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Circus Nock - Tour 2013
www.nock.ch ; 78 Showfotos

Neuchâtel, 29. März 2013: Ein klassisches und starkes Circusprogramm, das hervorragend in Szene gesetzt ist: Mit dieser Kombination überzeugt 2013 einmal mehr – oder sogar mehr denn je – der Schweizer Circus Nock. Harmonisch zusammengestellte Nummern, exquisites Licht, neuerdings mit LED-Technik, und das gewohnt exzellente Orchester unter der Leitung von Tadeusz Kròl gehören hier zu den Konstanten. Unter der Regie von Alexandra Nock und ihres Mannes Javier Perez wurden die Nummern zu einer flüssig ablaufenden Show ohne wahrnehmbare Umbaupausen zusammengesetzt.

Dieses Kunststück ist trotz größerer Requisitenwechsel gelungen. Mehr als einmal gehen die Artisten nach vorne ab, präsentieren zwischen Logen und Tribüne einen kleinen Epilog ihrer Darbietung, bis die Manege für die nächste Nummer vorbereitet ist. So ergibt sich ein wunderbar straffer Ablauf. Es geht Schlag auf Schlag.


Opening

In der dritten Saison in Folge sind die Schweizer Erzkomödianten Gaston und Roli mit dem Circus Nock auf Tournee. Abermals präsentieren sie neue Szenen, heuer erstmals ohne Verena Nock als bisherige seriöse Partnerin. Zum Auftakt der Show sucht Roli nach seinem Partner, findet im Publikum aber nur einen „Zuschauer“, der sich im turbulenten Opening zum Clown schminkt. Damit ist auch Gaston in der Show angekommen – eine kleine Anleihe beim langjährigen Roncalli-Opening mit David Larible. In ihren späteren Auftritten haben Gaston und Roli Abstimmungsschwierigkeiten beim gemeinsamen Singen, machen Musik auf Fingerpfeifen, zaubern ein buntes Tuch auf die andere Seite der Manege und liefern sich ein Duell in Zeitlupe.


Franziska Nock, Gaston und Roli, Anouchka Bouglione 

Anouchka Bouglione eröffnet die Spielfolge mit ihren Hula Hoop-Reifen. Sie lässt vier Reifen variantenreich um ihren Körper kreisen, fängt 17 vom Partner zugeworfene Ringe und schließt effektvoll mit drei Feuerreifen. Franziska Nock hat einen schönen Dressurblock zusammengestellt. Zunächst präsentiert sie ein weißes Schulpferd am langen Zügel, auf einem braunen reitet sie zum Abschluss anspruchsvolle Figuren, schließt mit Pirouette und Steiger. Dazwischen dirigiert sie sechs Freiheitspferde in schwarz und weiß zum live gespielten Grand Prix-Hit „Euphoria“, unter anderem mit zwei Varianten des Gegenlaufs und effektvollen Steigern. Ihr neuer Assistent Paolo Finardi ist zudem mit einem Pony zu sehen. Die zweite Tiernummer des Programms vereint je zwei Esel und Kamele in einer neu zusammengestellten Freiheitsdressur. 


Duo Lyd, Alex Durand

Diabolospieler Alex Durand gefällt nicht nur mit seinem erstklassigen Verkauf, bei dem er den Kontakt mit dem Publikum offensiv sucht und findet. Zu fröhlicher Musik lässt er auch bis zu drei Diabolos sicher übers Seil tanzen und in die hohe Kuppel fliegen. „Im not strong enough to stay“, heißt es in der Musik vom Band bei der Mastenakrobatik des männlich-weiblichen Duos Lyd aus Kuba. Das ist echtes Understatement, denn Kraft und Stärke beweisen die beiden Artisten in ihrer sinnlichen Kür zur Genüge. Wenn er sich horizontal von der Stange wegdrückt und die Partnerin auf ihm steht, wenn er die „menschliche Flagge“ zeigt. Wenn sich der Partner nur mit einem Arm am Masten hält und die Partnerin auf seinen Füßen liegt, oder wenn sie sich zum Abschluss im Nackenwirbel dreht. Auch die Fahrradnummer des Duos im zweiten Programmteil begeistert. So steht die Partnerin auf einem Bein auf den Schultern des Partners, während er „herkömmlich“ geradeaus fährt. Bei seiner Rückwärtsfahrt, auf dem Lenker sitzend, drückt die Partnerin einen Handstand auf seinen Schultern – und wenn das Gefährt stillsteht, steht sie auf dem Kopf des Partners.

 
Reinaldo Monteiro, Zuma Zuma, wheeLoco 

Die sechs Kenianer der bekannten Truppe Zuma Zuma umrahmen die Pause. Als temperamentvolle Pyramidenbauer liefern sie einen mitreißenden Abschluss der ersten Programmhälfte, wenig später eröffnen sie die zweite Hälfte mit Limbotanz – bis die brennende Stange nur noch auf zwei Flaschen ruht – und Reifenspringen. Leider gibt es noch ein zweites Mal Bandmusik, und zwar bei der Tücherarbeit von Lisandra Sanchez (Kuba), die ihre kunstvollen Abfaller zu spanischen Gitarrenklängen präsentiert. Einen Höhepunkt des Programms liefert der Portugiese Reinaldo Monteiro mit seiner erstklassigen Rola Rola-Nummer. Im zweiten Anlauf gelingt die Balance auf dem Turm aus acht Zylindern und Rollen, und das Publikum auf den Rängen tobt an diesem „stillen Feiertag“ Karfreitag! Eine große Schau ist schon der Aufbau des Todesrades, der mit Licht, Musik und einer Tänzerin ganz groß in Szene gesetzt wird. Mit Seilspringen, Blindlauf und hohen Sprüngen auf dem Außenrad sorgt das kolumbianische Duo „wheeLoco“ für einen würdigen Abschluss dieser Show.

Das Programmmotto „Nostalgie“ führt fast schon in die Irre: Natürlich bietet die Familie Nock mit ihrem neuen und außerordentlich gelungenen Programm klassischen Circus, aber dieser wird ganz auf der Höhe der Zeit präsentiert. Und so wundert es nicht, dass große Teile des Publikums beim Finale im Stehen applaudierten – ein höchst seltenes Bild in einer Nachmittagsvorstellung.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber