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Circus Nock - Tour 2014
www.nock.ch ; 72 Showfotos

Lausanne, 18. April 2014: Manchmal schreibt der Zufall die besten Geschichten. Nachdem man sich beim Circus Nock bereits kurz vor der Saisonpremiere von Jongleur Abere Alemayehu (Äthiopien) trennte, musste innerhalb kürzester Zeit ein Ersatz gefunden werden. Es wurde einer gefunden – und was für einer! Der jugendliche Michael Ferreri, knapp 18 Jahre alt, liefert mit seinen Balljonglagen nun ein großes Highlight der Show. Schnell, elegant und sicher hält er bis zu neun Bälle in der Luft. Seit seinem Engagement im Circus Royal 2011 ist aus dem Kind ein junger Mann mit viel Ausstrahlung geworden.

Sein besonderes Talent ist nicht nur uns aufgefallen: Bei den Festivals in Albacete/Spanien und Paris (Cirque de Demain) gewann der Sohn des spanischen Drahtseilartisten Miguel Ferreri und der Deutschen Ilona Bügler-Ferrei Anfang dieses Jahres jeweils Bronze, für 2015 ist er zum Nachwuchsfestival in Monte Carlo eingeladen. Zuletzt war er zwei Jahre lange beim Circus Vargas (USA) im Engagement.


Michael Ferreri

Das aktuelle Programmmotto „Nock – immer Nock“ beschreibt treffend, was hier Jahr für Jahr geboten wird: ein starkes, klassisches Circusprogramm ohne Schnörkel, das besonders von der musikalischen Begleitung profitiert. Die sieben Musiker rund um Kapellmeister Tadeusz Król spielen herrlich druckvoll. Auch wenn moderne Popsongs ins Repertoire einfließen, bleibt doch immer ein typischer Circussound erhalten. Hier würde auch das reine Zuhören Spaß machen – ohne Programm in der Manege. Doch freilich wird hier vieles geboten, was das Hinsehen lohnt.


Mikel Stoichev, Francesco Nock, Uber Ceballos Diaz, Simona Gheorghe

In dieser Saison ist Francesco Nock ins Familienunternehmen zurückgekehrt, das heute von seinen Tanten Alexandra und Franziska Nock geleitet wird, während seine Mutter Verena Nock aktuell nicht mitreist. Der 20-Jährige ist mit drei Nummern im Programm vertreten. Mit dem Todesrad wird gleich für einen Auftakt nach Maß gesorgt. Francesco Nocks Vater Mikel Stoichev zeigt hier auf dem Außenrad in dichter Abfolge und ohne Pause die Fackeljonglage, den Blindlauf, das Seilspringen und einige Sprünge. Francesco Nock bleibt im Kessel auf der anderen Seite des Rades. Vater und Sohn wagen sich außerdem gemeinsam mit Uber Ceballos Diaz (Kolumbien) in die Motorradkugel. Zu dritte rasen sie darin, während ihre Maschinen im abgedunkelten Zelt blau, weiß und rot leuchten. Außerdem drehen zwei Fahrer ihre Runden um Francesco Nocks hübsche Freundin Simona Gheorghe (Rumänien), die in der Mitte der Kugel steht. Als vorletzte Nummer im Programm zeigen Francesco und Simona als „Tarzan und Jane“ zur Meldodie von „You belong to me“ eine riskant-romantische Kür an den Tüchern. Auch die Partnerin fungiert als Porteur; mit dem Nackenwirbel findet die Nummer ihren Abschluss.


Franziska  Nock, Paolo Finardo, Sandro Rivoli

Doch in diesem Nock-Programm steckt noch mehr „Nock“, denn natürlich zeigt Franziska Nock wieder ihre Tierdressuren. Einen Sechserzug Freiheitspferde kombiniert sie heuer mit zwei Eseln und zwei Kamelen zu einer großen, attraktiven Darbietung, die gleich mit dem Gegenlauf beginnt. Nach einem Dreifachsteiger formieren sich die Hengste direkt anschließend zu Zweiergruppen, und in Gruppen wird um die abliegenden Kamele gelaufen. Die Hohe Schule zeigt Franziska Nock zunächst im Duett mit ihrem Manegenpartner Paolo Finardi auf weißen Pferden, dann solo auf einem braunen. Komplettiert werden die Tierdressuren durch eine engagierte Nummer. Monica Rivoli lässt ihre Pudel im Rock’n’Roll-Rhyhtmus durch Reifen und übers Seil springen, über Hürden laufen und eine Rutschbahn hinunter sausen. Ihr Mann Sandro Rivoli zeigt dagegen Illusionen mit Münzen, Spielkarten und einer von Säbeln durchbohrten Kiste, welcher die Partnerin selbstverständlich unversehrt wieder entsteigt.


Romy Megam, Gaston und Roli

Fast schon fester Bestandteil der Nock-Programme sind die beiden Schweizer Erzkomödianten Gaston und Roli geworden, die nunmehr in der vierten Saison in Folge mit immer neuen Nummern mit auf Tournee sind. Im Opening lassen sie sich diesmal als Bauarbeiter gerade noch davon abhalten, eine Straße mitten durchs Chapiteau zu bauen. Später kann das „Medium“ Gaston auf nicht ganz so geheimnisvolle Weise Gedanken lesen, wird ein Zuschauer am Messerwerferbrett gefoppt oder kommt Roli auf listige Weise zu seinem Drink. Auf der „musikalischen Jacke“ wird auch Musik gemacht. Neben den bestens bekannten Clowns war Romy Megam (Italien) mit ihren Antipodenspielen für uns eine Neuentdeckung. Mit Händen und Füßen jongliert sie drei Walzen, sechs Reifen und vier Tücher. Während die Tücher kreisen, lässt sie sich zum Abschluss an einem Beckengurt in luftige Höhe ziehen.


Power Brothers, Habesha Acrobats, Dream Circus Ethiopia 

Ein verwandtes Genre sind die ikarischen Spiele, und auch diese sind im Programm vertreten. Die Habesha Acrobats aus Äthiopien – alias Untermann Gabreanenya Meles und der allerdings noch sehr junge Flieger Mebrahtu Negasi – zeigen als Pausennummer zu „Waka Waka“ schwindelerregend schnelle Pirouetten und Salti. Mit einer Serie von über 40 Flic Flacs wird die Darbietung beschlossen. Mit zum Teil ungewöhnlichen Posen aus dem Hand-auf-Hand-Genre waren die Zwillingsbrüder Khusan und Khasan Saliev alias „Power Brothers“ aus Usbekistan zeitweise die Finalnummer im Programm. Inzwischen sind sie als vorletzte Nummer in den ersten Programmteil gerückt. Für den Schlusspunkt der Show sorgen nunmehr die vier Kontorsionistinnen des „Dream Circus Ethiopia“, womit dieses afrikanische Land ein weiteres Mal im Programm vertreten ist. In immer neuen Varianten türmen sich die Artistinnen aufeinander und demonstrieren dabei ihre Beweglichkeit.

Insgesamt bietet der Circus Nock ein Programm auf durchgehend hohem Niveau. Da scheint es nicht ganz einfach, die Darbietungen in die richtige Reihenfolge zu bringen – nach mehreren Umstellungen hat die aktuelle Spielfolge mit jener laut Programmheft kaum noch etwas zu tun; in der Tat bietet sich mehr als eine Darbietung als Schlussnummer an. Wir jedenfalls haben unseren Favoriten gefunden: die Jonglagen von Michael Ferreri, dem Glücksgriff der Nock-Saison 2014.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber