Die runde
Bühne mit dem roten Teppichboden, der Artisteneingang mit rotem
Vorhang, die Leuchtschrift mit dem Circusnamen darüber und die
Tribüne mit gepolsterten Einzelstühlen sowie neun große Leuchter
unter der Kuppel sorgen für ein nicht wirklich circustypisches,
aber angenehmes Ambiente.
Oleg Popov, Gagik
Avetisyan
„Oleg Popov
Jubiläumstour 2011“ ist das Motto des Programms, mit dem der 80.
Geburtstag und das 60-jährige Manegenjubiläum des Clowns
gefeiert werden. Nach wie vor ist das Marketing des Unternehmens
voll auf das Zugpferd Popov ausgerechnet – einer der absoluten
Ausnahmeartisten, dessen Name auch der breiten Bevölkerung
bekannt ist. Und so wird nun vor Popovs erstem Auftritt ein
Video eingespielt, das seinen Lebensweg kurz nachzeichnet. Der
Film – in seiner Machart deutlich an Martin Laceys
Videoeinspielung angelehnt –, erzählt, wie Popov als Kind von
einem Circusclown einen roten Luftballon geschenkt bekommen und
von da an selbst von der Clownskarriere geträumt habe. Nun ist
es Popov, der die Manege singend mit einigen roten Luftballons
betritt und diese an Kinder verteilt. Seine Geschichten (unter
anderem „Aufpumpen“ des Partners, fliegende Ratte, komische
Zauberei mit Hase) sind liebevoll-heiter, aber nicht brüllend
komisch, wollen dies auch gar nicht sein, und zeichnen sich
durch Kreativität und Eigenständigkeit aus. Für den
Schenkelklopfer-Humor sorgt dagegen Mitmachclown Gagik Avetisyan
(Rockband, Motorradfahrt) alias Charlie Chaplin.
Markevitch Acrobatic Troupe,
Yuri Voldchenkov, Duo Shulga und Kirousenkov
Im
artistischen Bereich sind im Vergleich zum Vorjahr die Truppen
Kiroushenkov (Fasttrack-Trampolin) und Zhuravel (Reck)
ausgeschieden, außerdem auch Anton Tarbeev mit seiner
Diaboloshow und seine Frau Katerina Markevitch mit Antipoden.
Als Ersatz verpflichtet wurden zunächst die Truppe Vladmir
Kovalev mit ihrer Schleuderbrettnummer in Kombination mit einer
schwingenden Plattform, die Jongleuse Galina Kuzmenko sowie ein
komisches Riesenfahrrad als Eigenkreation des Hauses. Nachdem
die große Schleuderbretttruppe beim besuchten Gastspiel in Bad
Neustadt a.d. Saale nicht mehr dabei war, ergab sich in dieser
Version der Eindruck eines deutlich schwächeren Programms als im
Vorjahr, zumal auch Heiko Olfs Löwendressur ersatzlos
weggefallen ist. In seiner Pressemitteilung verweist der Circus
darauf, dass man seit 2011 „auf Empfehlung des Deutschen
Tierschutzbundes“ vollständig auf den Einsatz von Wildtieren in
der Manege verzichte – eine höchst bedauerliche Entscheidung.
Galina Kuzmenkos Jonglage mit bis zu sechs Ringen zeichnet sich
weniger durch herausragende artistische Stärke als durch das
effektvoll gestaltete Kostüm im „Geisha“-Stil aus, und bei der
Nummer mit dem Riesenfahrrad (2,50 Meter hoch, fünf Meter lang)
liegt der Akzent stärker auf der Komik als auf purer Leistung.
Nach allerlei gespielten Missgeschicken gelingt es hier freilich
doch noch, dass alle drei Akteure das Fahrrad erklimmen. Rodion
Girgenov und seine Frau Julia Urbanovitch sind nun mehr denn je
tragende Säulen des Programms. So stehen sie im Mittelpunkt der
Großillusionsschau vor der Pause, die dank des Einsatzes der
sechs Ballettdamen besonders effektvoll verkauft wird. Sehr
sinnlich ist nach wie vor die schöne Kombination von Tanz,
Equilibristik und Kontorsion von Rodion und Julia, bei der sich
der Partner am Ende in eine enge Glaskiste zwängt. Rodion ist
nun, leider in einer überaus unvorteilhaften Puffhose, auch
Julias Partner bei der Kür an den Strapaten, nachdem sie zuvor
in der Luft mit einem Artisten der Zhuravel-Truppe gearbeitet
hatte. Bekannte Gesichter sind zudem das Duo Shulga und
Kiroushenkov mit ihrer famosen Kombination von Hand-auf Hand und
Kopf-auf-Kopf-Artistik, umrahmt vom Ballett im Stil des Musicals
„Chicago“. Überhaupt gehört das sechsköpfige Ballett mit seiner
hohen tänzerischen Qualität und der geschickten Integration in
die Show, in der es die Darbietungen sinnvoll unterstützt statt
in die Länge zieht, weiterhin zu den Stärken dieser Produktion.
Neu sind der traditionelle „russische Tanz“, hier unterstützt
von drei Herren aus dem Artistenensemble, oder auch die
Begleitung der Reiternummer von Yuri Volodchenkov im
Zigeunerstil, nachdem er zuletzt noch zur Musik aus „Piraten der
Karibik“ gearbeitet hatte. Nach wie vor begeistert diese
temperamentvolle Hohe Schule, bei der „Teufelsreiter“ Yuri
freihändig reitet. Zweite Tiernummer im Programm sind weiterhin
die elf Hunde von Igor und Marina Markevitch mit einer
umfangreichen, starken und rasant präsentierten Trickfolge.
Schon traditionell setzen die Motorradfahrer der
Daniel-Diorio-Truppe den Schlusspunkt unter dieses Spektakel,
nunmehr gar mit fünf statt wie bisher vier Fahrern in der sich
öffnenden Kugel. |