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Circus Harlekin - Tour 2011
www.circusharlekin.ch ; 45 Showfotos

Buchholterberg, 7. Mai 2011: Auf 1500 Metern Höhe liegt die Gemeinde Buchholterberg im Berner Oberland, 1500 Einwohner verteilen sich hier auf das Hauptdorf Heimenschwand und mehrere Weiler. Einer davon ist Bätterich, und hier fanden wir – durchaus nicht auf Anhieb – Anfang Mai den Circus Harlekin, direkt neben einem Alten- und Pflegeheim. Das Örtchen ist mit Sicherheit nicht der Platz, an dem man ein qualitatives Circusprogramm erwarten würde. Doch genau das wird hier geboten. Die Besucher kommen an diesem Samstagabend aus allen Richtungen, und schließlich beginnt die Vorstellung im 400-Plätze-Zelt vor gut gefüllten Rängen.

Es ist offenkundig, dass sich der „Harlekin“ in seinem Reisegebiet rund um Bern über die Jahre einen hervorragenden Ruf und ein treues Stammpublikum erspielt hat. Wir haben das Faszinosum Harlekin schon mehrfach beschrieben. Es fügt sich zusammen aus dem schmucken, stets gepflegten Wagenpark und heimeligen Zelt, den – für einen Circus dieser Größe – praktisch konkurrenzlos starken Programmen und der im besten Sinne volkstümlichen Präsentation, die auf ein im ebenso besten Sinne nicht-urbanes Publikum zugeschnitten ist. Vor allem aber lebt der „Harlekin“ von der Herzlichkeit seiner Macher, ihrer Nähe zum Publikum und ihrer Liebe zur Sache. Und so ist dieser Circus für uns, neben den großen von Knie bis Gruss, zu einem Fixpunkt im jährlichen Circus-Kalender geworden.


Monika Aegerter, Pedro Pichler und ihr Circus Harlekin

Was den „Harlekin“ zudem in besonderem Maß ausmacht, das sind die jedes Jahr mit vielen Ideen und Engagement neu einstudiertem Clownsentrees und Reprisen der Direktoren Monika Aegerter und Pedro Pichler alias „Les Nicas“, über die wir diesmal besonders herzlich gelacht haben, passend zum Programmmotto "witzig-spritzig". Da lässt sich zum Beispiel der scheinbar schwer erkältete Pedro ein „benutztes“ Taschentuch von Zuschauer zu Zuschauer durch die Sitzreihen reichen, zeigen beide ihre eigene Version der „Waschmaschine“ oder parodieren die Genres „Quickchange“ und „Zopfhang“.


Truppe Malko, Yang Rui, Alina und Dzmitry

Auch 2011 präsentiert der Circus Harlekin seinem Publikum wie selbstverständlich eine große Truppe mit mehreren Darbietungen. Nach den Chinesinnen 2009 und den Chinesen 2010 wurde nun die weißrussische Truppe Malko, bestehend aus fünf Herren und drei Damen, engagiert. Sie eröffnen das Programm mit ihren Sprüngen und Salti (u.a. Dreifacher) auf einem Trampolin, hinter dem noch eine große Plattform als Start- und Landepunkt steht. Die Nummer erzählt, zu temporeichen Hits wie „In the Navy“ und „YMCA“, die Geschichte eines verrückten Dirigenten und seiner Musiker. Vor der Pause gibt es nochmal Salti und Sprünge von Mini-Trampolinen, auf welche die Artistinnen und Artisten mit Anlauf – von der Rundleinwand durch den weit geöffneten Artisteneingang bis in die Manegenmitte – zurasen. Verschmitzt zeigt uns Direktor Pedro Pichler in der Pause, warum die Artisten in dieser Vorstellung mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten: Auf dem unebenen Wiesenplatz geht die Anlaufstrecke „bergauf“ – das ist eben live und ohne doppelten Boden. Die Seilspringnummer der Truppe in coolen Skaterklamotten zu passender Musik vor dem Finale hat uns insgesamt am stärksten überzeugt, auch dank ihrer einwandfreien Aufmachung anstelle zuvor etwas altbackener Kostümierung. Schließlich präsentiert die gerade 16-jährige Alina Malko mit ihrem Partner Dzmitry Stsiapanau eine neu einstudierte Strapatennummer mit zahlreichen Haltetricks. Neben den vier Nummern der Malko-Truppe komplettiert ein Paar aus China den artistischen Bereich. Die Artistin He Yuan katapultiert mit ihrem Fuß erst Schalen, dann eine Kanne und einen Löffel auf ihren Kopf – während sie, auf dem Einrad sitzend, auf einer großen Kugel balanciert. Ihr Partner Yang Rui zeigt eine traditionelle Stuhlpyramide mit sechs Stühlen, longengesichert und ohne die verbreiteten Flaschen.


Susanna Mani, Dennis Rush, Finale

Der junge Karlsruher Dennis Rush war einmal ein circusbegeisterter Junge, der mehrmals an den Kinderwochen im Circus Harlekin teilnehmen durfte. Anfangs befasste er sich mit Hula Hoop und Trapez, später interessierte er sich mehr für die Zauberei. Starthilfe und Requisiten, so steht es im Harlekin-Programmheft, lieferte zunächst Pedro Pichler. Dennis hat den Kindheitstraum zum Beruf gemacht und arbeitet seit Jahren als Illusionist, nun steht er mit seinen Großillusionen die ganze Saison bei Harlekin in der Manege. Alina Malko ist hier seine Assistentin, die in verschiedenen Varianten „weggezaubert“ wird. Darüber hinaus übernimmt Dennis Rush zum Teil auch die Rolle des Sprechstallmeisters, so dass außer Schwyzerdütsch heuer auch ein badischer Akzent im Harlekin-Zelt zu hören ist. Pedro Pichlers hübsche Tochter Nicole führt erneut vier große Trampeltiere vom schwedischen Circus Olympia vor. Ein Pferd überspringt die abliegenden Tiere und präsentiert sich als Steiger. Susanne Mani, nunmehr in ihrer vierten Saison bei Harlekin, bringt das Kunststück fertig, zwei Hinterwälder-Ochsen zu einer flott ablaufenden Freiheitsdressur (u.a. Gegenlauf, Walzen) anzuleiten, zu der sich auch noch zwei große Landschweine gesellen. Dazu trägt sie Lederhosen und die sechsköpfige Harlekin-Band spielt Wiesn-Klassiker von Adelheid über Rosamunde bis zum Lied vom „Hofbräuhaus“. Überhaupt trägt die mitreißende Musik, die gerne von Stimmungsliedern, bekannten Schlagern und Volkstümlichem Gebrauch macht, stets zum besonderen Vergnügen einer Harlekin-Vorstellung bei. Samba-Musik und gekonnter Rock’n-Roll-Tanz des Ensembles prägen das schwungvolle Finale mit mehreren Vorhängen und viel Applaus.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber, Sven Rindfleisch