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Ohlala - Show 2014
www.circusohlala.ch ; 39 Showfotos

Dübendorf, 27. September 2014: Bereits zum vierten Mal haben Gregory und Rolf Knie ein außergewöhnliches Circusspektakel für Erwachsene geschaffen. Die neu als Titel gewählten Attribute „sexy, crazy, artistic“ sind denn auch die passenden Beschreibungen für diese Show. Diese allerdings beginnt bereits im großen Foyer, das mit Garten Eden, kleinem Casino, mehreren Bars mit aphrodisischen Getränken und einem Shop mit allerlei erotischen Utensilien ausgestattet ist. Freundliches Personal in knapper Bekleidung, witzige und erotische Walking Acts und Loungemusik tragen ebenfalls zum passenden Ambiente bei.

Und wer möchte, kann sozusagen als Vorspiel gar mit der Limousine anreisen oder mit der legendären Ju-52 in den siebten Himmel abheben. All dies hat natürlich seinen Preis, und so trifft man auf ein schick gekleidetes Publikum aller Altersklassen, das einen stilvollen und nicht ganz alltäglichen Abend erleben will. Das Chapiteau mit 880 Sitzen, darunter auch die sogenannten „Adam & Eva Logen“ und die „Himmel-Loge“, ist an diesem Abend bis auf den allerletzten Platz gefüllt. Und dies zeichnet sich in der Stimmung wieder, die von Beginn an ausgezeichnet ist – so wie man sie in jedem Circus gerne hätte. Anders als in den vergangenen zwei Jahren, wo man versucht hat, eine Inszenierung mit Rahmenhandlung aufzubauen, handelt es sich beim vierten Akt um ein Nummernprogramm mit fließenden Übergängen. Auch gab es weniger nackte Tatsachen zu sehen als noch im Vorjahr, was allerdings nicht heißt, dass die Show deswegen weniger lustvoll oder gewagt ist.


Duo Ars, Shenea Booth, Lucky Hell 

Sinnlich und erotisch startet die Show mit dem Duo Ars an den Strapaten. Kraftvolle Posen, etwa wenn Anastasiia Nasridinova im Überspagat in den Schlaufen hängt und Sergii Maliutin auf ihrer Schulter einen einarmigen Handstand drückt, werden geschickt in eine Geschichte um das gegenseitigen Umwerben verpackt. Ein Stilbruch folgt sogleich mit der Schwertschluckerin Lucky Hell als tätowiertes Pin Up. Sexy und lasziv, aber auch mit einer Prise Humor schluckt die Engländerin lange und verbogene Schwerter und als Spitzentrick gar zwei Schwerte auf einmal. Frauenpower kennzeichnet auch die Darbietung von Shenea Booth. Auf einem übergroßen Stiletto drückt die Amerikanerin kraftvolle Handstände. Besonders beeindruckend sind die fließenden Übergänge zwischen den Positionen.


Jean Pearl, Ballett

Wie die meisten Darbietungen wird auch dieser Act vom Ballett umrahmt. Ob in SM-Manier, mit Body Painting oder als Animal Dream, die tänzerischen Choreografien des Spaniers Fidel Buika sind auch eigenständige Nummern und ergattern zu Recht viel Applaus. Ebenso herausgestrichen werden müssen die deutsch-australische Sängerin Michelle Hoffmann alias Jean Pearl, die mit Glamour, Extravaganz und einer kraftvollen Stimme der Show ein Ausrufezeichen aufdrückt, und die vierköpfige Show-Band unter der Leitung von Orlando Ribar.


Duo Capa i Espasa, Otto Wessely, Les Beaux Frères 

Für die Komik im Programm sind in erster Linie Otto Wessely und seine langjährige Partnerin Christa zuständig. Egal ob auf plumpe Art mit Furzkissen oder mit den Kabinettstückchen der Magie, Otto Wessely versteht den großen Auftritt, sorgt für Lachsalven und zusammen mit „Les Beaux Frères“ für nackte Tatsachen. Die Disziplin der Beaux Frères Raphaël Dubé und Yohann Fradette-Trépanier nennt sich „Naked Towel Dance“ und ist damit auch am besten umschrieben. Nur mit Handtüchern bekleidet, betreten die beiden Kanadier die Bühne. Da die beiden ursprünglich Jongleure waren, folgt die logische Konsequenz sogleich. Witzig und geschickt jonglieren sie mit ihren Tüchern und kämpfen darum, keine ungewollten Blicke freizugeben. Gewagt, innovativ und schlicht umwerfend komisch. Weniger komisch dagegen empfanden wir das Duo Capa i Espasa alias Angel Amieva und David Moya Fernàndez, deren Zorro-Parodie uns als zu billig für das edle Ohlala-Ambiente erscheint. Hemmungslos, verführerisch, gewagt und witzig dagegen ist die Darbietung „Nasty Naughty Boy“, bei der ein Zuschauer ans Messerbrett gebunden wird, während seine Partnerin von den Tänzern mit Striptease umgarnt wird.


Francis Perreault, Samira Reddmann, Extreme Fly 

Für artistische Highlights sorgt zum einen Samira Reddmann aus Deutschland. Die Absolventin der staatlichen Schule für Artistik Berlin zeigt am Trapez mitreißende Bewegungen, spektakuläre Abfaller und weiß mit einer zur Musik passenden Inszenierung für schöne Momente zu sorgen. Zum andern darf Extreme Fly am Hochreck, die einzige Truppe in der diesjährigen Ohlala-Produktion, als Highlight gesehen werden. Die vier Spitzensportler aus der Ukraine springen von einem Reck zum nächsten, landen halsbrecherisch nach mehreren Salti auf der dicken Matte und sorgen mit gleichzeitigen Flugphasen für spektakuläre Bilder. Die beste Neuentdeckung allerdings ist Francis Perreault mit seiner Cyr Wheel-Darbietung. Der kräftige Kanadier benutzt sein Cyr Wheel zuerst als Luftring. Anmutig und ästhetisch fliegt er so durch die Luft. Dann steigert sich der Beat der Musik, die Stimmung ändert sich, und Francis kehrt auf den Boden zurück. Mit schnellen Drehungen kreist das Cyr Wheel nun über die Bühne, und der junge Artist zeigt im und auf dem Wheel kraftvolle Tricks. Eine traumhaft schöne Nummer, die für Begeisterungsstürme sorgt.

Anstelle eines Vorworts haben Gregory und Rolf Knie im Programmheft verschiedene Adjektive aufgelistet. „Delikat, mutig, sehnsüchtig, witzig, gewagt, skurril, tabulos, prickelnd, traumhaft, spielerisch, unwiderstehlich, faszinierend, inspirierend, verträumt“ heißt es da etwa. Und besser als mit diesen Adjektiven lässt sich der Liebescircus nicht umschreiben. Wer gerne hochkarätige Artistik in edler Club-Atmosphäre mit einem großen Schuss Erotik, außergewöhnlichen Ideen und teilweise nicht ganz jungendfreien Humor hat, der wird beim fünften Akt im nächsten Jahr bestimmt fündig.

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Text: Randy Scheibli, Fotos: Tobias Erber