Der
artistische Teil des Programms liegt, wie schon in der Saison
2010, ganz in den Händen der Artistentruppe vom kubanischen
Nationalcircus Circuba. Mit dieser Verpflichtung hat der Circus
Probst einen besonderen Glücksgriff gemacht. So ist es für das
deutsche Publikum wohl tatsächlich neu und überraschend,
kubanische Artisten zu erleben. In seinen Darbietungen versprüht
das Ensemble viel von der sprichwörtlichen karibischen
Lebensfreude. Aber es bleibt nicht bei diesem Exotik-Effekt.
Auch artistisch bietet die Truppe durchweg hohe Qualität und
übertrifft in dieser Hinsicht deutlich ihre Landsleute in
anderen europäischen Circussen.
Daikel Castillo Hernandez,
Utnier Aquino Hernandez,
Yumi und
Partnerin
Gegenüber dem
Vorjahr wurde die Auswahl der Disziplinen noch optimiert: Der
Russische Barren wird nicht mehr gezeigt, dafür wurden zwei
attraktive Luftnummern ins Programm genommen. Zunächst zeigen
Yumi und ihre Partnerin eine kraftvolle Arbeit am permanent
kreisenden Luftring. Nach der Pause präsentiert sich Utnier
Aquino Hernandez am Schwungseil. Interessant ist der Aufgang
über ein zweites, längeres, in der Mitte teilbares Schwungseil,
an dem er sich zunächst mit einigen Tricks emporarbeitet. In
vollem Schwung präsentiert er dann hoch unter der Kuppel eine
Reihe attraktiver Tricks, inzwischen ebenso ohne Longensicherung
wie die Arbeit am Luftring. Aus dem Vorjahr bekannt sind die
weiteren artistischen Nummern der Kubaner. Zu acht sorgen sie
zur Programmeröffnung für ein wirbelndes, buntes Bild beim
Seilspringen. Unter anderem trägt einer der Artisten drei seiner
Kolleginnen und Kollegen, während er seilspringt. Daikel
Castillo Hernandez ist ein ganz famoser Jongleur und glänzt
darüber hinaus mit hervorragender Ausstrahlung, spielt mit dem
Publikum. Früh im Programm platziert, heizt diese Darbietung die
Stimmung an. Daikel jongliert mit vier Keulen, dann mit fünf
Ringen, während er zwei Fußbälle auf einem Mundstab und einem
Stab auf der Stirn balanciert und einen weiteren Ring um seinen
rechten Fuß kreisen lässt. Seine sieben Jonglierbälle versenkt
er nacheinander in drei kleinen Fangnetzen am Hosengürtel, eines
davon hinter dem Rücken. Schließlich folgt die Mundjonglage mit
erst zwei Pingpongbällen, während er zwei Bälle auf den
Fingerspitzen kreisen lässt, und dann mit fünf Pingpongbällen in
bekannter Manier. Utnier und Daikel sind auch die Untermänner
einer starken Handvoltigen-Arbeit, die sie mit einem kleineren
Partner als Flieger präsentieren. Überraschungseffekt der Nummer
ist das „Auf- und Abrollen“ ins bzw. aus dem Drei-Mann-Hoch. Ein
herrliches, manegenfüllendes Bild liefert schließlich die
komplette Truppe bei der Schleuderbrettnummer. Die vielfältigen
Tricks (u.a. Fünf-Mann-Hoch mit Stange, Sesselsprung) werden
longengesichert ausgeführt. Daneben finden die Akteure noch Zeit
für das Spiel mit dem Publikum.
Kamele
und Araber, Stephanie Probst mit Sergiu Mosanu und Utnier Aquino
Hernandez, Reinhard Probst
Die
Tierdressuren sind das Metier der Familie Probst. Stephanie
Probst hat sich wieder eine neue Darbietung erarbeitet. Nach der
Ungarischen Post im vergangenen Jahr zeigt sie nun mit ihrem
Lebensgefährten Sergiu Mosanu und dem Kubaner Utnier Aquino
Hernandez ein „Pas-de-Trois“
auf den Rücken von drei Friesenhengsten. Zunächst sind die
akrobatischen Kunststücke ähnlich wie bei einem Pas-De-Deux
(z.B. Stand auf den Schultern der Partner), dann legen die
beiden Herren eine Art Reckstange über ihre Schultern. Auf
dieser liegt Stephanie Probst freihändig in einer Waage oder
zeigt Umschwünge um die Stange. Äußerst anspruchsvoll ist die
Dressurfolge, die Stephanie Probst mit zwei braunen
Trampeltieren, einem weißen Dromedar sowie zwei braunen und
einem weißen Araber zeigt, unter anderem mit Farbwechseln, dem
parallelen Gegenlauf der jeweils drei Kamele und Pferde und dem
abschließenden Flechten der Kamele. Alle Tiere tragen prächtige
Decken im orientalischen Stil, die Vorführerin ein passendes
Kostüm – und sie dirigiert ihre Tiere dabei mit leichter Hand,
Charme und Eleganz. Zu Saisonbeginn hatte Stephanie Probst noch
die Hohe Schule und ihren Fünferzug Araberhengste als
Schlussnummer präsentiert. Die Ehre der Schlussnummer kommt nun
in erster Linie Kevin Probst zu. Viel Temperament und
Jugendlichkeit kennzeichnet seine rasante Vorführung eines
Sechserzuges Andalusier, die klassisch mit Federpuscheln
geschmückt sind. Im Anschluss präsentiert Stephanie Probst noch
Steigerpferde als Da Capo. Direktor Reinhard Probst komplettiert
den Reigen der Tiernummern mit dem derzeit etwas verkleinerten,
freilich jedoch weiterhin artenreichen Exotenzug. Altersbedingt
sollen nun einige neue Tiere, darunter zwei neu beschaffte
Süddeutsche Kaltblüter, in diese Nummer eindressiert werden, die
ursprünglich Uwe Schwichtenberg zusammengestellt hat. Carmen
Zander mit ihrer Tigerdressur ist bekanntlich frühzeitig aus dem
Saisonprogramm ausgeschieden.
Sonja
Probst und Sergiu Mosanu alias Lolli und Jim Bim
Den
komischen Part teilen sich Sergiu Mosanu und Sonja Probst.
Mosanu nimmt als „Jim Bim“ zunächst ein paar Schluck
Hochprozentiges zu viel, ehe er herrlichen Slapstick auf
Trampolin und Sprungturm zeigt. Dabei steht er durchaus in der
Tradition von Don Martinez, von dem er die Requisiten übernommen
hat, prägt die Nummer jedoch auch mit eigenständigen Ideen und
Charakter. Sonja Probst ist eine Komikerin der eher leisen Töne,
die grundsätzlich keine Besucher in die Manege zerrt. Sie
erzählt ohne Worte liebevoll gestaltete Geschichten (aktuell:
„Pistole“, „Dirigent“, „Handstaubsauger“). Neu ist eine Szene,
die – als echte Reprise – das Thema der vorangegangen
Schleuderbrettnummer aufnimmt. Lollis Hund springt von einem
kleinen Turm auf ein Mini-Schleuderbrett und lässt so zunächst ein Püppchen zu
einem Sessel fliegen. Das klappt einwandfrei. Originelles
Detail: Hund und Püppchen tragen Kostüme aus dem gleichen Stoff
wie zuvor die Kubaner beim „richtigen“ Schleuderbrett. Dann will Lolli sich selbst zu dem Sessel katapultieren lassen, der Hund
springt – und das Schleuderbrett bricht entzwei.
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