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Zirkus Charles Knie - Tour 2014
www.zirkus-charles-knie.de ; 85 Showfotos

Northeim, 15. März 2014: Man kommt einfach ins Schwärmen, wenn man über den Zirkus Charles Knie und sein Programm 2014 spricht: Gleich fünf Tiernummern – und was für welche! Durchweg junge Artisten mit toller Manegenpräsenz. Ein Clown, der nicht nur witzig ist, sondern mit eigenständigen Ideen statt der zwanzigsten Version bekannter Reprisen überzeugt. Dazu ein hervorragendes Orchester und ein wunderbares Lichtdesign. Ein Ballett in herrlichen, größtenteils neuen Kostümen bei nie zu langen Auftritten. Das kompakte Chapiteau bietet genau den richtigen Rahmen, damit Atmosphäre entstehen kann.

Dafür, dass die neuen Darbietungen und Balletteinlagen eine flotte, überzeugende Show ergeben, war in den Tagen vor der Premiere einmal mehr Louis Knie senior zuständig. Das ist wie immer gut gelungen, wenngleich sich in den kommenden Wochen sicher noch Veränderungen ergeben werden. Beim Zirkus Charles Knie darf sich ein Programm zum Glück entwickeln, einspielen. Insbesondere fehlt mir noch eine Person, die das Publikum durch die Show begleitet. Sprechstallmeister André Riedesel ist ausgeschieden. In Northeim übernahm der vom Heilbronner Weihnachtscircus bekannte Fabian Egli einige der Ansagen aus dem Off. Er wird aber nicht mit auf Tournee gehen. Die weiteren, kurzen Ansagen und die Verabschiedung beim Finale kommen von Yves Nicols.


Cesar Dias

Prädestiniert als Begleiter durch die Show ist natürlich Cesar Dias. Der portugiesische Spaßmacher hat die Rolle quasi schon übernommen. Jedoch wäre es wünschenswert, wenn er noch öfter in die Manege dürfte statt Umbaupausen zu überbrücken. Gleich drei seiner Auftritte finden zu Saisonbeginn auf dem Gradin statt. Auch eine Einlage vor dem eigentlichen Beginn der Show wie im vergangenen Jahr erscheint sinnvoll. Dias ist so oder so ein Gewinn. Er begeistert mit seinen bekannten Einlagen wie dem Duell oder der singenden Säge. Neu ist die Reprise, bei der er mittels einer Steinschleuder einen Luftballon zerschießt. Ein Junge aus dem Publikum ist hier der Partner. Seine Mimik ist hinreißend, das Publikum liebt ihn und geht begeistert mit. Das gilt insbesondere für die pannenreiche Version von „My way“, die er mit einem Sinn für Gags und Timing spielt, wie es eben nur ein Cesar Dias kann. Einfach unerreicht.


Ballett

Eröffnet wird das Programm vom Ballett. Die vier Damen haben sich für diese Saison sehr geschmackvoll neu eingekleidet. Gleich zum Opening gibt es neue Kostüme. Ebenso für die Pferdenummer, den Auftritt vor den Raubtieren und beim Finale. Geblieben sind die aufwendigen Outfits zum Exotenzug, dem Fliegenden Trapez und den Seelöwen. Schön auch der Effekt nach der Pause, wo zusätzlich zum Tanz des Balletts im Zentralkäfig Artistinnen in den bekannten afrikanischen Kostümen in den Aufgängen stehen und so die Zeit überbrücken, in der die Tiere den Zentralkäfig betreten.


Tom Dieck junior

Die große gemischte Raubtiergruppe mit Tom Dieck junior ist natürlich der spektakulärste Neuzugang. Dieck vereint neun prächtige Raubkatzen zu einer imposanten Pyramide und dirigiert sie bei den weiteren Tricks. Darunter das selten gezeigte Laufen zweier Tiger auf sowie in einem großen Rad. Die beiden weißen Löwen sind ein ganz besonderer Hingucker und haben folgerichtig einen Platz auf dem Plakat zur Tour bekommen. Ebenso prächtig sind die zwei großen Liger. Den größten Teil der Tricks arbeiten jedoch die fünf Tiger. Tom Dieck junior ist zudem ein eleganter Vorführer, der seine Tiere optimal in Szene setzt. Sich und seine drei Elefantendamen verkaufen kann bekanntermaßen auch Elvis Errani. Seine Vorführung läuft äußerst flott ab. Die Choreographie mit drei Reiterinnen ist wunderbar flüssig und beinhaltet viele effektvolle Bilder. Neu sind in diesem Jahr zwei Tricks mit einem Schleuderbrett, mit welchem einer der Elefanten Errani in die Luft katapultiert. Diese beiden engagierten Tierdarbietungen gehören wohl aktuell zum Besten, was die Genres zu bieten haben.


