Mag
auch das Material nicht auf dem allerneuesten Stand sein – wenn das
Licht angeht, dann ist Showtime. Dann erstrahlt die Manege in wunderbar
warmen Tönen. Dann liegt Magie in der Luft. Die Atmosphäre, in der hier
klassischer Circus gespielt wird, ist einzigartig. Ein weiterer Gewinn
ist das ukrainische Orchester, welche über der roten Gardine mit
goldenen Verzierungen und dem Unternehmenslogo musiziert.
Opening
Bereits
vor dem bunten Charivari macht Clown Don Christian das warm up mit dem
Publikum. Als Dirigent bringt er nicht nur die leicht verstimmten
Musiker in den richtigen Takt, sondern ebenfalls die Zuschauer zum
Klatschen. Im Opening stellen sich alle Mitwirkenden in einem bunten
Bild vor, sogar Hund und Pony sind dabei. Als sich der rote Vorhang
erneut öffnet, betritt die Prinzipalin das Scheinwerferlicht. Gewandt
begrüßt Carmen Rhodin ihre Gäste. Temporeich und nicht ohne Humor sind
die Partnerjonglagen der Messoudis. Der Vater und zwei seiner Söhne
werfen sich geschickt zunächst Bälle und dann Keulen zu. Originell ist
die Szene, in der die Brüder ihrem Vater mit Hilfe von Keulen
Zigarette, Hut und Sonnenbrille aus dem Gesicht schießen. Eine
Reminiszenz an seine österreichische Heimat ist der nächste Auftritt
von Don Christian, den er in Tracht absolviert. Erst spielt er auf
einem Akkordeon, dann auf Glocken. Der besondere Effekt ergibt sich
durch eine auf dem Hintern montierte Pfanne, die ein Junge mit
sichtlich Spaß zum Klingen bringen darf. Dafür nutzt er eine riesige
Suppenkelle.
Ioulia Tchakanova, Simona Alexandra, Gianni D'Ambrosio
Sehr
elegant ist das Spiel von Ioulia Tchakanova mit ihren je drei
Windhunden und Lamas. Das Septett bewegt sich leichtfüßig durch die
Manege. Ein Teil der Trickfolge ist ähnlich einer Pferdefreiheit
gestaltet. Die Hunde beweisen ihre Sprungkraft, die Lamas, dass sie
auch auf zwei Beinen eine gute Figur machen. Die gibt natürlich
ebenfalls Tchakanova ab. Ganz besonders, wenn sie mit ihren Tieren
posiert. Für die Luftnummer der Show sorgt Simona Alexandra. Im Outfit
einer Indianerin ist das Schwungseil ihr Metier. An diesem schaukelt
die hübsche Squaw im Sitzen, Stehen und kopfüber hängend. Immer wieder
überraschend sind ihre Abfaller. Aber keine Angst, die junge Artistin
kommt sicheren Fußes zurück auf den Boden. Sein Kampf mit einem
Mikrofon kostet Don Christian den einen oder anderen Zahn. Aber was
soll es. Hauptsache, das Publikum hat seinen Spaß. Mit italienischer
Leichtigkeit dirigiert Gianni D'Ambrosio seinen Fünferzug Andalusier und
Friesen. Er selbst trägt einen Frack und seine Tiere edle Decken auf
dem Rücken sowie Federschmuck auf dem Kopf. Elegant zeigen die Pferde
eine anspruchsvolle Laufarbeit in flottem Tempo, das Flechten von drei
Tieren inklusive. Ein Gruppensteiger sowie ein Rundsteiger sorgen für
zusätzliche Glanzpunkte.
Ioulia Tchakanova, Don Christian, Gianni D'Ambrosio
Nach
der Pause erleben wir noch einmal Ioulia Tchakanova. Diesmal im
vertrauten Zusammenspiel mit einem Pudel. Man fragt sich, wer von den
beiden gelenkiger ist. Der Hund springt durch einen Reifen und läuft auf
den Vorderbeinen. Ioulia macht Handstand und Spagat. Das ist nur ein
kleiner Auszug aus dem Repertoire dieses eingespielten Duos. Weitaus
größere Probleme hat da Don Christian mit seiner tierischen Partnerin.
Wobei wir von Partnerschaft gar nicht sprechen wollen. Vielmehr macht
der Clown Jagd auf eine nervige Biene. Nachdem die chemische Keule
nicht den gewünschten Erfolg bringt, erlegt er das Insekt mit Hilfe
einer Steinschleuder. Aber die Biene hat vorgesorgt und gleitet mittels
Fallschirm sanft von der Kuppel hinunter. Ein Groß & Klein mit
Friese und Pony bringt Gianni D'Ambrosio in die Sägemehlmanege.
Wiederum sind die Pferde wunderbar herausgeputzt. Das Bild lebt
natürlich vom Kontrast zwischen den beiden prächtigen Tieren.
Pierre Marchand, Don Christian, Messoudis
Mit
Pierre Marchand ist es Carmen Rhodin gelungen, einen Star unter den
Diaboloartisten nach Schweden zu holen. Unzählige Jahre war er im
Pariser Lido engagiert. Als sich jetzt die Gelegenheit ergab, den
französischen Wirbelwind für eine gesamte Sommersaison zu engagieren,
schlug die Direktorin zu. 2004 sorgte er beim European Youth Circus in
Wiesbaden für Furore. Damals gewann er Gold. Er ist nach wie vor der
jugendliche Herzensbrecher, der seine Diabolos mit einer unglaublichen
Dynamik auf die verrücktesten Touren schickt. Bis zu drei davon hält er
gemeinsam in der Luft. Faszinierend sind aber ebenfalls die kleinen,
filigranen Tricks mit nur einer Spule. Die treibende Musik gibt den
Rhythmus vor, der durchdachte Aufbau sorgt dafür, dass die eher
zurückhaltenden Schweden begeistert mitgehen. In einen Boxring führt
uns der letzte Auftritt von Don Christian. Vier Zuschauer bilden die
Eckpfeiler des Seilgevierts und dürfen weitere Aufgaben übernehmen. So
das Schlagen des Gongs oder die Massagen in den Pausen zwischen den
Runden. In der Mitte liefert sich Don Christian ein nicht ganz so ernst
gemeintes Gefecht mit einem weiteren Gast. Dabei zeigt der sympathische
Österreicher einmal mehr sein Gespür für Komik und Timing. Als
Begleiter durch diese Show ist er eine ausgezeichnete Wahl. Eine
ausgezeichnete Wahl sind natürlich auch immer wieder die Messoudis. Ob
bei Finlandia, Dannebrog oder jetzt bei Brazil Jack – mit ihrer
Partnerakrobatik bilden sie die unumstrittene Schlussnummer. Ihre Kür
ist perfekt inszeniert. Vom Ablegen der Jacken bis zum Menschenturm mit
vier Personen. Dazwischen präsentieren die drei blendend aussehenden
Brüder und ihr Vater großartige Tricks der Handstandartistik. So etwa
einen Einarmer im Nacken des ebenfalls einen Handstand zeigenden
Partners. |