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Circus Krone - Tour 2013
www.circus-krone.de ; 62 Showfotos

Wiesbaden, 27. Juli: Keine Frage: Der Circus Krone agiert in anderen Dimensionen; und das nicht nur beim Material und bei der Anzahl der mitreisenden Menschen und Tiere. Denn auch in seinem Programm „Celebration“ wartet der größte Circus Europas mit Quantität und Qualität auf, die man - gerade auf einer Sommertournee - andernorts kaum oder gar nicht findet. Wo sonst finden sich so viele Spitzenkräfte ihres jeweiligen Genres in einer Show versammelt? Wo sonst erleben die Zuschauer noch große Tier-Darbietungen mit einer stattlichen Elefantenherde, vielen Pferden und einer imposanten Löwengruppe?

Und wo sonst leistet man sich noch ein so personenstarkes und gleichzeitig professionell besetztes Ballett zur Begleitung? In Deutschland und Europa gibt es da einfach wenig Konkurrenz. „Celebration“ läuft jetzt im dritten Jahr. Seit ihrer Weltpremiere 2011 in München hat sich die Produktion nur marginal verändert.


Elena Drogaleva, Flying Zuniga, Anastasini Brothers

So fällt dem Interessierten, natürlich aber nicht dem eigentlichen Publikum in diesem Jahr eigentlich nur ein neues Gesicht auf: Marlon Campos, ehemaliges Mitglied der Flying Michaels, fliegt nun in bekannter eleganter Weise bei den Zunigas und dreht dort auch den dreifachen Salto – mit verbundenen Augen. Ohnehin geht die Truppe über das Übliche hinaus und ist somit eine dieser angesprochenen Spitzennummern in der aktuellen Show. Zu diesen gehört auch Crazy Wilson mit seiner Performance auf dem Todesrad, auch wenn er – entgegen der Werbung – sicherlich nicht mehr der einzige Artist ist, der den Salto auf dem Außenrad zeigt. Ein eindrucksvoller Auftritt bleibt es so oder so. Selbiges gilt auch für die Anastasini Brothers, die bei ihren ikarischen Spielen Salti und Pirouetten aneinanderreihen, und für Elena Drogoleva „and her gentlemen“ mit variantenreicher Keulenjonglage. Beide Darbietungen überzeugen mit anspruchsvollen Tricks, Eleganz und sympathischem Verkauf. Nicht ganz mithalten kann da, aufgrund der eher introvertierten Art, die zehnköpfige Chinesentruppe aus Dalian. Diese eröffnet mit Sprüngen von der doppelten russischen Schaukel auf Bodenmatten und später ins Sprungtuch das Programm und fliegt kurz vor dessen Ende in fluoreszierenden Kostümen mit großem Schauwert an Bungee-Seilen durch die Kuppel.


James Puydebois, Jana Mandana und Ballett

Die Parade der großen Tier-Darbietungen beginnt gleich mit den Wappentieren, den Elefanten. Juniorchefin Jana Mandana und James Puydebois leiten vier indische (samt Reiterinnen) und zwei afrikanische Dickhäuter zu einer vielseitigen, stets tiergerechten Dressurfolge in einer „orientalischen Phantasie“ an. Jana Mandana steht dann auch im Mittelpunkt der zweiten Tier-Darbietung. Die Präsentation der Pferde ist dabei in zwei Blöcke aufgeteilt; zunächst reitet Mandana zu Tango-Klängen die Hohe Schule, anschließend dirigiert sie eine Freiheit. Auf Lusitano-Hengst „Ramses“ werden die Schritte und Figuren elegant in Kombination mit dem Ballett gezeigt. Sechs Friesen eröffnen nach einem Intermezzo die Freiheit mit einem Fächer, dann übernehmen zunächst sechs und anschließend zwölf Cremellos aus dem Hause Togni. Der zwölffache Gruppensteiger und einzelne Da Capi runden den Block ab. Auch die exotischen Tiere – Kamele, Zebras und Lamas in einer kurzen Routine – und Nashorn „Tsavo“, der gemütlich seine Runden dreht, verfehlen ihre Wirkung nicht und sorgen gerade bei den kleineren Zuschauern für Staunen.