Marek Jama

Marek Jama lässt einmal mehr staunen, wie er mit dem großen Tierbestand des Zirkus Charles Knie immer wieder neue, ungeheuer ansprechende Darbietungen kreiert. Die Pferdeshow hat er nicht nur neu choreographiert – statt Wiener Walzer gibt es eine moderne Fantasie –, sondern auch die Dressurabläufe neu zusammengestellt. Den Anfang macht das Flechten von drei Friesen, der komplette Sechserzug schließt sich an. Sechs Ponys komplettieren die Gruppe, sodass schließlich zwölf Pferde in zwei verschiedenen Größen gemeinsam durch die Manege laufen. Bei den Steigern sind dann auch die Araber zu sehen. Sei es im Solo als Rundsteiger oder zu dritt im Vorwärtslauf auf den Hinterbeinen. Noch mehr Tiere gehören zum großen Exotentableau. Es geht los mit einer Freiheit. Vier Kamele starten. Hinzu kommen jeweils vier braue Araber und Zebras. Es ergibt sich ein imposantes Bild, wenn alle Vierbeiner nebeneinander stehen und die Araber steigen. Weiter geht es mit Kamelen und Rindern. Laufvögel und ein Känguru sorgen für die besonderen Effekte. Eine Gruppe von Lamas schließt diesen wunderbar präsentierten Block ab. Übersichtlicher ist hingegen Marek Jamas Seelöwendressur, hat er es doch mit „nur“ zwei Partnern zu tun. Stefanie und Kulus arbeiten ihr bekanntes Repertoire. Neu war für mich das Fangen eines mit einer Wippe in die Luft katapultierten Balls.


Flying Costa, Yves Nicols, Nicol Nicols

Zurückgekehrt zum Zirkus Charles Knie ist Saulo Mendonca. Jetzt ist er Teil der Flying Costa, die somit als Quintett auftreten. Höhepunkte ihrer Darbietung am Fliegenden Trapez sind der Dreifache von Arnaldo und die Passage. Den zusätzlichen Thrill bringt der Sturz aus der Kuppel. Yves Nicols begleitet den zweiten Teil ihres Auftritts mit Gesang. Natürlich erleben wir Nicols auch als feurigen spanischen Jongleur, der die verschiedensten Requisiten durch die Luft wirbelt: Bälle, Bumerangs, Keulen und Sombreros. Assistiert wird er dabei von Partnerin Ambra, die ihre eigene Persönlichkeit einbringt. Wunderbar kommt dies bei ihrer gemeinsamen Tüchernummer zur Geltung, die Ambra und Ives jetzt zu Roxanne von The Police zeigen. Leider müssen wir an diesem Nachmittag aufgrund eines Defekts am Motor ihres Requisits auf diesen Auftritt verzichten. Neu im Programm ist Yves Bruder Nicol Nicols. Sein Metier ist der Tanz auf dem Drahtseil. Auch er verhehlt seine Herkunft nicht, weshalb Spanien bei Kostüm und Musik Pate steht. Seine Nummer lässt keine Wünsche offen. Vom Seilspringen bis zu Vorwärts- und Rückwärtssalto ist alles dabei. Damit das Programm gleich richtig in Schwung kommt, fegt das Duo Medini zu Beginn mit Rollschuhen über eine runde Plattform. Die sympathischen Geschwister Vanessa und Emanuel arbeiten ihre teilweise sehr riskanten Tricks äußerst flott und immer mit Kontakt zum Publikum. Ein Zuschauer kommt sogar in den Genuss einer Mitfahrt. Priscilla Errani gibt wiederum die Spinne im Netz und erweist sich als Meisterin des Hula Hoop. Ihre unzähligen Reifen lässt sie mit der passenden Dosis Sexappeal um ihren Körper kreisen. Hinreißend ist zudem ihr Manegenoutfit.


Finale

Eine eigenständige Show in der Show ist das aufwendig zelebrierte Finale. Während das riesige Tier-Karussell über der Manege mit Luft gefüllt wird, singt Yves Nicols im Zuschauerraum das Lied „Gypsi“ von Lady Gaga. Die Artisten kommen mit roten Luftballons in Herzform herein, die Tänzerinnen haben beleuchtete Kostüme. Noch einmal genießen wir das fulminante Orchester. Insgesamt entsteht eine ausgefeilte Choreographie. Es herrscht Partystimmung der edlen Art.

Das Fazit fällt leicht: Mit dieser Produktion 2014 präsentiert der Zirkus Charles Knie in der Gesamtsicht das Beste, was es hierzulande in der Kategorie „klassischer Circus“ zu sehen gibt. Es ist alles dabei, was zu einem „richtigen“ Circusprogramm gehört. Die Präsentation ist mitreißend, modern, perfekt und trotzdem sehr sympathisch. In den kommenden Tagen wird es sicher noch die ein oder andere Umstellung geben. Es verwundert nicht, dass zum Start in Northeim ausverkaufte Vorstellungen die Regel waren. Dies ist in erster Linie ein Verdienst des neu zusammengestellten Teams im Bürowagen. Denn auch hier sorgt ein starkes Ensemble für den Erfolg.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch