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Circus Roncalli - Salto Vitale - Tour 2014
www.roncalli.de ; 120 Showfotos

Gütersloh, 31. August 2014: Allein auf seinen Circus Roncalli hat sich Bernhard Paul schon in den vergangenen Jahren nicht beschränkt. Viele weitere Produktionen gehören zum umfangreichen Portfolio des Circusdirektors, etwa gemeinsame Shows mit den Höhnern, der Kelly Family oder Symphonieorchestern, Dinnershows, verschiedene Märkte und das Apollo-Varieté in Düsseldorf. Jetzt gibt es erstmals einen kompletten zweiten Circus: „Salto Vitale“ feierte jüngst Premiere in Gütersloh. In den kommenden Monaten sollen vor allem Städte bespielt werden, in denen Roncalli bisher noch nicht gastierte.

Beide Einheiten stünden deshalb auch nicht in Konkurrenz zueinander, sondern würden sich ergänzen, erklärt Bernhard Paul im Programmheft. Natürlich ist Bernhard Paul auch bei „Salto Vitale“ der „Vater des Spektakels“ (Zitat Programmheft), offizieller Veranstalter der Tournee ist allerdings die DEAG-Tochter Grandezza Entertainment um Thomas Schütte und Peter Schwenkow. Sie kümmern sich um die organisatorischen Angelegenheiten, während Roncalli das Material und die Infrastruktur zur Verfügung stellt.


Entree

Während im hinteren Platzbereich mit Motiv-Bannern abgedeckte Container und Sattelschlepper zwar zeigen, dass man mit dieser Einheit nicht mehr per Schiene und insgesamt schneller – max. zehn Spieltage statt mehrere Wochen pro Ort – reisen möchte, wird der Besucher vorne im nostalgischen Ambiente empfangen. Dafür wurde in den vergangenen Monaten eifrig in den Werkstätten des Kölner Winterquartiers gearbeitet. Entstanden sind beispielsweise neue Frontwagen und -zäune, ein neuer Bürowagen und ein neuer Restaurationswagen. Im Spielzelt vermittelt der Artisteneingang vergangener Jahre bekannte Eindrücke. Das gilt auch für die Roncalli-Inszenierung an sich, denn auch bei „Salto Vitale“ wird nicht auf bewährte Elemente verzichtet. Der Einlass mit allen Artisten, Konfetti und roten Nasen, ein temporeiches Opening und das wunderbare Finale mit Walzer und Feuerwerk sind längst Markenzeichen dieses Unternehmens.


Sorellas, Romina Micheletty, Duo Romance

Auch im Programm selber setzt man weitestgehend auf Bewährtes. So wurden für „Salto Vitale“ – so hieß das Roncalli-Programm im Übrigen schon einmal, gegen Ende der 1990er Jahre – viele Artisten zurückgeholt, die schon einmal in Bernhard Pauls Manege gestanden sind oder in einer zahlreichen anderen Produktionen mitgewirkt haben. Die Sorellas, Christophe Gobet und Jean-Rodrique Funke, etwa begeisterten von 2005 bis 2007 mit ihrem Trapez-Akt die Zuschauer. Heute ist das nicht anders. Mit ihren waghalsigen Tricks und unglaublicher Manegenpräsenz sind sie der Höhepunkt des Programms. Auch Romina Micheletty gewinnt mit enormer Ausstrahlung sofort die Sympathien der Zuschauer. Die attraktive Französin stand mit ihren Hula Hoop-Reifen zuvor bereits im Apollo und bei „Panem et Circenses“ auf einer Roncalli-Bühne. Eine richtige Neuentdeckung dagegen ist das Duo Romance, Adelina und Alex Boldojar. Die beiden Rumänen vom Circ & Varieté Globus in Bukarest überraschen und überzeugen mit ihrer riskant-anmutigen Liebesgeschichte an den Strapaten. Begleitet werden die beiden in der Manege von Melissa Tendick, Geigerin im siebenköpfigen, großartig aufspielenden Live-Orchester.


