 |
München, 16. April
2011: Die Party geht weiter. Nach der Premiere von „Jubilee“ im
Jahr 2006 heißt es bei Krone nun „Celebration“. Gefeiert werden,
wie es zu Beginn der neuen Show heißt, 106 Jahre Circus Krone.
Und Krone bleibt sich in allen Belangen treu. Die riesige auf
der Theresienwiese aufgebaute Circusstadt ist noch immer höchst
beeindruckend und dürfte in ihren Dimensionen für einen
Reisecircus heutzutage einmalig sein. Alleine dafür lohnt sich
der Besuch. Auch bei der Show selbst folgt der „größte Circus
Europas“ der bekannten Linie. Nach wie vor ist Martin Lacey jun.
der Star im Bereich der Tierdressuren, nach wie vor führt Jana
Mandana Pferde sowie Exoten vor. |
 |
Und nach wie vor
erleben wir die hauseigene Elefantenherde. Das alles natürlich
mindestens in veränderter Aufmachung, wenn nicht gar (wie bei den
Pferden) mit neuen Tieren. Hinzu kommt die
derzeit wohl beste Seelöwendarbietung in unseren Breiten. Im
artistischen Part wurde lediglich Crazy Wilson prolongiert und
sogar zur Schlussnummer befördert. Die Neuerungen in den Genres
ikarische Spiele, Flugtrapez und Jonglage werden jeweils von
Spitzenkönnern präsentiert. Hinzu kommt eine chinesische Truppe,
die den Raum in der Manege bzw. unter der Kuppel füllt. Bei der
Clownerie setzt man weiterhin auf perfekte Vertreter des
klassischen Fachs, verzichtet aber auf die bislang vorgenommene
Trennung in Entree- und Reprisenclowns. Wichtigstes
Wiedererkennungsmerkmal ist der bei Krone gepflegte Revuestil.
Nach wie vor gibt es ein großes Ballett, das Opening und Finale
zu wahren Glamourshows werden lässt. Während man anderswo auf
eine zeitgemäße Verpackung setzt, dominiert beim Münchner
Traditionsunternehmen weiterhin die glitzernd-bunte Show nach
US-amerikanischem Vorbild. Gleichwohl wurde die Anzahl der
Balletteinlagen gekürzt. Nun umrahmen die Tänzerinnen und Tänzer
nur noch Elefanten- und Pferdevorführung. Hinzu kommt eine kurze
Einlage vor dem Todesrad. Treu bleibt sich Krone leider zudem
bei der Musikbegleitung. Diese kommt unverändert vom Band und
wird zumeist – zumindest für meinen Geschmack - viel zu leise
eingespielt. Die riesige Chance der Aufwertung der gesamten Show
durch mitreißende Livemusik wird somit eindrucksvoll verspielt.
  
Yann Rossi, Anastasini
Brothers, Jana Mandana
Noch vor dem eigentlichen – zeitlichen wie inhaltlichen – Beginn von
„Celebration“ wird kurz die Geschichte des Circus Krone akustisch
und visuell erzählt. Eine Stimme aus dem Off und Fotos auf einer
Leinwand auf der Bühne übernehmen dies. Nachdem uns die Stimme von
Frank Keller mit den wichtigsten Informationen versorgt hat, zieht
eine Artistin am Luftring zu „La vie en rose“ die Blicke nach oben.
Unten in der Manege erscheint Saxophon spielend Weißclown Yann Rossi
im prächtigen Pailettenkostüm mit Umhang. Bei der nun folgenden
„turbulenten Eröffnung“ treffen wir einige Figuren aus den letzten
Programmen wieder. Etwa die Mädchen in Paradeuniform, den „lebenden
Eiffelturm“ oder die überdimensionalen Clowns. Von der Showtreppe
auf der großen Bühne erscheinen alle Mitwirkenden, präsentieren sich
auf einer zweistöckigen Geburtstagstorte und werden namentlich
vorgestellt. Die Begrüßung zur Show, welche nach wie vor „in der
Manege, auf der Bühne und in der Luft“ stattfindet, übernimmt Yann
Rossi. Nikolai Tovarich konzentriert sich auf seine Aufgabe als
Abendregisseur und macht die wenigen Ansagen zumeist aus dem Off.
|
Nur beim Finale
tritt er im roten Frack in Erscheinung. Mit weiten Sprüngen von
zwei russischen Schaukeln in ein Tuch erleben wir sodann die
Truppe Dalian. Die Artisten sowie das Requisit präsentieren sich
in asiatischer Aufmachung, die zugehörige Musik ist allerdings
westlicher Prägung. Dank der zwei parallel angeordneten
Schaukeln können die Sprünge schnell aufeinander folgen.
Synchron ausgeführte Sprünge gibt es allerdings nicht. So wird
der effektvolle Sprung durch einen Feuerreifen zum Höhepunkt.
Den Abbau überbrückt Hector Rossi in einer Warnweste mit seinen
Fingerpfeifen. Nach Indien, genauer nach Bollywood, entführen
uns die Mitglieder des Balletts sowie Krones Elefantendamen. Die
in indischen Gewändern gezeigten Tanzszenen sind originell und
bilden so einen authentischen Auftakt für die Elefantendressur.
Diese traditionelle Aufmachung setzt sich bei den wunderschönen
Kopfputzen der Tiere sowie den Kostümen der beiden Vorführer
Jana Mandana und James Puydebois fort. Die eigentliche
Elefantennummer lehnt sich stark an jene des dritten
Winterprogramms der gerade erst zu Ende gegangenen
Winterspielzeit an. Vier berittene indische Elefantenkühe und
zwei aus Afrika bilden gemeinsam eine der größten
Elefantenherden in einem europäischen Circus. Die Dickhäuter
liegen ab, zeigen Laufarbeit und platzieren ihre Hintern auf
Postamenten, um nur einige der Tricks zu nennen. Weitaus
leichtfüßiger kommen natürlich die ikarischen Spiele der
Anastasini Brothers daher. Die beiden US-Amerikaner sind
Nachwuchs-Showmen par excellence. Ihre flott präsentierten
Fußjonglagen kommen bestens an. Zum Schluss zeigen sie Salti am
laufenden Band. |
 |
  
