|
Offenburg, 13.
August 2011: Der Eine hatte die Tournee, der Andere den Circus
sowie das Vorhaben, ohnehin in der zweiten Jahreshälfte in
Deutschland zu reisen. Da sich beide seit gut 15 Jahren kennen
war es naheliegend, gemeinsame Sache zu machen. Die Rede ist
hier von Elmar Kretz und Louis Knie junior. Der Macher des
Ravensburger Weihnachtscircus wollte ursprünglich mit einem
anderen Projekt durch den Süden der Republik reisen, fand dann
aber Gefallen an der Zusammenarbeit mit dem Direktor des
österreichischen Circus. So wurden beide zu Partnern auf Zeit.
Bei unserem Besuch in Offenburg sitzt Kretz an der Kasse, Knie
macht die Show im Chapiteau. |
|
Diese
Momentaufnahme spiegelt bildhaft die Verantwortungsbereiche der
beiden Circusmacher wieder. Bis auf wenige Ausnahmen werden jene
Nummern gezeigt, die bereits in der ersten Jahreshälfte mit dem
Circus Louis Knie junior auf Tournee in Österreich waren. Eine
wesentliche Änderung aber gibt es: Der zweite Teil wird auf
einer Insel in einem mit 150.000 Litern Wasser gefüllten Bassin
gezeigt. Diese Idee stammt von Elmar Kretz, der sich damit vom
Markt abheben und etwas Außergewöhnliches zeigen will. In den
ersten beiden Städten der Tournee ging das Konzept der
AquaManege offenbar voll auf. Der Besuch sei fantastisch
gewesen, die Menschen hätten schon morgens um zehn Uhr in einer
langen Schlange an der Kasse gestanden, berichtet Kretz. Sicher
hat in Lörrach und Schopfheim auch der Name Knie eine gewisse
Rolle für den enormen Zuspruch gespielt.
Jan Navratil, Helena Rapolli,
Louis Knie jr.
Neben der Show
stammt auch das Material von Knie. Pünktlich zur
Deutschland-Tournee gab es ein fabrikneues weißes Spielzelt mit
roten Ornamenten. Auf dem Messeplatz in Offenburg strahlt die
schneeweiße Kuppel nur so mit der Sonne um die Wette. Das sehr
warme Wetter scheint die Besucher nur bedingt abzuhalten. Die
Nachmittagsvorstellung ist gut besucht. Vielleicht erwartet sich
mancher Zuschauer Abkühlung von der angekündigten Wassershow.
Doch im Chapiteau, in dem das neue Gradin sowie
die Logenstühle (allerdings ohne Kästen) von Knie aufgebaut
sind, ist zunächst die Sägemehl-Manege vorbereitet. Bevor es
richtig losgeht, übt Clown Jan Puccini (Navratil) mit dem
Publikum, wie man richtigen Applaus erzeugt. Zum eigentlichen
Beginn animiert er als komischer Dirigent das Orchester - in
Form von Schlagzeuger Manfred Huber - auf dem prächtigen
Artisteneingang zur Ouvertüre. Dabei lässt sich sein
artistisches Talent bereits erahnen. Und dann erscheint der auf
den Plakaten groß angekündigte Louis Knie junior in der Manege,
um seine Freiheitsdressur mit jeweils drei Friesen sowie weißen
Arabern zu präsentieren. Auf die variantenreiche Vorführung
folgt Alexa, Tochter von Ilona Knie mit drei Minipferden, bevor
Louis Knie junior mehrere Steiger dirigiert. Nach einem
Intermezzo mit Jan Puccini und seinen Tellern geht es gleich
tierisch weiter. Helena Rapolli und ihr Jack-Russel-Terrier
zeigen im wunderbaren Zusammenspiel quasi alle Kunststücke, die
man von einer Hundedressur erwarten darf. Die Illusionsshow mit
zwei Tricks ist reine Frauensache. Ilona Knie zaubert jetzt
gemeinsam mit Andrea Navratil. Jan Puccini nimmt sodann den
Kampf mit einem Stoff-Stier auf. Echte Vierbeiner bringt wieder
Robert Stipka in die Manege. Mit drei Kamelen zeigt er eine
Freiheitsdressur, bevor zwei Lamas über die abliegenden
Wüstenschiffe springen.
Antonio Rapolli,
Kis Faludy, Ilona Knie
Schwungvolle
Partnerjonglagen erleben wir dank Helena und Antonio Rapolli.
