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Circus Royal - Tour 2011
www.circusroyal.ch ; 85 Showfotos

Basel, 6. Mai 2011: Nicht nur ein neues Vorzelt und Chapiteau, wiederum mit der markanten Krone auf der Kuppel, sondern auch ein gutes wie sympathisches Programm bietet der Schweizer Circus Royal seinem Publikum in diesem Jahr. Geprägt wird es von jungen und frischen Gesichtern, die deutschen Circusfreunden zum Teil bestens bekannt sind. „Die neue Generation“, heißt folglich das Programmmotto, und der 14-jährige Deutsch-Spanier Michael Ferreri, Sohn von Ilona Bügler-Ferreri und Miguel Ferreri, zeigt gleich zu Beginn, dass diese Generation einiges zu bieten hat. Fehlerfrei jongliert er bis zu sieben Bälle in hohem Tempo – und sucht und findet bei seinem Auftritt mit fröhlicher Ausstrahlung den Kontakt zum Publikum.


Oliver Skreinig, Michael Ferreri, Rahel Cugalj

Sein Vater Miguel Ferrerei, der dann den zweiten Programmteil eröffnet, ist wohl nicht mehr „neue Generation“, aber ein wahrer Meister seines Faches. Auf dem Drahtseil glänzt der stolze Spanier unter anderem mit dem Sprung über eine messergespickte Barriere sowie Rückwärts- und Vorwärtssalto. Die Schweizerin Rahel Cugalj präsentiert zunächst zwei Kamele und zwei Haflingerpferde. Nach dem Gegenlauf umrunden die Pferde die am Boden liegenden Kamele, später gesellen sich Alpakas hinzu. In Cugaljs zweitem Auftritt, dann im zweiten Programmteil, werden die zwei Pferde gegen zwei weitere Kamele ausgetauscht, die Dressurfolge bleibt aber praktisch identisch. Direktor Oliver Skreinig vereint in seinem Tierpotpourri überdies vier exotische Rinder, einen Riesenesel, fünf Nandus und drei springende Lamas.


Die Bubi-Ernesto-Familie

In Deutschland pausiert der Circus Carl Busch – vom aktuellen Sommergastspiel in Frankfurt abgesehen – für einige Monate, und Flic Flac konzentriert sich rein auf das Weihnachtsgeschäft. So gibt es nun beim Circus Royal ein Wiedersehen mit bewährten Stammkräften beider Unternehmen. Zwei artistische Nummern und die Clownerie steuert die Bubi-Ernesto-Familie bei. Vater Johnny und Sohn Paolo als Auguste, Tochter Ofelia dagegen als Weißclown blödeln sich durch ihr bekanntes Musikalentree mit vielen witzigen Einzelszenen, bei dem es gar nicht stört, dass der Zusammenhang der Geschichte nicht recht deutlich wird. Spätestens beim gemeinsam, inklusive der zweiten Tochter Sandy, gespielten „Napoli“-Marsch sind alle wieder versöhnt. Sandy steuert außerdem ihre liebenswerten Reprisen bei, so ihre „Drahtseilbalance“ oder das Luftballonsbasteln für Kinder aus dem Publikum. Auch die „vier Stühle“ verfehlen hier ihre Wirkung nicht. Die Kür von Paolos Ehefrau Veronika Faltyny an roten und weißen Seidentüchern ist so wunderbar gestaltet, dass sie nun schon mehrfach kopiert wurde. Hier erleben wir das Original, noch dazu zu Livemusik, und mit deutlichem Raunen im Publikum, wenn sie kopfüber gen Manegeboden saust. Ebenso wunderbar gestaltet ist die rasante Rollschuh-Kür, die Veronika und Paolo alias „The Skating Ernesto“ vor dem Finale zeigen. Veronika trägt zunächst eine Art weißes Hochzeitskleid, über dem LED-beleuchteten Rundpodium schwebt ein Baldachin aus Tüll – aber der romantische Auftakt hält die beiden nicht davon ab, später rasant und von der Musik getrieben ein breites Repertoire bis zum Nackenwirbel zu zeigen.


Nikolai Kuntz, The Skating Ernesto, Tatjana Kastein

Von Flic Flac kommen die Schwestern Larissa und Tatjana Kastein und ihr Halbonkel Nikolai Kuntz. Letzteren sahen wir hier nun erstmals auch mit seiner Zweitnummer, einer mit schelmischem, sympathischem Lächeln vorgetragenen Jonglage mit erst einem, dann zwei Diabolos, begleitet von Rockmusik vom Band. Tatjana Kastein zelebriert ihre anmutige, berührende und gleichzeitig leistungsstarke Handstandkür auf einem schräg gestellten Flügel zur bekannten Klaviermusik, und direkt im Anschluss zeigt ihre Schwester Larissa kraftvoll-erotisch ihren „Poledance“, den Tanz an der Stange. Beide Nummern fügen sich auch in ein klassisches Circusprogramm gut ein. Dies gilt ohnehin für Nikolai Kuntz’ mit schwierigen Sprüngen gespickte Arbeit am Schwungtrapez, zu der das Royal-Orchester richtig rockt.

Das Programm ist nicht nur mit glücklicher Hand zusammengestellt, sondern wird auch – wie stets bei Royal – charmant präsentiert, vom Udo-Jürgens-Medley des Orchesters mit anschließendem Saxofon-Prolog von Clown Johnny Ernesto bis hin zum schwungvollen Finale und Oliver Skreinigs leidenschaftlich-melancholischem Gedichtvortrag als Epilog. „Der Circus darf niemals sterben“, heißt es darin. Wie recht er hat.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber; Sven Rindfleisch