Die Show ist zwar
in Grundzügen mit der aus dem vergangenen Jahr identisch, die
vorgenommen Veränderungen haben aber eine enorme Wirkung. Ein
großer Pluspunkt freilich ist Andre Broger, der nun anstelle
Versaces für die Clownerie zuständig ist. Zwar hatte es ein
wenig gedauert bis der Schweizer Spaßmacher seinen Platz in der
Show gefunden hatte – die Positionierung seiner Reprisen wurde
mehrfach geändert -, inzwischen ist Andre aber bei Charles Knie
angekommen. Mit seinen bekannten Lachschlagern wie „Duett mit
Wischmopp“ und „Kampf mit dem Hai“ oder neuen Ideen wie zum
Beispiel der Wanderung eines Besens durch das Gradin verkörpert
Andre perfekt den Typus des sympathischen Clowns, den Kinder wie
Erwachsene gleichermaßen in ihr Herz schließen.
  
Jonathan
und Aline, Clown André, Paolo Kaiser
Ebenfalls positiv
auf die Show wirkt sich der Tausch im Genre „Tücher“ aus: Statt
den Geschwister Stipka mit ihrer mystisch angehauchten
Tücher-Kür sehen wir nun Jonathan und Aline (Flying Mendoncas),
die mit ihrer Tücher-Darbietung die Liebesgeschichte von Tarzan
und Jane nacherzählen. Entzückend gespielt und gestaltet erhält
die Nummer zusätzlichen Drive durch den live gespielten und
gesungenen Phil-Collins-Song „You’ll be in my heart“. Ihre
Vielseitigkeit beweist die famose achtköpfige Kapelle auch beim
Auftritt von Paolo Kaiser, der dritten einschneidenden Änderung
im Programm. Kaiser, der Handstand-Artist Iurie Basiul ersetzt,
zeigt seine spektakuläre Rola-Rola-Darbietung zu fetzigem
Electro-Rock. Weitgehend pausieren darf die Kapelle dann beim
Auftritt des dänischen Taschendiebs Kenny Quinn, der seit dieser
Saison als zusätzliche Nummer den ersten Programmteil verstärkt
und auch in der Pressearbeit immer wieder eingesetzt wird..
Direkt auf den Auftritt Quinns folgend und ebenfalls neu –
anstelle der Mairen Brothers - ist die Stuhlpyramide, die von
René Sperlich extrem langsam und zu elegischer Bandmusik aus dem
3D-Film Avatar vorgetragen wird. Sperlich im Anschluss von Quinn
arbeiten zu lassen und damit über Gebühr Tempo aus dem ersten
Programmteil zu nehmen, ist in den Augen des Rezensenten
übrigens der einzige Kritikpunkt an einer insgesamt höchst
gelungenen Show.

Ballett
Die Zuschauer
erleben dabei auch 2011 zwei völlig unterschiedlich gestaltete
Programmhälften. Der erste Teil punktet mit opulent gestalteten
Schaubildern. Erwähnt seien hier das mitreißende
Zigeuner-Opening, an das sich das famose Pas de deux von Daniel
und Denisa anschließt, die indischen Tempeltänzerinnen vor
Monika Sperlichs Hula-Hoop-Darbietung sowie das spanische Bild,
in dem Marek Jama seinen 6er-Zug Friesen zeigt, die Geschwister
Stipka eine doppelte Hohe Schule reiten und das heuer bis auf
eine Tänzerin völlig neu besetzte und um zwei Herren ergänzte
Ballett Flamenco tanzt. Schöne Bilder, wenn auch in diesem Jahr
ohne Ballettbegleitung bietet freilich auch Marek Jamas
Exotenzug, der wie schon beim Heilbronner Weihnachtscircus
Kamele, Zebras und Rinder nun auch gemeinsam in der Manege
sieht.
  
Nistorov, Alex Lacey, Flying
Mendonca
Der zweite Teil wiederum
ist dann ein mitreißendes Nummernprogramm, das mit einem
wunderbar dynamischen Spannungsbogen aufwartet. An dessen Anfang
steht im Grunde das Flugtrapez der Mendoncas, das vor der Pause
die Stimmung im Publikum erstmals zum Kochen bringt. Selbiges
gelingt nach der Pause dann auch Alexander Lacey mit seiner
gemischten Raubkatzendressur, die weiterhin durch exquisite
Tricks und einen höchst eleganten Vorführstil besticht. Laceys
vier Tiger und zwei Löweinnen wissen mittlerweile auch wieder
einen männlichen Löwen in ihrer Mitte. „Massai junior“ ist
bislang zwar nur Teil der Eröffnungspyramide und zeigt einen
Solo-Hochsitzer, beweist somit aber bereits sein Talent. Mit der
bereits eingangs erwähnten Tücher-Kür von Jonathan und Aline
folgt auf Lacey eine weitere Darbietung, die, wenn man die
Applausstärke zum Maßstab nimmt, in der Publikumsgunst ganz weit
vorne liegt. Es folgt die sympathische Seelöwennummer von Monika
Sperlich. Mit der dynamischen Rola-Rola-Darbietung von Paolo
Kaiser nimmt der Spannungsbogen dann wieder Fahrt auf und
steuert mit den herrlich albernen Späßen von Bauchredner Kenneth
Huesca auf den furiosen Schlusspunkt der Show zu: die rasanten
Rollschuh-Tricks der vier Nistorovs.

Zu Ende geht die
Drei-Stunden-Show dann mit dem obligatorischen Finale, das als
besonderes Extra einen Heißluftballon in die Manege bringt, in
dem Clown Andre Platz nimmt, während unter ihm die Artisten
einzeln vorgestellt werden. Um es nochmal auf den Punkt zu
bringen: die Zuschauer haben bei Charles Knie eine mit Livemusik,
Licht und Ballett exzellent in Szene gesetzte Circusshow im
Revue-Stil gesehen, die im Bereich des traditionellen Circus in
Deutschland kaum noch Konkurrenz hat und auch in Europa ganz
weit vorne liegt. Da es aber immer Luft nach oben gibt, dürfen
wir schon jetzt gespannt sein, wie uns der Zirkus Charles Knie
in den nächsten Jahren überraschen wird.
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