Mitwirkende sind Direktor Roland Krämer, seine Töchter, die
Familie seiner Schwester Carmen Leyseck und Schwiegersohn in
spe Jeffrey Hein, Partner von Virginia Krämer. Sie alle
beherrschen ihr artistisches Handwerk wunderbar. Hein ist gar
Absolvent der Artistenschule in Berlin, Virginia hat im
vergangenen Winter ebenfalls dort trainiert. Doch damit ist
Rolandos nur sehr unzureichend beschrieben. Denn nicht ohne
Grund firmieren die Krämers als „Traumzauberzirkus“. Die
einzelnen Nummern sind in eine durchgehende Handlung
eingebunden. Diese wird professionell umgesetzt, ohne trotz
ihrer Einfachheit plump zu wirken. Für Regie und Choreographie
wurde einmal mehr die GOP-erfahrene Anett Simmen gewonnen. Die
Kostüme sind wundervoll, die teilweise eigens komponierte
Musik vom Band ist perfekt ausgewählt und zusammengestellt.
Während der Vorstellung spürt man, mit wie viel Herzblut alle
Akteure bei der Sache sind. Dieser Circus verzaubert wirklich,
animiert zum Träumen. Ganz so, wie es der Name verspricht.
Im Opening
tanzen vier schwarze Herren im Dunkeln. Um Farbe ins Spiel zu
bringen, verteilt Scarlett (Krämer) bunte Tücher. Die kommen
dann auch gleich bei ihrem in die Eröffnungsszene integrierten
Seiltanz zum Einsatz. Dabei springt sie nicht nur darüber,
sondern präsentiert viele weitere Tricks. Als sie die Tücher
wieder einsammelt, ist die Farbe verschwunden, die Tücher sind
schwarz. Gemeinsam mit Traumzauberer Rolandos, ihrem Vater
Roland Krämer, macht sie sich auf die Suche nach den Farben.
In jeder der folgenden Darbietungen finden sie eine neue. Beim
Finale schließlich hängen bunte Tücher aus der Kuppel
herunter, die bunte Welt ist wieder hergestellt.
Virginia, Scarlett, Angelique
Erste
Station ist Kugelläuferin Virginia (Krämer), ein Traum in weiß.
Wenngleich sie die prächtigen Federn schnell wieder ablegt, ist sie
dennoch perfekt gewandet. Perfekt und einzigartig sind ebenfalls ihre
Balancen auf einer großen weißen Kugel. Schon die Hula Hoop-Künste und
das Überqueren einer Wippe sind sehenswert. Richtig spannend wird es
aber, wenn Virginia drei schiefe Ebenen in große Höhe hinauf
balanciert. Der Schwierigkeitsgrad scheint enorm, und der Verkauf ist
perfekt. Nach ihrem eigentlichen Auftritt legt sie eine Schriftrolle in
eine Truhe, die den beiden Begleitern durch die Show einen Hinweis auf
die nächste Nummer gibt. Und das ist eine von ihnen selbst vorgeführte
Hunderevue. Die Vierbeiner werden mittels einem von einem Pony
gezogenen Wagen hereingefahren. Die lebhafte Vorführung beinhaltet
unter anderem Sprünge und das Laufen auf den Hinter- sowie
Vorderbeinen. Den turbulenten Abschluss bildet die Rutschpartie der
gesamten Truppe. Sogleich nehmen Scarlett und Roland Krämer in einer
Loge Platz, um aus einem großen Buch eine Geschichte vorzulesen, die in
der Manege lebendig wird. Als Lady im hellen Kleid mit Hut und Schirm
erscheint Angelique (Leyseck). Kurz darauf reitet ihr Bruder John als
Vampir auf einem Pferd um sie herum. Er bekommt das Mädchen zu fassen
und schon hat sie ein schwarzes Kostüm an, in welchem sie ihre Kür an
Tüchern zeigt. Diese enthält neben bekannten Tricks auch das Drehen von
Hula Hoop-Reifen mit Armen und Beinen. Schön ebenfalls der Effekt, wenn der
reitende Vampir das Tuch in der Hand hält und somit ordentlich
für Bewegung sorgt.
