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Circus Voyage - Tour 2012
www.circus-voyage.de - 18 Showfotos

Aalen, 8. Juni 2012: Circus unter Wasser, Circus mit vielen afrikanischen Großtieren, Circus mit Motorradkugel: Der Circus Voyage kann in seiner Werbung gleich mehrere Attraktionen herausstellen. Das umfangreiche und gepflegte Material bietet zudem den Anblick eines echten Großcircus. Dabei ist es die Familie Spindler/Richter mit kleinem Team und nur zwei engagierten Artisten, die hier Circus macht. Der Wassercircus im ersten Programmteil, Videoein-spielungen auf Leinwand und das spanische Schaubild nach der Pause zeugen von dem Ehrgeiz, die vorhandenen Möglichkeiten auszuschöpfen.

Der Circus bietet auf dem Aalener Festplatz ein einladendes Bild: Drei aufwendig bemalte Wagen bilden die Front; der mittlere ist der bekannte Durchgangswagen mit Kasse und Klassenzimmer der Circusschule, die beiden äußeren stammen vom Circus Berlin und tragen auch noch entsprechende Aufschriften. An das große, auffällig hohe Chapiteau, dem die Quaderpole seine markante Form geben, schließt sich die Tierschau mit ihren großzügigen Stallungen und dem großen Elefanten-Außenpaddock mit massivem Zaun anstatt Weidedraht an.


Alicia und Nico Spindler

Im Hauptzelt ist zu Beginn der Vorstellung bereits die Wassermanege aufgebaut und das Wasser eingelassen, mehrere Gänse ziehen während der gesamten ersten Halbzeit ihre Kreise auf der Wasserfläche. Der üblichen Anordnung einer Wassermanege entspricht die runde Plattform in der Mitte, auf der die artistischen Darbietungen stattfinden. Allerdings verbirgt sich darin noch keine Technik für Licht- und Wasserspiele, wie es zum Beispiel von Fliegenpilz bekannt ist. Stattdessen befinden sich im Wasserbecken links und rechts der Plattform einige Fontänen. Nun ist „Circus unter Wasser“ immer mit der Frage verbunden, wie das nasse Element eigentlich genutzt werden soll – im Wasser selbst findet bei Voyage aktuell gar nichts statt, aber immerhin wurde der Programmteil „unter Wasser“ in eine kleine Geschichte eingebunden, deren Kapitel von Moderatorin Bettina Richter charmant verlesen werden. Es geht um die junge Circusartistin Alicia (Spindler), die den Zorn des Meeresgottes Neptuns auf sich zieht und von ihm zur Meerjungfrau verwandelt wird. Nur wenn es ihr gelingt, durch ihre Auftritte die Herzen des Publikums zu erobern, soll sie ihre menschliche Gestalt zurückerhalten. Gelegenheiten hierzu bieten sich bei ihrer Artistik am Luftring, bei einer Taubenrevue und schließlich bei der Antipodenarbeit, bei der verschiedene Walzen, u.a. mit Fackeln besetzt, mit den Füßen jongliert werden. Als Schlusstrick befestigt Alicia ein Gestell mit drei Plattformen und einem Korb an der Spitze an ihren Füßen. Geschickt lässt sie einen Fußball die drei Plattformen hinaufwandern und bugsiert ihn schließlich gekonnt in den Korb an der Spitze.


Anastasia Rogall und Andreas Bügler

Unterstützung auf ihrem Weg zur „Menschwerdung“ erhält die Meerjungfrau auch von den weiteren Artisten im Programm – auch wenn deren Zahl diesmal überschaubar ist. Während Voyage auch schon mit üppiger besetzten Programmen reiste (z.B. 2010: Mutter und Tochter Trechina, Mandy Mercedes, Manuel Lorador, Duo Berosini und Mr. Lauretti), sind in dieser Saison nur zwei Artisten engagiert, Andreas Bügler und seine Freundin Anastasia Rogall. Bügler erweist sich als sympathischer Reprisenclown, der den Kontakt zum Publikum findet, zum Beispiel bei seiner Variante des „Popcorns“ mit eigenständigen Ideen (u.a. werden für tosenden Applaus kleine Popcorntütchen verschenkt) und passend zum Wassercircus mit dem Hai-Angriff im Planschbecken à la Clown André. Im zweiten Programmteil spielt er mit einer Reihe von Kindern die „Reise nach Jerusalem“. Anastasia dagegen ist eine vielseitige Artistin mit Ausstrahlung. Auf und an einem ovalen Metallgestell mit integrierten Tisch kombiniert sie Haltetricks wie bei einer Luftnummer, Handstände und vor allem Kontorsion; u.a. setzt sie sich mit den Füßen einen Hut auf den Kopf. Das klassische Vertikalseil ist im Circus fast schon rar geworden, doch Anastasia Rogall präsentiert daran Tricks wie einen Wirbel an einer Hand und später an einem Bein. Direktionsspross Nico Spindler ist zudem mit einer kurzen Handstandarbeit zu sehen, an deren Ende er die Treppe des Requisits Stufe für Stufe auf Händen hinunter springt. Insgesamt ist der erste, durchaus einfallsreich gestaltete Programmteil der gefälligere. Die Darbietungen werden mit zumeist moderner Hitparadenmusik vom Band begleitet, nachdem das neue polnische Orchester bereits kurz nach Saisonbeginn den Dienst quittiert hat. Aktuell wird die CD-Musik lediglich durch einen Schlagzeuger akzentuiert.


Leonardo, Alois und Diana Spindler 

Nach der Pause lädt Voyage zu seiner „Reise durch die größte tierische Circusshow“. In jeweils recht kurzen Auftritten wird in der Tat eine Vielzahl von Tieren vorgestellt, beginnend mit einem Sechserzug Pintoschecken und Kamele, später mit einem Sechserzug Friesen und einem Andalusier als Steiger. Dazu gibt es in bewährter Weise Videoeinspielungen mit passenden Hintergrundbildern aus den Herkunftsländern der Tiere. Schön gestaltet ist das spanische Schaubild. Die doppelte Hohe Schule von Direktionsgattin Diana mit Tochter Alicia wird von Artistin Anastasia mit artistischen Einlagen an den roten Seidentüchern und auf dem Drahtseil begleitet. Hier, wie auch im gesamten Programm, gefallen besonders auch die sehr schönen Kostüme der Akteurinnen und die Geschirre der Pferde. Schließlich geht es nach Afrika – nach dem Aufmarsch der vier Elefanten zeigt eines der Tiere Zweibeinstand und Hochsitzer, zwei weitere Elefanten zeigen ihre Fähigkeiten beim Ballspielen. Der jüngste Direktionsspross Leonardo darf das gewaltige Flusspferd füttern, und Prinzipal Alois Spindler wagt gar den Ritt auf Nashorn Hulk. Krönender Abschluss des Voyage-Programms ist fast schon traditionell die Fahrt von Nico Spindler, zeitweise mit Partner, durch die Motorradkugel.

Das Finale offenbart dann, dass nur neun Akteure dieses recht umfangreiche und aufwendig gestaltete Programm bestritten haben, und so spendet das Aalener Publikum zufriedenen Applaus.

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Text und Fotos: Markus Moll