Zum ersten Mal verbrachten Florian Richter und
seine Frau Edith eine komplette Tournee außerhalb Ungarns. Im
Herbst folgte dann die nächste Überraschung: Exklusiv bestätigte
Florian Richter gegenüber Chapiteau.de, dass man 2012 mit einem
eigenen Unternehmen reisen wolle. So ist es dann auch gekommen -
am 15. März startete man in Budapest in die erste eigene Saison.
Dafür wurde kräftig investiert.
Ein ovales,
schneeweißes Sechs-Masten-Chapiteau erwartet die möglichen 2000 Besucher,
welche komplett auf Schalensitzen rund um die rechteckige
Auftritts-Fläche (18 x 30 Meter) Platz nehmen können. Im
passenden Vorzelt liegt dunkler Holzboden aus, ein luxuriöser
Verkaufswagen und Sitzgelegenheiten unterstützen den durch und
durch edlen Eindruck ebenso wie die mit Pferdemotiven abgedeckte
Rundleinwand. Einzig der Kassencontainer wirkt noch ein wenig
improvisiert. Das gehobene Ambiente verdeutlicht, dass man sich
hier von Konkurrenten abheben und den Event-Charakter der Show
betonen möchte. Bereits in den letzten
Jahren gastierte Florian Richter samt Ensemble über die
Wintermonate mit seinem Programm „Horse Evolution Show“ in
mehreren osteuropäischen Ländern, ausschließlich in Hallen. Nun
also ist man ins eigene Zelt umgezogen – die Bestandteile der
Show sind aber die gleichen geblieben. Die Pferde stehen im
Mittelpunkt, Ballett und Akrobatik spielen nur eine begleitende
Rolle. Dabei wird keine durchgehende Geschichte erzählt.
Vielmehr sind es einzelne, in sich geschlossene Bilder, die hier
gezeigt werden.
Florian und Edith
Richter
Zu Beginn des Programms
reitet Florian Richter auf einem Friesen hinein und zeigt auf
ihm einige Schulschritte. Sogleich folgt einer der schönsten
Momente der Show: Ein Schimmel trabt in die Arena, tobt sich aus
– Richter lässt ihn gewähren, begleitet das Tier, dass nun seine
Runden dreht. Es gesellen sich nach und nach vier weitere
Schimmel dazu und bilden zusammen mit Richter ein wunderbares
Bild in Weiß. Im Kontrast dazu gibt es zu Jacksons „Thriller“
vier berittene Friesen. Die Reiter sind dabei allesamt in
schwarz gekleidet. In moderner Matrix-Aufmachung eröffnet das
Ballett (vier Damen, vier Herren) die folgende Szene: Pferde
ziehen Akrobaten auf Snowboards durch die Arena, die Akrobaten
springen dabei über Rampen oder bauen Pyramiden. Ein wirklich
außergewöhnliches Bild mit ordentlich Tempo, welches durch
allein schon durch die originelle Idee gefällt. Wieder ein
Kontrast: Florian Richter stellt in Frack und zu Klängen aus „My
fair Lady“ den bekannten Achterzug aus Friesen und Arabern vor
und mischt dieses mit Auftritten des Balletts. Ein herrliches
Bild, das Mensch und Tier hier gemeinsam zeigen. Als Intermezzo
zeigt Richters zehnjähriger Sohn Kevin seine Ponys. Auch bei den
anderen Vorführungen agiert er im Hintergrund und schlüpft so
schon jetzt unverkennbar in die Fußstapfen des Vaters. Mutter
Edith leitet mit ihrer Hohen Schule im Dogcart auf die folgende
„Riverdance“-Sequenz über. Was das Ballett vorsteppt, wird
anschließend von den Friesen nachgeahmt.
Richter-Truppe
Offiziere entern die
Arena, posieren und werden von den weiblichen Ballettmitgliedern
entkleidet – so beginnt die bekannte Jockey-Reiterei. Die
preisgekrönte Nummer ist nach den Engagements im letzten Jahr
ebenfalls zurückgekehrt. Die (zum Teil neuen) Akteure brennen
auch hier wieder ein Feuerwerk mit Salti und Pirouetten ab und
begeistern das Publikum, allen voran das weibliche. Nach der
Pause dann ein weiteres bekanntes Bild: Edith Richter reitet die
Ungarische Post. Nachdem man bei Roncalli darauf verzichten
musste, wird hier wieder auf die bewährte Inszenierung mit
Kutsche und Postillionen zurückgegriffen. Zurzeit kommt die Post
mit fünf Vorauspferden daher. Im fluoreszierenden Licht sind
dann vier Akrobaten am Bungee-Trapez zu sehen, der einzigen rein
artistischen Darbietung im Programm. Rein artistisch ist die
Nummer dann auch nicht, denn Pferde sorgen dafür, dass die
Akrobaten in die Luft gezogen werden. Es folgt ein Block mit
Hohe Schule- Elementen. Florian Richter zeigt Schritte am langen
Zügel, anschließend seine Stehendreiterei bevor Edith Richter
und das Ballett zum aktuellen Gassenhauer „Ai Se Eu Te Pego“ von
Michel Telo diesen Blick abschließen.
Kevin und
Angelina Richter |
Ein Intermezzo
zwischendurch bringt erneut Kevin Richter, nun zusammen mit
seiner kleinen Schwester Angelina, in einer Kutsche sitzend
und das Publikum grüßend in die Arena. Die Sympathien haben
sie so schnell sicher. Zum Abschluss bringt Florian Richter
sechs Araber und drei berittene Friesen zum Flechten. In den
ungarischen Nationalfarben verweben sich die Stoffbahnen und
sorgen so für ein gelungenes Ende der Show. Im Finale
reihen sich dann nochmal alle vier- und zweibeinigen Akteure
auf, werden von einer Off-Stimme namentlich vorgestellt und
nehmen Abschied. Die meisten Darbietungen werden dabei in
einer aufblasbaren Piste präsentiert, allerdings ist die „Horse
Evolution Show“ ist immer dann am schönsten, wenn die Tiere
frei in der Arena agieren und so den großzügigen, leider
nicht immer optimal ausgeleuchteten, Raum ausnutzen. |
Mit dem
eigenen Geschäft sind Florian Richter und seine Familie
ohne Frage ein hohes Risiko eingegangen. Der Aufwand ist
enorm, ob er sich publikumstechnisch lohnt wird die
Zukunft zeigen. Verdient hätte es die Familie Richter und
auch das ganze Ensemble allemal, denn die „Horse Evolution
Show“ beweist auf wunderbare Weise wie einfallsreich und
vielfältig Pferdedressur sein kann, ohne dabei irgendwo an
Qualität einzubüßen. Mensch und Tier agieren hier mal
wild, mal elegant, mal modern und mal klassisch - aber
immer harmonisch und als Team. |
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