Martin Lacey jun., Jana Mandana

Martin Lacey und seine Löwen sind nach wie vor die Starnummer des Unternehmens. Mit Feuersäulen, Nebel, Lichteffekten und Videoeinspielungen wird die Darbietung entsprechend verkauft. Elf Raubtiere (acht Löwinnen, zwei kastrierte Löwen und Mähnenlöwe „Kassanga“) sind zurzeit in der Manege, viele weitere warten in den großzügigen Stallungen des Krone-Zoos auf zukünftige Auftritte. Mit Pyramide, Sprüngen entlang des Käfigs, Löwenbar und Hochsitzen sowie Tricks in kleinerer Formation, wie Fächer und Abliegen von vier Tieren, dem Überspringen von drei Artgenossen oder von Tierlehrer Lacey überzeugt aber natürlich auch der aktuelle Auftritt. Im Zusammenspiel mit dem Mähnenlöwen „Kassanga“ im schnellen Wechsel zwischen Prankenschlägen und Schmuseeinheiten oder bei der abschließenden Fahrt des weißen Löwen „King Tonga“ auf der Spiegelkugel wird die besondere Verbundenheit von Lacey mit seinen Tieren deutlich. Das Publikum feiert das menschlich-tierische Team dafür regelrecht; da bräuchte es Laceys weitere Animationsversuche gar nicht.


Les Rossyann, Petra Duss

Mit der Familie Duss und ihren Tieren konnte zudem die aktuell beste Seelöwen-Darbietung engagiert werden. Das umfangreiche Repertoire wird spielerisch und mit sichtlicher Freude an der Sache, bei Mensch wie Tier, umgesetzt. Besonders die Tricks, in denen die Tiere interaktiv agieren, sind kaum zu übertreffen. In der besuchten Vorstellung sorgen die Duss´schen Seelöwen denn auch mit für die größte Begeisterung. Die besten ihres Genres sind freilich auch die Musikalclowns Les Rossyann. Spaß machen sie auch dann, wenn sie in den Nachmittagsvorstellungen nicht auf ihr hervorragendes musikalisches Können zurückgreifen, sondern sich stattdessen amüsant  um das „Fangen der Pistolenkugel mit dem Mund“ kümmern. Mit ihren weiteren kurzen Intermezzi haben sie es im enorm großen Krone-Zelt schwer, da diese meist im Zuschauerraum gespielt werden, während das Publikum von den Umbauten in der Manege abgelenkt wird.


Finale

Die langen Umbauten sind freilich nach wie vor ein Manko der Produktion. Aufgrund der großen Requisitenwechsel und der Fülle der Spitzennummern sind sie unvermeidbar, werden aber leider nicht in allen Fällen überbrückt. Bei anderen Gelegenheiten bleibt die Manege im Dunkeln. Das Tempo, welches die einzelnen Nummern ja haben, geht so ein wenig verloren; die Show im Gesamtpaket bekommt so nicht den „Drive“, den sie haben könnte. Schade, denn die Möglichkeit zur Überbrückung ist ja gegeben, immerhin werden zehn Damen und drei Herren als Tänzer/innen beschäftigt. Neben dem Auftritt im Eröffnungscharivari begleiten diese aber nur bei Elefanten, Pferden und kurz vor dem Todesrad die eigentlichen Darbietungen. Mehr Auftritte wären hier wünschenswert; zudem könnten die Tänzer auf der Bühne bereits agieren, während die Umbauten in der Manege noch laufen. Der Revue-Stil, oftmals kritisiert, könnte also die Lösung sein – ganz so wie beim genialen Finale, wenn das exzellent tanzende Ballett mit einem Querschnitt durch die Musikgeschichte den passenden Rahmen für die Verabschiedung der Artisten sorgt.

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Text: Benedikt Ricken; Fotos: Tobias Erber