|
Stuttgart, 24.
März 2012: Fast nur Großstädte bereist der Circus Carl Busch in der
Saison 2012, die nächsten Stationen werden Würzburg und Wiesbaden sein.
Kurz nach dem Herbstgastspiel 2011 ist das Unternehmen der Familie
Wille erneut auf dem Cannstatter Wasen in Stuttgart zu Gast und hat
ein besonders unterhaltsames und kurzweilige Programm im Gepäck. Es
setzt in erster Linie auf klassische Circusnummern, gewürzt mit
einer Prise Varieté, mit schönen Regieeinfällen besonders bei Opening und Finale und mit dem Live-Gesang von Alexandra Gerbey und
Yuri Kovalchuk. |
|
Wegen des bevorstehenden Frühjahrs-Volksfestes steht der
Circus nicht am bekannten Standort, wo auch jeden Winter der
Weltweihnachtscircus stattfindet, sondern fast am anderen Kopfende
des riesigen Wasengeländes, und zwar um 180 Grad gedreht – die Front
weist einladend zur nahen Parkplatzeinfahrt. Der Circus gibt ein
wirklich imposantes Bild ab, hintereinander sind Vorzelt,
Viermast-Chapiteau und das neue Zweimast-Varietézelt, in dem in
Wiesbaden und Bamberg gespielt wurde, aufgestellt. Hier ist der
Zweimaster mit einer Probiermanege für die Dressurproben
ausgestattet. Der nostalgische Holzschindelwagen mit der Kasse,
soeben frisch renoviert, und zahlreiche blitzsaubere Auflieger
gehören ebenfalls zu dem Ensemble. |
Eric und José
Munoz, Tony Tonito
Mit dem „verrückten Dirigenten“ beginnt die Show, ehe ein
erstes Charivari mit Livegesang alle Künstler in der Manege
vereint. Gleich darauf sorgt Eric Munoz mit seinen
Keulenjonglagen für Stimmung und Tempo. Dies greift sein Bruder
José Munoz auf dem Drahtseil wieder auf. Der Rückwärtssalto
durch einen Reifen und der Sprung über eine in Brusthöhe
gehaltene Barriere, der nach einem wirkungsvoll verkauften
Scheinsturz selbstredend gelingt, sind die Toptricks dieser
Darbietung – eine ganz klassische Circusnummer. In spanischer
Aufmachung und Musikbegleitung und mit viel Temperament
dargeboten, heizt sie die Stimmung weiter an. Im zweiten
Programmteil sind die beiden Brüder noch einmal gemeinsam als
Kaskadeure zu sehen, nun in Schottenröcken und mit einer
Vielzahl von verblüffenden und heiteren Tricks. Für viel
Heiterkeit sorgen auch die Tony-Tonito-Clowns in mehreren
Auftritten und klassischer Besetzung mit Weißclown und zwei
Augusten.
Geboten werden unter anderem ein komisches Trampolin und
eine Tellerkomödie mit vier Zuschauern und Anleihen bei
David Larible. Entgegen der ersten Ankündigungen präsentiert der Circus
Carl Busch in Stuttgart doch kein Varietéprogramm im
kleineren Zweimaster. Vielmehr bereichern drei attraktive
Tiernummern das Programm. Den Anfang macht Manuel Frank mit
seinem äußerst rasanten und exakt laufenden Viererzug
Kamele, springenden Lamas und zum Abschluss einem Sechserzug
Miniponys. Ein besonderer Höhepunkt ist die neu gestaltete
Pferdefreiheit, die Frank gemeinsam mit Natascha Wille
aufgebaut hat. Die Juniorchefin reitet zunächst gekonnt
Figuren der Hohen Schule und führt dann die sechs Araber zu
Pferd vor, reitet während der Freiheitsvorführung also
weiter auf dem Friesen. Dennoch gelingen auch schwierige
Passagen wie die mehrfachen Richtungswechsel während des
Gegenlaufes. Bei den Da Capi wird gar ein Araber zum Steigen
gebracht, während das Schulpferd die Piaffe zeigt.
Gearbeitet wurde auch an der hauseigenen Elefantendressur,
die nun neue Tricks beinhaltet. Manuel Wille präsentiert die
kleinere Afrikanerin und die größere Inderin Carla, welche
unter anderem seine am Boden liegende Frau Jamena
überschreitet. |
Natascha
Wille-Busch |
Alexandra
Gerbey, Carlo Tribertis,
Marie Bitaroczky
Auf ein
Orchester verzichtet der Circus Carl Busch. Dafür geben
Alexandra Gerbey und Yuri Kovalchuk – bekannt von Flic Flac und
Arlette Gruss – mit ihrem Gesang dem Opening und mehreren
Nummern im Programm eine ganz eigene Note und werten diese
weiter auf.
Bei ihrer Arbeit an den weißen Seidentüchern begleitet
Alexandra Gerbey sich sogar selbst, bietet Opernarie und
Luftartistik in Kombination. An diesen Auftritt mit dem Prädikat
„künstlerisch wertvoll“ schließt sich sogleich die Persiflage
des Ganzen an, dargeboten von Yuri Kovalchuk in Frauenkleidern.
Glamour bieten neben den Sängern auch die Großillusionen, die
Dennis Rush mit seinen beiden Assistentinnen – Juniorchefin
Natascha Wille und ihre Schwägerin Jamena Sperlich –
wirkungsvoll verkauft. Marie Bitaroczky, Absolventin der
Berliner Artistenschule 2006, ist eigentlich in der Varietészene
zu Hause, nun präsentiert sie bei Carl Busch ihre Luftakrobatik,
lässt sich in schwierigen Posen vom Vertikalseil umschlingen und
wechselt schließlich ans Schwungseil. Kraftmensch Carlo Tribertis
beeindruckt auch hier mit gewaltigen Leistungen, wenn er zum
Beispiel einen langen Nagel mit den Zähnen aus einer Holzplatte
zieht oder wenn mit dem Vorschlaghammer auf eine Platte
geschlagen wird, die auf seiner Brust liegt. Ein von ihm
verbogenes Eisen liefert er zur Kontrolle in der Loge ab – es
ist wirklich massiv und für „Normalsterbliche“ nicht zu bewegen.
Mit ihrer Rollschuhartistik, unter anderem mit dem Nackenwirbel,
sind Carlo Tribertis und seine Partnerin später Schlussnummer.
|
Mit zahlreichen
Einfällen liebevoll gestaltet ist später das Finale. Der Clown gibt
jedem Artisten, der auf dem „Nachhauseweg“ durch die Manege streift,
ein Glas aus dem Wasserkrug ab – und auch das letzte Glas behält er
nicht für sich, sondern bewahrt lieber eine Blume vor dem Welken.
Freilich wird auch hier wieder „Volare“ gesungen, und das sehr
zufriedene und eifrig applaudierende Publikum stimmt in den Gesang
mit ein. |
__________________________________________________________________________
Text: Markus Moll; Fotos: Sven Rindfleisch
|