Les Rosyann,
Flying Zuninga, Jana Mandana
|
Les Rossyann sind
nicht nur ein äußerst stilvolles Duo aus Weißclown und August
sondern ebenfalls erstklassige Musiker. Da ist es nur
konsequent, dass sie sich in ihrem Entree auf das Musizieren mit
den verschiedensten Instrumenten konzentrieren. Sie starten
ihren Auftritt mit einem Xylophon-Duett und beenden ihn mit dem
Spiel auf insgesamt drei Trompeten. Dazwischen sehen wir unter
anderem ihr musikalisches Jackett und das Spiel auf Blasebalgs.
Hier hat Krone zwei wunderbare Spaßmacher engagiert, die ihre
einfallsreichen Ideen mit großem Können präsentieren. An neuer
Stelle im Programm erleben wir nun die Pferdedressuren. Waren
sie jahrzehntelang die Pausennummer, sind sie nun um eine Stelle
nach vorne gerückt. Nicht geändert hat sich die Einbettung in
eine aufwendige Tanzszene sowie die Vorführung durch die
Direktion. Waren in den vergangenen Produktionen Riverdance bzw.
Gershwins Rhapsody in Blue das Motiv, steht nun Carmen im
Mittelpunkt. Auf der Bühne entsteht das Ambiente einer
spanischen Bar, in welcher mehrere Paare tanzen und Clara
Puydebois die Sängerin gibt. Nachdem sich die Szene in die
Manege verlagert hat, erscheint Jana Mandana zu Pferd, auf
welchem sie eine flott gerittene Hohe Schule zeigt. Effektvoll
begleitet wird sie dabei von Mitgliedern des Balletts. Nach
einer weiteren Tanzeinlage zeigt Mandana dann den Zwölferzug
Cremellos von Flavio Togni. Die herrlichen Tiere zeigen ein
anspruchsvolles Repertoire, welches von mehreren Steigern
abgerundet wird. Es stellt sich an dieser Stelle allerdings
ernsthaft die Frage warum ein Circus, der nach eigenen Angaben
„über 60 edle Hengste“ in seinem Marstall hat, hier auf externe
Pferde zurückgreift. Dies zumal auch die eigenen Gruppen in den
Winterprogrammen eine gute Leistung zeigten. Die Pferdeshow
endet mit dem obligatorischen Bild aus Ballett und Vorführerin
auf der Bühne, flankiert von zwei Pferden. Die Rossyann
überbrücken mit ihrem Akkordeonspiel im Publikum auf wunderbare
Weise den Aufbau des Sicherheitsnetzes für die Flying Zuninga.
Diese sechsköpfige Truppe aus Brasilien und Argentinien hält
sich nicht lange mit der Show in der Manege auf. Ihre Darbietung
beginnt direkt auf der Brücke. Und dann geht es Schlag auf
Schlag. Will heißen ein Sprung folgt auf den nächsten. Es gibt
Schrauben und Salti in den verschiedensten Varianten, auf Füller
wird verzichtet. Auch die beiden Damen sind keine Staffage,
sondern zeigen unter anderem gemeinsam die Passage. Höhepunkt
ist natürlich der Dreifache. Mit dieser großartigen Nummer
sympathischer junger Artisten am fliegenden Trapez endet der
erste Programmteil standesgemäß.