Keulen und Fußbälle sind dabei ihre Requsiten, die sie sogar
dann noch durch die Luft wirbeln, wenn Helena mit den Füßen auf
dem Kopf ihres Partners steht. Schon in früheren Produktionen
von Elmar Kretz zu sehen war das Duo Kis Faludy. Die beiden
Schleuderbrett-Artisten aus Ungarn sorgen auch bei der
AquaManege mit tollen Sprüngen für Staunen beim Publikum. Enorme
Fortschritte hat die Ungarische Post von Ilona Knie gemacht. Als
ich diese in Wien in einer der ersten Vorstellungen sah, wirkte
die Reiterei noch recht wackelig. Jetzt steht Ilona Knie sicher
auf dem Rücken zweier Friesen und lässt sieben Vorauspferde
unter sich durchlaufen. Selbst als sie die Araber und Friesen
allesamt am Zügel hält, reitet sie noch etliche Runden. Eine
rundum gelungene Pausennummer.
Jan Navratil,
Andrea Navratil
Die Einladung zur
Tierschau spricht Manfred Huber vom Zuschauereingang aus, da in
der Manege bereits das Wasserbassin aufgebaut wird. Die gesamte
Technik dafür kommt von der Familie Janecek aus Tschechien. Als
es nach der Pause weitergeht, ist die mit einer großen
Plastikplane ausgelegte Manege schon gut gefüllt. Das noch
fehlende Wasser läuft effektvoll aus einem chinesischen
Löwenkopf am hinteren Rand der Manege, während dazu eine kleine
Licht- und Musikshow abläuft. Effektvoll ist ebenfalls die vor
dieser Kulisse auf einer Insel in der Manegenmitte gezeigte
Handstand-Akrobatik von Eva Nereus. Die starke Equilibristk-Kür
wird dadurch in ihrer Gesamtwirkung natürlich aufgewertet. Das
Wasserentree auf dem Wasser zu zeigen, ist natürlich genauso
naheliegend wie originell. So findet die Einladung zu „Essen und
Trinken gratis“ auf der Insel statt. In dieser Version liefern
sich Ilona und Louis Knie junior sowie Jan Puccini und Francesco
(Frank Bergmann) eine muntere Wasserschlacht, bei der aber
keiner Baden gehen muss. In ihrem dritten Auftritt sehen wir
Helena Rapolli als „Human Slinky“, sprich als quicklebendige
Röhrenfigur auf der Insel, an der seitlich kleine Springbrunnen
für einen zusätzlichen Hingucker sorgen. Die einzige Luftnummer
steuert Andrea Navratil bei. Am Vertikalseil zeigt sie Abfaller
und Figuren aus der Kontorsion. Allerlei „verblüffende“
Zaubereien mit Hasen und einer Stoffschlange hat Francesco in
petto, die er im Stil von Shmarlovski verkauft. Schlussnummer
sind die bekannten Antipodenspiele von Jan Navratil zur
treibenden Musik a la Riverdance. Da die eigentlich vorgesehene
Seelöwennummer kurzfristig abgesagt hatte und die deswegen
engagierte Valentina Pellanda anderweitige Verpflichtungen hat,
muss beim Gastspiel in Offenburg auf eine solche Darbietung
verzichtet werden. Nach Beendigung seines Engagements beim
dänischen Cirkus Arena Anfang September wird Mike Gärtner mit
seinen Tieren diese Lücke füllen.
Eva Nereus
Zum Finale gibt es
natürlich Wasserspiele mit entsprechender Licht- und
Musikbegleitung. Alle Artisten erscheinen auf der Piste bzw. im
Raum zwischen Logen und Gradin, um sich vom Publikum zu
verabschieden. Namentlich vorgestellt werden sie von Ilona und
Louis Knie junior. Den endgültigen Abschied gestaltet Sängerin
Krisztina Nagy mit zwei Pop-Songs. Damit geht eine klassische,
mit der bewährten Knie-Handschrift elegant präsentierte
Circusshow zu Ende. Durch die Wassermanege hat sie ihr ganz
besonderes Element. Zu wünschen wäre, dass die sich daraus
ergebenden Möglichkeiten noch besser genutzt werden. Zu wünschen
ist aber vor allem, dass diese äußerst sehenswerte Produktion
weiterhin großen Erfolg hat. Derartige Vorstellungen mit
klassischer Circuskunst werden leider immer seltener. Enden wird
die Tournee in Bad Waldsee. Von dort ist es nur noch ein
Katzensprung bis Ravensburg, wo Elmar Kretz wiederum seinen
Weihnachtscircus produzieren wird. Die Zusammenarbeit der beiden
Circusdirektoren wird dort fortgesetzt. Louis Knie junior wird
dann zwar in Utrecht spielen, aber für Ravensburg die Regie
übernehmen und einige seiner Tiere zur Verfügung stellen. |