Einladend
präsentierte sich der Circus mit seinem 2009 eingeweihten,
blauen Chapiteau direkt am Mainufer. Auch für das
Zweitagesgasspiel war das Vorzelt mit Holzboden ausgelegt und
waren seine Seitenwände mit großformatigen Foto-Plakaten von
Artisten geschmückt, wie man sie – etwa bei Charles Knie,
West-Probst und Barelli – nun öfter sieht. Auffällig im Übrigen
die Freundlichkeit des Personal, vom strahlenden Lächeln an der
Restauration bis zum Chef persönlich, der im Hauptzelt Plätze
anweist.
Auch wenn „Manege“ auf exotische Tiere verzichtet, wird im
Grunde doch ein klassisches Circusprogramm mit Dressuren,
Artistik und Clownerie geboten. Der Anspruch, „modernen Circus“
zu machen, wird zum einen durch schön anzusehendes,
variantenreiches Licht in LED-Technik, zum anderen eine „technolastige“
Musikbegleitung vom Band eingelöst, die leider jedoch ein wenig
dumpf klingt und auch deshalb nicht unbedingt mitreißt. Zudem
wird auf jegliche Ansagen verzichtet, und auch der Clown
arbeitet rein pantomimisch, so dass während der kompletten
Vorstellung kein Wort gesprochen wird.
Familie
Urunov
Die schönsten
Nummern im Programm sind wohl die drei Darbietungen der Familie
Urunov und die Trapeznummer am Schluss – und die ist sozusagen „Urunov
Reloaded“. Davon später mehr. Elena und Ruslan Uronov eröffnen
das Programm mit ihrer wunderbar stilvollen Hohen Schule, in der
die springenden Windhunde das Bild von „Prinz und Prinzessin“
perfekt ergänzen. Da nach der Sommerpause kaum Zeit fürs
Probieren blieb, verzichteten sie am ersten Gastspielort Lohr
auf den Einsatz ihrer zweirädrigen Kutsche, des Dogcarts, und
präsentierten sich stattdessen beide zu Pferd. Schon in der
nächsten Gastspielstadt Bayreuth werde aber wieder die originale
Form der Nummer gezeigt, versicherte uns Ruslan Urunov im
Gespräch. Auch die Eröffnung des zweiten Programmteils obliegt
dem Ehepaar Urunov, nun mit ihrer geschmackvollen
Quickchange-Darbietung. Äußerst elegant, im lila Hosenanzug mit
gleichfarbigem Zylinder, weißer Weste und silberner Krawatte,
präsentiert die 15-jährige Tochter Laura Windhunde und Pudel,
die sie unter anderem Seil-, Reifen- und Hürdenspringen lässt.
Die schwungvolle Darbietung sorgt gegen Ende der Show noch
einmal für Stimmung.
Duo Balàsz, Diana
und Michail, Bianca Renz
Ein
Ringtrapez, das wie eine Art Haltestuhl verwendet wird, ist das
Requisit von Diana und Michail, die hieran als Schlussnummer
Haltetricks, Salti und Voltigen präsentieren. Die romantisch
verkaufte Trickfolge und auch das Requisit haben sie vom Duo
Urunov übernommen, das damit in früheren Jahren zum Beispiel in
Monte Carlo und Massy Preise gewonnen hat. Ruslan Urunov
trainiert die beiden Artisten und unterstützt sie in der
Vorstellung vom Boden aus. Interessant: Die Dame des Trapezduos
arbeitet im ersten Programmteil mit einem anderen Herren als
„Duo Balàsz“ eine kraftvolle Hand-auf-Hand-Kür. Zweimal ist
Direktionstochter Bianca Renz in der Manege zu sehen: Zunächst
tanzt sie mit zwei Assistentinnen in einer „Hommage an Michael
Jackson“ im Stil des „King of Pop“ und führt dabei einige
Großillusionen vor, später kehrt sie mit ihrer schwungvollen
Hula-Hoop-Nummer zurück. „We call it a Klassiker“, dies gilt für
den Auftritt von Direktor Henry Renz, der zu „Cotton Eye Joe“
zunächst drei Ponys ihre Runden drehen und dann Hunde und Ziegen
auf einem Esel reiten lässt – die Reittiere wechseln in gewohnt
publikumswirksamer Weise ihre Plätze, wenn der Esel unter einem
der drei Postamente hindurchläuft. Die Araberfreiheit ist
dagegen heuer nicht mehr im Programm.
Sergei, Coppelias,
Anton
Rola-Rola-Künstler Demir aus Sibirien durchsteigt auf einem Turm
aus je zwei Walzen und zwei Zylindern zwei Reifen und balanciert
schließlich auf einem Konstrukt aus drei Zylindern und zwei
Walzen. Sergei kommt als Breakdancer in die Manege, der bald
einen Ball ins Basketball-Netz wirft – und aus dem Rückbrett des
Korbs lassen sich Zigarrenkisten entnehmen, die ihm als
Jonglage-Requisiten dienen, bis hin zur Pirouette, nach der er
die Kisten wieder fängt. Clown Anton zieht sich in seinen ersten
Auftritten als Schmetterlingsjäger immer weitere Gipsverbände
zu, präsentiert dann seine Variante des Reprisen-Evergreens
„Popcorn“ und gefällt am besten in seinen beiden letzten
Auftritten als verhinderter Jongleur bzw. Illusionist. Die
Coppelias, bereits 2007 und 2008 bei Manege zu sehen gewesen,
sind nun zu diesem Circus zurückgekehrt und präsentieren
wiederum ihre Perche-Nummer mit „Schlangenjagd“-Intro sowie ihre
Version von „Mensch oder Puppe“. |