Dazu gibt es eine recht aufwendige Dekoration, eine kleine
Rahmenhandlung, einen Freak sowie das für den Circus neue Genre
des „Erschreckers“. Menschen also, denen es Spaß macht, sich
furchterregend zu verkleiden und Zeitgenossen einen Schauder
über den Rücken zu jagen. Mit diesem Konzept ist das Unternehmen
von Dana Fischer schon seit einigen Jahren auf Tournee. Sie war
die erste, die damit in Deutschland dauerhaft reiste. Worms,
Kaiserslautern und Hanau waren die ersten Stationen 2014, bevor
es nach Frankfurt am Main ging. Dort steht das weiß-cremefarbene
Chapiteau in der für Circusgastspiele selten genutzten
Gebrüder-Hommel-Anlage. Die mit schwarzen Planen überzogenen
hohen Gitterzäune bilden das Labyrinth, durch das sich der
Besucher den Weg in das Vorzelt bahnen muss. Im schaurig-düster
dekorierten Ambiente gibt es die letzten Stärkungen vor einer
Show für Menschen, die recht schmerzfrei sind. Zumindest wenn es
um das Betrachten von eher unappetitlichen Szenen geht. So wird
vor dem Opening der gruseligen Gestalten ein kleines Mädchen von
einem Horror-Clown mitgenommen. Zur Pause erscheint sie dann
erneut. Das weiße Kleid ist blutverschmiert, in der einen Hand
hält sie ein Messer, in der anderen den Kopf des Clowns.
Cesar Pindo, Ghostriders, Andrea Vegh
Im artistischen Bereich setzt das Programm einige
Ausrufezeichen. So etwa Cesar Pindo, der als Klischnigger die
Pausennummer bildet. Mit vergleichsweise dezenter Schminke kommt
sein Auftritt jenem recht nahe, den wir etwa beim letzten
Offenburger Weihnachtscircus erleben konnten. Seine
unglaublichen Verrenkungen führen den jungen Mann aus Ecuador
mit Irokesenschnitt letztendlich in einen gläsernen Würfel.
Passgenau faltet er seinen Körper hinein, bis auch der Deckel
geschlossen werden kann. Unter anderem von Flic Flac bekannte
Fahrer jagen als Ghostrider durch die Stahlgitter-Kugel, welche
während der gesamten Show den Hintergrund bildet. Insgesamt zu
dritt fahren sie kreuz und quer durch den „Globe of Death“. Eine
Zuschauerin darf den Nervenkitzel gar hautnah in der Kugel
erleben. Eine außergewöhnlich starke Kür am Vertikalseil
präsentiert Andrea Vegh. Laut Presseinfo ist sie bereits im
Cirque du Soleil aufgetreten. Dort sicherlich nicht mit – dank
Schminke – ramponiertem Gesicht. Die Tricks, die sie am von der
Kuppel herunterhängenden Tau präsentiert, sieht man sonst eher
an den Tüchern. Umso anspruchsvoller ist die hier gezeigte
Variante. Im zweiten Teil erleben wir Andrea Vegh zudem am
Luftring.
Reni Toth, Tibo
Riedesel, Marco Biasini
Ebenfalls zwei Auftritte hat Reni Toth. Zunächst ist sie als
Seiltänzerin zu bewundern. Dies sogar in typischer
Artistengarderobe und ohne Grusel-Gesichtsbehandlung. Anders
sieht das aus, wenn sie sich nach der Pause vom Bett aus an die
Tücherstrapaten begibt. Dann präsentiert auch sie sich dem
Horror-Thema entsprechend. Will heißen, Gesicht und Kostüm haben
eine ordentliche Ladung Kunstblut abbekommen. Mit Monster-Maske
auf dem Kopf arbeitet Tibo Riedesel seine Rola Rola-Artistik.
Jeweils vier Plastikbecher pro Lage sorgen für Abstand zwischen
den Brettern, die er übereinander stapelt. Hula Hoop-Reifen sind
die Requisiten von Gina, die diese schwungvoll um die
verschiedensten Körperteile kreisen lässt. Kaum wiederzuerkennen
ist Marco Biasini. Mit auf die Stirn geschobener Schutzbrille
und Gesichtsmaske jongliert er leuchtende Requisiten. Die Bälle,
Keulen und Reifen sind im Dunkel dank entsprechender Materialien
sichtbar. Die vier Fackeln aufgrund ihrer brennenden Enden. Der
Auftritt seiner Mutter Eliane Baraton ist für mich jener, bei
der die Horror-Aufmachung am befremdlichsten ist. Wie gerne
würde ich diese sympathische Vollblut-Artistin noch einmal mit
ihrem bekannten Gesicht und dem passenden Circuskostüm erleben.
Hier ist sie wirklich „bis zur Unkenntlichkeit“ zurechtgemacht
worden. Die Fußjonglagen mit zwei Gruselfiguren sind recht
unsicher. Offensichtlich sind diese speziell für den Horror
Circus ins Repertoire aufgenommen worden. Antipodenspiele par
excellence erleben wir dann aber mit großen Bällen und eben dem
bekannten Tisch.
Crazy White Sean, Giovanni Riedesel, Freddy Baronn
Während sich die Artisten also für diese Produktion an eine
komplett neue Aufmachung gewöhnen mussten, bleibt für Crazy
White Sean alles wie gehabt. Der Freak präsentiert gerne seinen
reich mit Tätowierungen überzogenen Oberkörper und macht auch
sonst einen reichlich schrägen Eindruck. Dieser setzt sich bei
seinen Aktionen auf der Bühne fort. Da tackert er sich
Papierschnipsel an die Stirn, träufelt sich Zitronensaft in die
Augen oder steckt sich fröhlich Kanülen durch diverse
Körperteile. Nicht zimperlich ist er mit seiner Nase. Er schlägt
einen Nagel in selbige und dreht einen Korkenzieher hindurch.
Offensichtlich sind derartige Aktionen ein „Muss“ für eine
solche Gruselshow. Nichtsdestotrotz schied Crazy White Sean noch
während des Frankfurt-Gastspiels (vorerst) aus dem Unternehmen
aus. Dana Fischers Lebensgefährte Giovanni Riedesel gibt den
Zeremonienmeister – nur echt mit Mikrofon im abgerissenen Arm –
und bringt mit seinen Feuerspielen zumindest etwas Licht in die
düstere Atmosphäre. Zudem leitet er das Spiel mit vier Stühlen
und ebenso vielen Gästen aus dem Publikum. Diese sind
ungewöhnlicherweise allesamt weiblich. Der Clown kommt hier mit
dem Motorrad. Verkörpert wird er von Freddy Baronn. Gegeben wird
die Gruselvariante des Messerbretts mit einem „mutigen“
Zuschauer. |