CHPITEAU.DE

Ungarischer Nationalcircus Richter - Tour 2011
www.magyarnemzeticirkusz.hu

Budapest, 19. März 2011: Vom talentierten Tennis-Nachwuchs zum Star in der Manege im elterlichen Unternehmen: Jozsef Richter Junior ist nach dem Weggang seines Bruders das neue, prägende Gesicht des Ungarischen Nationalcircus Richter. In gleich drei Darbietungen steht der gerade 20-Jährige im Mittelpunkt des Geschehens. Glanzlicht ist dabei vor allem eine neu einstudierte Choreographie mit Elementen aus Pas de Deux zu Pferd und Jockey-Reiterei. Richter arbeitet dabei mit zwei Partnerinnen.

Alle drei tragen wunderschöne, klassische Kostümen und zeigen einige Hebefiguren, um anschließend diverse Räder und Salti auf dem Pferderücken zu schlagen. Abschluss ist der Rückwärtssalto vom ersten zum zweiten Pferd. Eine gelungene Darbietung, die – wenn man die Trickstärke noch ein wenig erhöht – Potenzial für Monte Carlo oder ähnliche Festivals besitzt. In einem zweiten Auftritt bringt Richter vier Kamele samt Reiterinnen und die Elefantendame Sandra in einer orientalischen Aufmachung ins Manegenrund und animiert sie zu unterschiedlichsten Variationen des Gegenlaufs. Beeindruckend ist die Gelassenheit und Ruhe mit der die betagte Elefantendame ihr Können zeigt. Nach der Pause beweist dann eine fünfköpfige Gruppe um Richter, darunter eine weibliche Akteurin, ihre Sprungkraft mit Batoude-Sprüngen über Kamele und Elefant. Wunderbar anzusehen ist auch das Pferde-Potpourri, welches Gabor Donnert und seine Tochter Latoya in die Manege  bringen und welches alle Elemente der Pferdedressur auf nahezu perfekte Weise vereint. So beginnt der Reigen mit einigen Schritten der Hohen Schule am langen Zügel, anschließend preschen sechs Pferde (vier Braune sowie zwei Schimmel) im Rahmen einer Freiheitsdressur durch die Manege. Die noch jungen Vierbeiner beherrschen bereits das Gruppensteigen dreier Tiere, bevor ein Groß & Klein und einige Einzelsteiger diesen vorzüglichen Dressurblock beenden. Schwachpunkt im tierischen Bereich ist das Engagement von Paolo Folco. Seine Nummer mit bis zu 45 Hunden sowie einer Gänseschar, als Intermezzo mit dem Junior, wirkt eher unkoordiniert, Tricks lassen sich anhand der Meute kaum ausmachen.


Jozsef Richter Junior


Gabor Donnert, Duo Perris, Duo Stoichev

Vielmehr scheint hier Masse statt Klasse zu gelten. Ansonsten gilt: auch nach dem Weggang von Florian Richter weiß der Ungarische Nationalcircus Richter vor allem durch seine herausragenden Tierdressuren zu begeistern und zu überzeugen! Artistisch nämlich bietet das Programm in diesem Jahr zwar grundsolide Darbietungen, wirkliche Höhepunkte fehlen allerdings. So ist es dem Duo Stoichev mit ihren publikumswirksamen Nummern am Todesrad und in der Motorradkugel vorbehalten die beiden Programmteile zu beenden. Nach dem mystischen Aufbau des Rades zeigen die beiden Akteure eine Jonglage mit drei brennenden Keulen, das Seilspringen sowie den Blindlauf auf dem Außenrad. Auf weite Sprünge muss aufgrund der Zelthöhe verzichtet werden. In der Motorradkugel dann bilden beide mit üblichem Repertoire den Schlusspunkt. Allein schon wegen der geringen Personenanzahl in der Kugel verliert die Nummer allerdings gegenüber ähnlichen Truppen. Eine typische Rollschuh-Darbietung bietet das Duo Peris. Sicher und routiniert werden alle Tricks bis hin zur Zuschauerfahrt und Genickwirbel dargeboten. Der männliche Part ist zudem in einem etwas langatmigen Auftritt als Slinky zu sehen.


Mr. Lorenz, Salima Peippo

Elemente des Break Dance bringt eine vierköpfige Formation mit dem Namen Danger Elements in die Manege. Trotz einiger lustiger Einfälle und obwohl die Lichtanlage hier ihr ganzes Können zeigt, kommen die Vier nicht wirklich beim Publikum an. Ein optischer Leckerbissen in der Manege ist Salima Peippo. Im ersten Teil zeigt sie eine allerdings nicht über den Standard hinausgehende Hula-Hoop-Performance, im zweiten Teil dann ihre auch aus Monte Carlo bekannte Vertikalseil-Nummer. In neuer, wunderschöner Kostümierung wird sie Jozsef Richter jr. auf dem Pferderücken in die Manege gebracht, bevor sie sich in die Lüfte begibt. Im zweiten Jahr dabei ist Clown Mr. Lorenz, der mit bekannten (Vier Stühle) und kurzweiligen, meist sehr feuchten Reprisen im Programm vertreten ist und die Zuschauer durch die Show begleitet. Fester Bestandteil ist zudem ein achtköpfiges Live-Orchester, darunter zwei Streicher, das auch heuer große Teile des Programms druckvoll vorantreibt. Platz nehmen die Musiker in diesem Jahr auf einer neuen, edlen Orchesterempore, leicht erhöht in der Mitte während sich davor eine Wasserorgel befindet, die zu Beginn der Vorstellung mit ihren Fontänen für eine überraschende Eröffnung sorgt. Tiere und Artisten kommen nun durch zwei Eingänge an den Seiten, die kurzerhand – wie beim Aufbau der Motorradkugel – aber auch demontiert werden können.

__________________________________________________________________________
Text: Benedikt Ricken; Fotos: privat