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Circus Monti - Tour 2010
www.circus-monti.ch ; 50 Showfotos

Mellingen, 5. April 2010: Immer wieder überraschend, immer wieder gut. Das gilt auch für das 26. Monti-Programm, das auf den ersten Blick – man mag es kaum glauben – ein reines Nummernprogramm ist. Statt einer Theaterhandlung, wie in den vergangen Jahren, bilden in diesem Jahr Rhythmus, Tanz und Akrobatik den roten Faden. Die von Corinna Vitale und Oliviero Giovannoni in Szene gesetzte Show will, wie es in der Pressemappe heißt, „das ganze Chapiteau zum Erklingen und Pulsieren bringen“. Und das gelingt vorzüglich, was auch und gerade am siebenköpfigen Orchester liegt, das die von Giovannoni komponierten Musikstücke mitreißend vorträgt.


Benoit Vivien und Marjolaine Minot, Shinya Murayama

Aber auch das 16-köpfige Artistenensemble hat seinen Anteil daran, dass die Show letztendlich doch mehr ist als eine bloße Nummernabfolge. So verbinden sieben Gruppendarbietungen mit den Schwerpunkten Rhythmus und Tanz die einzelnen Artistiknummern. Sei es klatschend oder steppend, mit Schlaghölzern, Gongs, Trommeln oder Pauken; mit rasanter Akrobatik oder spielerischen Choreographien. Für ansteckende Lebensfreude ist gesorgt. Neben dem Tanz und der Musik fungieren, aber auch drei Schauspieler als verbindendes Element. Da wäre zum Beispiel der Japaner Shinya Murayama, der den Zeremonienmeister gibt, und Benoit Vivien und Marjolaine Minot, die als Clownspärchen wesentlich mehr Eindruck hinterlassen, wenn sie sich zunächst um einen Sessel und dann, im Stil von Kaskadeuren, um einen Schrank balgen.


Lolita Costet und Lennert Vandenbroeck

Die eigentlichen Artisten kommen, wie bei Monti üblich, meist von französischen oder kanadischen Circusschulen und haben somit fast alle einen Noveau-Cirque-Hintergrund. Artistischer Höhepunkt ist in diesem Jahr die Doppel-Drahtseil-Darbietung der US-Amerikanerin Natalie Good, die auf diesem Requisit nicht nur die Standards (Spagat, Sprünge) beherrscht, sondern auch einen Rückwärtssalto zeigt. Große Abräumer in der Publikumsgunst sind dagegen die beiden Belgier Joren De Cooman und Jasper D’Hondt auf dem Schleuderbrett. Ihre hohen Sprünge zu denen sie sich abwechselnd empor katapultieren wirken im kleinen Monti-Zelt ziemlich beeindruckend. Nur schade, dass es keinen Trick gibt, bei dem Sprünge auf den Schultern des Partners gelandet werden. Komplettiert wird der Reigen der engagierten Nummern durch Lolita Costet und Lennert Vandenbroeck mit ihrer witzig-knuffigen Hand-auf-Hand-Nummer, mit Lola Ruiz am Schwungseil und Claudel Doucet am roten Vertikaltuch. Drei weitere artistische Darbietungen steuert die Direktionsfamilie Muntwyler bei. Familienoberhaupt Johannes Muntwyler ist mit seiner Lebensgefährtin Armelle Fouqueray in einer hinreißenden, nicht ganz ernst zu nehmenden Zauberei zu sehen. Der älteste Sohn Tobias Muntwyler (17) zeigt zusammen mit Romain Hugo seine starken Diabolokünste. Und Mario Muntwyler (14) jongliert zusammen mit Stefan Wepfer und unter Einbindung eines Tisches virtuos mit Keulen.


Natalie Good,
Johannes Muntwyler und Armelle Fouqueray, Mario Muntwyler und Stefan Wepfer

Circuspuristen mögen über meine Begeisterung für den Circus Monti die Nase rümpfen. Ich aber bin jedes Jahr wieder beeindruckt von der hochstehenden Qualität und der Liebe fürs Detail, die bei Monti in jedem Bereich zu finden ist. Angefangen beim nostalgischen Wagenpark, über das höchsten Designansprüche genügende Programmheft und den wunderbar farbenprächtigen Kostümen bis hin zur Show, die in zweimonatiger Probenzeit schlicht zu einem perfekten Ganzen zusammengesetzt wird. Und das Beste: Monti hat seinen völlig eigenständigen Stil gefunden, ist ähnlich wie Flic Flac oder Roncalli zu einer unverwechselbaren Marke geworden. Vom 10. Juni bis 4. Juli kommt das Unternehmen nun erstmals nach Deutschland, nach Freiburg aufs Messegelände. Allen deutschen Circusfreunden kann ich daher nur raten, Scheuklappen ablegen und sich selbst ein Bild machen, wie Circus auch abseits des Traditionellen funktionieren kann.

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Text und Fotos: Sven Rindfleisch