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Budapester Circusbau - "Cirkusz a javaból" 2012
www.fnc.hu

Budapest, 27. Mai 2012: „Circus wie er sein sollte“ verspricht der Budapester Circus-Bau für seine aktuelle Show und so viel sei verraten, das Versprechen wird eingelöst. Mit klassischen Disziplinen wie Drahtseil und Clown-Entree, großen Truppen am Flugtrapez oder Schleuderbrett, Raubtier- und Pferdedressuren sowie Live-Orchester bietet das diesjährige Frühjahrs- und Sommerprogramm alles, was man sich von einem traditionellen Programm wünscht. Da dabei die in Budapest gezeigten Darbietungen stets von hoher Qualität sind und die Shows gutes Licht und viel Tempo aufweisen ...

... ist es ohne Frage eines der besten Programme, welches in den letzten Jahren hier gezeigt wurde. Die erste Produktion nach der Ära der Kristofs trägt – vor allem in der Auswahl der Artisten - noch deutlich deren Handschrift. Produzenten sind aber mittlerweile György Eötvös und József Richter und damit Vertreter der zwei bekanntesten Circus-Familien des Landes.


Familie Saabel

Nach einer Ouvertüre des abermals hervorragend aufspielenden Orchesters unter Attila Maka, übernimmt der Ansager Olivér Tóth die Begrüßung des Publikums. Eloquent und charmant führt der Schauspieler durch Vorstellung, ohne sie unnötig in die Länge zu ziehen. Dank Musical-Ausbildung überbrückt er auch mal singend die notwendigen Umbaupausen. Den eigentlichen Ablauf eröffnet der junge Jongleur Henrik Veres. Der Ungar hält zu modernen Klängen bis zu sieben Bälle in der Luft, beherrscht sie aber auch in der Bouncing-Jonglage. Beim Festival 2012 war er Teil der ungarischen Nachwuchsshow. Bereits einmal in Budapest gewesen ist die Familie Saabel mit ihren Tieren. Ihre Nummern leben nicht allein von der Trickstärke, sondern auch von der gelungenen Aufmachung. So tanzt Tochter Alexandra in der Manegenmitte zu spanischer Musik, während ihre Eltern sowie ihre kleine Schwester auf ihren äußerst gepflegten Arabern und Friesen Figuren der Hohen Schule, z.T. auch am langen Zügel, reiten.


Flying Mendonca, Molly Saudek, Duo Volkov

Schon mal im Bau zu sehen war auch Molly Saudek. 2008 gewann sie dort Bronze für ihren grandiosen Drahtseilakt. Wie sich die zierliche Artistin traumhaft sicher auf dem Seil bewegt, ja wirklich tanzt, ist einfach ein Genuss. Zunächst langsam, dann steigert sich das Tempo der Begleitmusik und damit auch das ihrer Schritte. Alte Circuskunst neu belebt, einfach wunderbar! Ganz in Weiß ist die Strapaten-Kür des Duo Volkov gehalten. Neben den gemeinsamen Flugsequenzen gibt es zahlreiche Haltepositionen. Als Romanze inszeniert verfehlt die Nummer ihre Wirkung nicht und findet großen Anklang. Auch die zweite Darbietung der Familie Saabel, die Präsentation der Hunde-Meute in der Nordpol-Szenerie samt Rutschpartie, ist durch originelle Requisiten und schöne Tiere ein optischer Augenschmaus, bei dem aber nicht zuletzt auch die Leistung stimmt. Pausennummer sind dann die Flying Mendonca mit dem bekannten Repertoire am Flugtrapez. In Budapest zeigt sich die Truppe mit neuem Flieger, der auch gleich den Dreifachen zeigt, bevor traditionell die Passage und das gleichzeitige Schwingen aller Akteure an Trapezen im UV-Licht diese sehr publikumswirksame Nummer beendet.


Truppe Fantasy, Alexandra Saabel, Rastelli Clowns

Nach der Pause präsentieren Nataly und Andrey Shirokaloff ihre vier Leoparden und fünf Tiger. Klassische Elemente wie Balkenlauf oder das Hochsitzen aller Tiere wechseln ab mit spektakulären Showteilen; so schaukeln die Leoparden an Kratzbäumen durch die Manege und ein Tiger überspringt abschließend die beiden Vorführer. Die Nummer war Teil des diesjährigen Festivals, wurde dort aber nicht mit einem der Hauptpreise dekoriert. Diese Entscheidung bleibt weiterhin unverständlich, denn was die beiden Tierlehrer hier mit ihren Raubtieren zeigen ist schlicht sensationell. Alexandra Saabel zeigt ihre leistungsstarke Handstand- und Equilibristik-Darbietung in Begleitung einer Live-Sängerin und wertet sie so nochmals auf. Die Kombination zeigt wie modern klassischer Circus interpretiert werden kann. Im starken Kontrast dazu arbeiten die Rastellis, Clowns der alten Schule. Neben großer Musikalität punkten sie vor allem mit viel Klamauk. Da knallt es, da fliegen die Requisiten auseinander. Herrlich albern, herrlich komisch. Schlussnummer ist dann die Truppe Fantasy in einem an den 20er Jahren orientieren, dennoch sehr gegenwärtigen Look auf dem Schleuderbrett. Die zehn Akteure, die im ersten Teil auch als leider weniger überzeugende „komische Akrobaten“ auftreten, zeigen hier eine Fülle von hochkarätigen Sprüngen, unter anderem das doppelte Drei-Mann-Hoch, den Dreifachen zum Drei-Mann-Hoch sowie ein Vier-Mann-Hoch (ohne Stange), ohne den Gebrauch der Longe. Erst beim Fünf-Mann-Hoch kommen Stange und Longe zum Einsatz. Eine großartige Leistung und zu Recht vor dem schnörkellosen, kurzen Finale platziert.

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Text: Benedikt Ricken; Fotos: FNC