Die Reise
findet statt in einem nagelneuen 32-Meter-Chapiteau, das der
Cirque Starlight zu seiner aktuellen Jubiläumssaison angeschafft
hat, ebenso wie eine hochmoderne und sehr edle Sitzeinrichtung
mit gepolsterten Klappsitzen. Die Stühle sind von gleicher
Bauart wie im Schweizer National-Circus Knie, jedoch dunkelblau
statt rot, und gruppieren sich U-förmig um die Bühne. Bei
längeren Gastspielen wird die Tribüne mit zehn Reihen und 850
Plätzen, bei kürzeren mit acht Reihen und 600 Plätzen aufgebaut.
Das neue Material dokumentiert auch den Erfolg des Unternehmens,
das heuer auf 25 Jahre seines Bestehens zurückblickt. 1988
verließ Heinrich Gasser mit seiner Frau Jocelyne das elterliche
Unternehmen „Olympia“; seitdem reisen beide mit ihrem Circus
Starlight. In den ersten Jahren gab es bei Starlight klassische
Circusprogramme zu sehen. Dies änderte sich radikal, als der
älteste Sohn Johnny mit neuen Ideen von seiner Ausbildung an der
Circusschule in Montréal zurückkehrte: Seit 2002 präsentiert der
Circus Starlight nun Programme im Stile des „Nouveau Cirque“
franco-kanadischer Prägung, eine Mischung aus Artistik, Theater,
Komik, Poesie
und Tanz. Ein Konzept, das in der Deutschschweiz nicht ankam, in
der französischsprachigen Westschweiz und im
italienischsprachigen Tessin jedoch umso größeren Erfolg hat und
laut Heinrich Gasser immer mehr Besucher anzieht. So
konzentriert sich Starlight heute auf eine viermonatige Tournee
vorwiegend in diesen Landesteilen, während 2013 nur noch zwei
Orte in der Deutschschweiz bespielt werden.
Duo CéO,
Christopher Gasser, Anna Abrams
„Entresort“
ist wiederum in einer sechswöchigen Probenphase im
Winterquartier in Porrentruy entstanden, zum dritten Mal in
Folge unter der Regie von Stefan Hort. Zum siebenköpfigen
Kreativteam gehörten außerdem Edgar Zendejas (Choreographie),
Thierry Epiney (Komposition, Musikproduktion), Frédéric Baudouin
(Bühnenbild), Fanny Gautreau (Kostüme), Aurélie Schwartz
(Assistenz Kostüme/Konfektion) und Robert Naescher (Licht).
Gemeinsam schicken sie ein sehr buntes Völkchen auf die Bühne,
das hinter vielen Türen immer wieder neue Erinnerungen an die
Vergangenheit der Akrobaten, Clowns und Gaukler in ihren
Schaubuden findet. Den Auftakt machen Gabriel Zeller und Magalli
Simeone alias Duo CéO (Schweiz) mit ihrer ganz exakt und sauber
gearbeiteten Hand-auf-Hand- und Wurfakrobatik. Mit
anmutig-kunstvollen Verstrickungen am Vertikalseil überzeugt
Anna Abrams (Deutschland). Der jüngere Gasser-Sohn Christopher
ist für die Jubiläumssaison als Clown zu Starlight
zurückgekehrt. Und so gerät er mit dem Kopf in eine
Einkaufstasche, was ihn wie ein Hund aussehen und - über den
Boden schnüffelnd – so agieren lässt. Später machen ihn zwei
Teesiebe auf den Augen zur Fliege, die ins Netz geht. Im Jahr
2014 wird Christopher Gasser ein Engagement beim Silver Circus
in Australien antreten.
Brian Dresdner und
Jean-Philippe Deltell, Ferkel Johnson,
Anaëlle Molinario
Zweiter
Komiker und allgegenwärtiger Mime im aktuellen
Starlight-Programm ist Ferkel Johnson (Deutschland), eine Art
Wandler zwischen den Geschlechtern, der sich via Kostümillusion
in eine Dame im eleganten roten Abendkleid verwandelt. Als
Illusionist zaubert Johnson aus einer brennenden Kiste die
französische Kontorsionistin Anaëlle Molinario. Die unglaubliche
Weichheit und Beweglichkeit, die sie demonstriert, lässt alle
Floskeln von „Schlangenfrau“ bis „Frau ohne Knochen“ scheinbar
wahr werde. Bravo! Als sicherer Jongleur im „klassischen
Circusstil“ tritt vor der Pause Brian Dresdner (sechs Keulen,
sieben Bälle, neun Ringe, fünf Strohhüte) aus Argentininen auf.
Kein Wunder, dass dieser „Traditionalist“ nichts von seinem
„innovativen“ Kollegen Jean-Philippe Deltell (Kanada) hält, der
im zweiten Programmteil mit lediglich vier Ringen schöne Bilder
in die Luft zeichnet. Eine Art „Jonglierduell“ zeigt dann aber,
dass die Vertreter des „klassischen“ und des „modernen“ Circus
beide die technischen Fähigkeiten besitzen, um gemeinsam zwölf
Ringe in einer Passingjonglage in der Luft zu halten.
Juliette Christmann und
Rachel Schiffer, Jean-Philippe Deltell, Tom Cholot und Cedrik
Pinault, Baptise Raffanael
In die
Luft geht es außerdem bei der den schönen Flugpassagen von
Juliette Christmann (Frankreich) und Rachel Schiffer (USA) am
Fangstuhl, u.a. mit longengesicherten Salti. Die vorproduzierten
Musikeinspielungen werden in dieser Saison von der Schweizer
Musikerin Ursina Kappenberger ergänzt, u.a. während eines
Violinenspiels, bei dem sie vom Ensemble auf Händen getragen
wird und über die Kollegen steigt. Zu den schrägsten Gestalten
inmitten der Schaubuden gehört der uniformierte Polizist in
pinken Damenpumps, Baptise Raffanael aus Frankreich, der seine
kraftvolle Handstand- und Kopfstandequilibristik auf einem
Einkaufswagen zelebriert. Dazu arbeitet Gabriel Zeller vom Duo
CéO meist synchron am Boden. Den Abschluss bieten gemeinsame
Balancen auf dem Einkaufswagen. Schließlich konnte die Familie
Gasser heuer eine besonders attraktive Schlussnummer
verpflichten: Jean-Philippe Deltell, Tom Cholot (beide Kanada),
Olivier Lefebure (Belgien) und Cedrik Pinault (Frankreich) kombinieren ein großes Trampolin mit
einer dahinter stehenden Hauskulisse. Und so gehen die Artisten die Wände hoch, springen in die Fensteröffnungen oder
auf das Dach des Hauses und zurück, selbstredend kombiniert mit
Salti und Pirouetten verschiedenster Art. |