Jeffrey Hein und Roland Krämer, Andreas Leyseck, John
Dann ist
es Zeit für die erste clowneske Einlage, bei der August
Jeffrey Hein dem Magier ein Glas „Wahrheitswasser“ anbietet,
dessen Inhalt wenig schmackhaft ist. Schließlich stammt die
Flüssigkeit direkt aus der Tierschau. Während die beiden ihren
Schabernack treiben, werden die umfangreichen Requisiten für
die große Haustierrevue von Carmen und Andreas Leyseck
aufgebaut. Ziegen, Hunde und Esel üben sich darin im
Balancieren und Springen. Die manegenfüllende Nummer wird sehr
liebevoll in folkloristischer Aufmachung präsentiert. Am Ende
voltigieren gar jeweils ein Hund und eine Ziege auf den beiden
Eseln. Drei Girls in schwarz tanzen zu Laserstrahlen durch das
Chapiteau und verkürzen so den Aufbau des Todesrads. Dieses
ist zu recht Schluss des ersten Programmteils. John Leyseck
hat sein Requisit in Eigenregie entwickelt und zum größte Teil
auch selbst gebaut. Diese Leistung beeindruckt fast genauso
wie die rasante Show, die er abliefert: Lauf mit verbundenen
Augen, Seilspringen und Jonglagen mit brennenden Fackeln –
alles ist dabei. Als Höhepunkt gibt es sogar einen Salto im
Rad. Mit schnellen Touren auf dem Außenrad beendet er seinen
Auftritt, der eine mehr als attraktive Pausennummer abgibt.
Die nachfolgenden 20 Minuten werden mittels fünf Schirmen
angekündigt.
Carmen Leyseck, Roxana, John und Jeffrey
Zwei
Tierdarbietungen der Familie Leyseck eröffnen den zweiten Teil.
Zunächst präsentiert Andreas jeweils drei Dromedare und braune Araber
in gemeinsamer Freiheit. Es ist eine harmonische Vorführung, die
naturgemäß aus viel Laufarbeit besteht. Quasi einen Spielplatz stellt
Carmen ihren schneeweißen Tauben zur Verfügung. Im Bollywoodstil lässt
sie diese wippen und Karussell fahren. Natürlich sind noch mehr Tricks
zu sehen, die von Carmen äußerst gewinnend dirigiert werden. Die beiden
Reisebegleiter nehmen uns mit in die Welt von Roxana. Sie jongliert mit
den Händen, vor allem aber den Füßen. Sind mit den Händen Reifen und
Keulen ihre Requsiten, hält sie mit den Füßen Bälle, eine Stange und
eine Walze in Bewegung. Beim Schlusstrick sind dann alle vier
Extremitäten involviert, wenn Roxana „mit dem Feuer spielt“. Clownerie
wird in dieser Show dankenswerterweise wohl dosiert eingesetzt,
wenngleich die Auftritte auf ganzer Linie überzeugen. Neben der bereits
erwähnten Reprise gibt es ein Entree um eine Tanzpuppe aus Amerika.
John bekommt sie geschenkt, Jeffrey macht sie kaputt und darf sogleich
selbst in Frauenkleider schlüpfen, um so die Zerstörung zu vertuschen.
Das gelingt natürlich nur bedingt, ist aber ein herrlicher Spaß. Alle
Akteure spielen ihre Rollen ganz hervorragend, es ist ein Vergnügen
erster Klasse.
Virginia, Roland Krämer, Rolandos Reitertuppe
Noch einmal erleben wir Virginia. Diesmal als Indianerin am Trapez.
Stilecht kommt sie mit Federschmuck auf einem Westernpferd
hereingeritten, um sich direkt vom Sattel unter die Kuppel zu begeben.
Nachdem sie verschiedene Tricks wie Spagat, Zehenhang und Nackenwirbel
gearbeitet hat, wird sie wieder von ihrem Pferd abgeholt. Bei der
Tücherzauberei von Roland Krämer darf an diesem Nachmittag die Mutter
von Jeffrey Hein aus der Loge heraus assistieren. Ihrem Sohn gehört die
nächste Nummer. Seine an der Berliner Artistenschule geschliffene
Handstandakrobatik ist ein weiterer Höhepunkt in diesem Programm
und wäre es auch in vielen anderen Produktionen. Sehr kraftvoll
präsentiert er die verschiedensten Schwierigkeitsgrade dieses Genres.
Es ist ein äußerst starker, gut durchdachter Auftritt. Dass Jeffrey
einen Schalk im Nacken hat, weiß ich spätestens, seit er mir vor vier
Jahren nach der Vorstellung der Absolventenshow in Darmstadt äußerst
schlagfertig seinen Lebenslauf erzählte. Genauso sympathisch kommt er
jetzt in der Rolandos-Manege rüber. Einzig sei die Bemerkung erlaubt,
dass die Nummer damals in Jeans und weißem Shirt deutlich
passender „verpackt“ war als jetzt im Glitzeroutfit. Den Schlusspunkt
setzt die Jockeyreiterei von Scarlett, Angelique und John, welcher
gleich mit einer Traumzauberzirkus-Fahne in der Hand stehend
hereingeritten kommt. Auf und an einem Kaltblüter zeigt das Trio das
Einsammeln von im Sägemehl liegenden Tüchern, einen Zwei-Personen-Turm
und Jonglagen. Bei der Schlussrunde sind alle drei gemeinsam auf dem
Pferderücken.
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