten ausgelassen tanzend - dieses Mal wurde zu Countrymusik ein Squaredance dargeboten - auf Wiedersehen sagen und Pedro Pichler und Monika Aegerter das Harlekin-Lied anstimmen. Nach der Vorstellung sieht man Pedro und Monika noch am Ausgang, wo sie ihr Publikum per Handschlag verabschieden. Nicht nur wir nutzten dabei die Gelegenheit, uns für ein Programm zu bedanken, das vermutlich zu den unterhaltsamsten Circusshows zählt, die derzeit in Europa zu sehen sind.

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Text und Fotos: Sven Rindfleisch