Andrey Ivakhnenko, Four Kings, Trio Császár

Der stachelige Harlekin auf dem Schlappseil, Andrey Ivakhnenko, ist ebenfalls ein bekanntes Roncalli-Gesicht. Er war zuletzt 2009 beim Weihnachtscircus in Berlin zu sehen. Seine Balancen hinterlassen natürlich dank des ausgefallenen Kostümes bleibende Bilder, gerade die Musikwahl ist aber deutlich Geschmackssache. Der Rhönrad-Auftritt seiner Frau Natalia Leontieva wurde aus Zeitgründen aus dem Programm genommen. Immer wieder fanden und finden Darbietungen der Talentschmiede des Circus-Theaters Bingo ihren Weg in die Roncalli-Manege. Hier sind es die Four Kings, vier Ukrainer mit Partnerakrobatik und Handvoltigen. Sie arbeiten recht neu zusammen, was man ihrer Nummer durchaus noch ansieht. Beim Publikum kommt dieses Genre traditionell gut an, ebenso wie das Schleuderbrett des Trio Csárzár. Überzeugen können vor allem die eleganten Sprünge von Cornelia Abrá.


Jean-Rodrique Funke, Duo Casselly, Wolfgang Lauenburger

Gleich drei Darbietungen mit tierischen Akteuren bietet „Salto Vitale“. Jean-Rodrique Funke und sein Foxterrier Fredy geben ein liebenswürdiges Duo ab, wenn zusammen spielerisch eine Vielzahl von Tricks dargeboten wird. Noch mehr Vierbeiner, weitere Hunde sowie Pferde, bringt ab der nächsten Woche bzw. dem Gastspiel in Göttingen die Familie Saabel mit. Aktuell werden sie noch vertreten: Wolfgang Lauenburger lässt seine Hunde durch das Rund tollen und springen. Die Tiere sind mit sichtlich viel Energie und Freude bei der Sache. Gewollt ruhiger geht es bei Jonny jr. und Jessica Casselly und ihrem schönen Pas de Deux zu Pferd zu. Erneut beweisen die Cassellys, dass sie eine Bereicherung für jedes Programm sind.


Gabor Vosteen, Sergej Maslennikov, Fréres Taquins

Für den komischen Part sind Gabor Vosteen und Sergej Maslennikov verantwortlich. Mal alleine, mal im Duo, mal zusammen mit den vier Ballett-Damen oder mit Zuschauern bilden sie den roten Faden durch „Salto Vitale“. Gabor Vosteen stand bereits für Roncalli-Produktionen auf der Bühne, in einer Manege ist er zum ersten Mal zu sehen. Ganz anders hingegen Sergej Malennikov, der noch im letzten Jahr als Teil der KGB-Clowns bei Roncallis „Time is Honey“ dabei war. Während Vosteen vor allem seine Musikalität ausspielt und bis zu fünf Blockflöten gleichzeitig Töne entlockt, gibt Maslennikov den „komischen Requisiteur“, immer am falschen Platz und immer den Schelm im Nacken. Herrlich komisch, diese beiden. Zudem gibt es in jeder Tournee-Stadt einen wechselnden „Special Guest“ aus dem lustigen Fach, natürlich allesamt bekannte Roncalli-Gesichter. In Gütersloh sind die Frères Taquins dabei. Als Kinobesucher gehen sie durch die unterschiedlichsten Gefühlswelten, und mit ihrer Paraderolle als Automaten-Mensch beenden sie später das Programm.

Mit „Salto Vitale“ gelingt es Roncalli und Grandezza Entertainment quasi aus dem Stand, ein weiteres hochwertiges Programm mit starken Darbietungen und toller Inszenierung auf die Reise zu schicken. Man kann Bernhard Paul nur Recht geben: das ist keine Konkurrenz, das ist eine Ergänzung – für die ganze deutsche Circus-Landschaft.

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Text: Benedikt Ricken; Fotos: Stefan Gierisch