Martin Lacey
Teil zwei beginnt
ohne Ballett oder Multivisionsshow direkt mit Martin Lacey
großer Löwengruppe. Der Ablauf ist bekannt, ebenso der rasante
Präsentationsstil. Neu ist der Zentralkäfig aus Gitternetz, der
eine optimale Sicht auf das Geschehen bietet und als Clou am
oberen Ende Lichter hat, die nach unten strahlen. Als
zusätzlichen Effekt gibt es zu Beginn Rauchsäulen, die senkrecht
in die Luft schießen. Als problematisch erweist sich der neue
Käfig für die Sprünge, bei denen die Tiere am Gitter abfedern.
Trotz Verstärkungen, zeigten sich die Löwinnen in der von uns
besuchten Vorstellung noch unsicher. Ansonsten gibt es
hervorragende Tricks, die durch Schönheit und die große Anzahl
der Tiere begeistern. Da Martin Lacey jetzt ein Mikrofon trägt,
bekommen wir seinen Dialog mit den Vierbeinern noch intensiver
mit. Nachdem der prächtige Mähnenlöwe sein Solo hatte,
überbrückt Lacey den Umbau mit einem gesprochenen Text
(Playback) über das Miteinander mit seinen Schützlingen. Im
Anschluss hat der weiße Löwe King Tonga einen Kurzauftritt auf
der Glitzerkugel. Während der Käfig abgelassen wird, unterhalten
uns die Rossyann mit Hutjonglagen außerhalb der Manege. Die
folgende Exotenshow wird von einer kurzen Szene mit einer
Stoffgiraffe und einem Stofflöwen eingeleitet. Zunächst
schreitet der gewaltige Elefantenbulle Colone Joe in die Manege,
um unter Anleitung von James Puydebois sein Können zu zeigen. Er
wird abgelöst durch Zebras, Kamele und Lamas, die von Jana
Mandana vorgeführt werden. Letzter Programmpunkt auf dieser
Safari „Jenseits von Madagaskar“ ist Nashornbulle Tsavo.
Offensichtlich hat er den Übergang von Barum zu Krone bestens
gemeistert. Auch im Zusammenspiel mit Martin Lacey präsentiert
er sich gewohnt cool in der Circusmanege.
  
Roland Duss, Elena
Drogaleva, Crazy Wilson
Für rasante und
manegenfüllende Keulenjonglagen in den verschiedensten
Kombinationen steht Elena Drogaleva mit ihren drei männlichen
Partnern. Die Marlene Dietrich des roten Rings und ihre
Begleiter präsentieren sich ungeheuer stilvoll und
professionell. Eine grandiose Nummer, die derzeit zu meinen
absoluten Favoriten zählt. Eine etwas hellere Beleuchtung wäre
dabei aber wünschenswert. Mindestens genauso schwungvoll geht es
mit ebenfalls vier begnadeten Jongleuren weiter. Allerdings
bevorzugt das Quartett von Petra und Roland Duss Bälle sowie
Reifen als Requisiten. Was die beiden sympathischen Tierlehrer
ihren Manegenpartnern beigebracht haben ist schlichtweg
phänomenal. Es gibt kaum ein Trick, den die Duss-Seelöwen nicht
beherrschen. Für mich immer wieder faszinierend, wie die Tiere
miteinander agieren. Ganz egal ob sie sich einen Ball zuspielen
oder gemeinsam mit einem Ball auf der Stange jonglieren.
Natürlich ist auch Jack Russell Terrier Max mit von der Partie.
Der Schwung den diese beiden Programmpunkte gebracht haben, wird
abrupt durch die Bungee-Darbietung der chinesischen Truppe
gebremst. Die Flüge der sechs Artisten haben in erster Linie
Schauwert. So ist es an Crazy Wilson, die Stimmung wieder
hochzufahren. Eingeleitet von einer kurzen grell-bunten
Tanzszenen während es Aufbaus, zeigt der Sensationsartist seine
riskanten Touren auf dem Rad sowie Sprünge vom Rad zurück auf
den Manegenboden. Mehrere Salti auf dem rotierenden Außenrad
sind nach wie vor dabei. Er gibt eine gute Schlussnummer ab,
wenngleich man beim größten Circus Europas an dieser Stelle eine
manegenfüllende Darbietung erwartet.

Yann Rossi
|
Eine volle
Manege gibt dann wieder beim Finale. Der Aufmarsch aller
Mitwirkenden – das Programmheft spricht von 54 Artisten aus 14
Nationen - ist nach wie vor beeindruckend. In der
Gesamtbetrachtung nicht zu vergessen ist natürlich die große
Anzahl an Tieren. Musikalisch geht es im Finale von Michael
Jackson über Abba bis zu den
Beatles. Das Ballett präsentiert sich mit Hüten und
Outfits in schwarz-weiß. Alle Mitwirkenden kommen von der
Showtreppe auf der Bühne in die Manege, wo sie sich auf der
„Torte“ ein letztes Mal präsentieren. Wenn Nikolai Tovarich die
Verabschiedung vornimmt, stehen Jana Mandana, Martin Lacey und
Crazy Wilson im Mittelpunkt. Mit „Celebration“ wird Krone die
Erwartungen seines Stammpublikums aufs Beste erfüllen. Die
Zuschauer werden vollauf zufrieden das riesige blaue Chapiteau
verlassen. Und das ist doch in der heutigen Zeit schon etwas. |
__________________________________________________________________________
Text und Fotos: Stefan Gierisch
|