So
gab es eine Umstellung im Ablauf und teilweise neue Kostüme für das
Ballett, welches darin zudem eine neue Choreographie tanzt. Insgesamt
aber setzt Charles Knie seine erfolgreiche Linie fort. Das nicht nur in
der Show, sondern ebenfalls im kaufmännischen Bereich. Im Bürowagen
sorgt ein erfahrenes und vergleichsweise großes Team um Direktor Sascha
Melnjak für Kontinuität. Der wirtschaftliche Erfolg ist insbesondere
das Ergebnis eines umsichtigen Managements.
Chapiteau
Wichtig
ist es natürlich, die angeworbenen Zuschauer nicht zu enttäuschen,
sondern ihre Erwartungen zu übertreffen, sie zu begeistern. Besser als
mit diesem Programm geht es kaum. Elefanten, Pferde, Raubtiere,
Jongleur, eine große Luftnummer und Clownerie – alle Punkte sind
bestens besetzt. Hinzu kommt ein äußerst ansprechendes Ambiente. Das
beginnt mit der eindrucksvollen Außenansicht, geht weiter bei der
gepflegten, umfangreichen Restauration (Leitung: Mirjan Mavriqi) bis
hin zum Chapiteau mit seinem Gradin mit Klappsitzen sowie dem
prächtigen Artisteneingang. Nicht zu vergessen die großzügige,
artenreiche Tierschau. Ihre ansprechende Aufmachung rechtfertigt
durchaus einen erneuten Besuch.
Nicol Nicols, Marek Jama, Priscilla Errani
Kommen
wir nun aber zum Geschehen in der Manege. Das wird musikalisch wiederum
ganz hervorragend von Volodymyr Kozachuk und seinem Orchester
begleitet. Ebenfalls ein guter Bekannter ist Enrico Zoppe. Seit 2007
sorgt er für ein traumhaftes Lichtdesign und tut das auch in dieser
Saison. Eröffnet wird die Vorstellung nach der Ouvertüre durch das
vierköpfige Ballett. In hübschen weiß-roten Kostümen mit Hut übernehmen
sie den persönlichen Teil der Begrüßung. Die Worte zum Auftakt kommen
leider wiederum aus dem Off. Statt des Duo Medini wie im Vorjahr folgt an dieser
Stelle Nicol Nicols,
dessen Drahtseil bereits aufgebaut ist. Als spanischer Matador tänzelt
er leichtfüßig über das Seil. Seine Spezialität sind Sprünge mit Seil
und durch einen mit Messern besetzten Feuerreifen. Zudem beherrscht er
den Salto rückwärts und, deutlich schwieriger, vorwärts. Bei seinem
nächsten Auftritt trägt das Ballett neue Kleider im Leopardenlook.
Hinzu kommen die aufwendigen Afrika-Kostüme, die wir erstmalig als
Einleitung zu Alexander Laceys gemischter Raubtiergruppe sahen. Nun
kündigen sie Marek Jama und sein artenreiches Exotentableau an, welches
unter einem Baldachin abläuft. Auch Jama hat sich für diese Vorführung
neu eingekleidet. Die fünf Kamele haben die passenden Decken. Hinzu
kommen vier braune Araberhengste und drei Zebras, die eine schöne
Freiheit arbeiten. Weiter erleben wir Rinder, Laufvögel, ein Känguru
und Lamas. Ebenfalls tierisch aufgemacht ist die Hula Hoop-Kür von
Priscilla Errani. Präsentiert sie sich doch, unterstützt von Partner
Marco Moressa, als Spinne im Netz. Menschen mit Arachnophobie müssen
aber keine Angst haben. Dieses Exemplar ist äußerst ansehnlich und
charmant. Mit viel italienischem Temperament lässt die Artistin
unzählige Reifen um ihren gelenkigen Körper kreisen.
Flying Costa
Verruchte
Stimmung bei der folgenden Nummer. Ambra und Ives Nicols tanzen im
Tangodress, Ives singt dabei. Ein wunderbar sinnlicher Auftritt mit
sehr viel Ausdruck. Dieser führte sie unter anderem schon zu Benneweis,
Barum und in den Pariser Cirque d'Hiver. Im kommenden Winter steht der
Stuttgarter Weltweihnachtscircus auf dem Plan. Nun dürfen wir sie aber
wieder eine Saison lang bei Charles Knie genießen. Im Mittelpunkt ihres
Auftritts steht die Akrobatik an Tüchern, die sie zumeist im Duo
aufführen. In wechselnder Besetzung, was die tragende Rolle angeht. Neu
ist der Trick, bei dem Ives mit den Zähnen einen Stuhl hält, an dem
Ambra kopfüber an den Füßen hängt. Das Ballett vor der Pferdefreiheit
ist unverändert. Ebenso der Ablauf der Vorführung. Zunächst zeigt Marek Jama Schulschritte mit einem perfekt frisierten Palomino. Die
sechs prächtigen Friesen bilden den Kern dieses Pferdeblocks. Sie
laufen unter Anleitung von Marek Jama variantenreiche Figuren, Flechten
inklusive. Sechs Minipferde schließen sich an. Die Steiger als da capi
werden von Arabern und einem weißen Pony absolviert. Viel
südamerikanische Lebensfreude bringen die Flying Costa unter die
Kuppel. Am Fliegenden Trapez sorgen sie für mächtig Stimmung. Eine
Fliegerin und drei Flieger starten von der Brücke zu eleganten Flügen,
die vom Partner auf der gegenüberliegenden Seite sicher gefangen
werden. Selbstverständlich sind der Dreifache und die Passage darunter.
Ein besonderer Effekt ist der Sturz von Adrian Ramos aus der Kuppel.
Ives Nicols begleitet einen Teil der Darbietung mit Gesang. Am Boden
wird das Quintett vom Ballett in lateinamerikanischen Kostümen mit
reichlich Obst auf dem Kopf empfangen. Das ist dann auch das Bild, mit
dem die Zuschauer in die Pause gehen.
Tom Dieck junior, Duo
Medini, Marek Jama
Zu
Beginn des zweiten Teils ist der Zentralkäfig aufgebaut. Dort empfängt
Tom Dieck junior an diesem Nachmittag zwei weiße Löwen, zwei Liger und
vier Tiger. Mit ihnen zeigt er gleich zu Beginn eine imposante
Pyramide. Im weiteren Verlauf beweisen insbesondere die Tiger ihr
Können. Balancieren auf einem großen Rad, Roll over und das Laufen auf
den Hinterbeinen gehört zu ihrem Repertoire. Die Schlusspointe setzt
aber einer der Liger, wenn er gemütlich unter einem Balken
hindurchläuft statt darüber zu springen. Nach diesem entspannten Abgang
sorgen Vanessa und Emanuel Medini für ordentlich Schwung. Die
Geschwister fegen auf Rollschuhen über eine seitlich beleuchtete runde
Plattform. Neben spektakulären Tricks, wie der Fahrt im Nackenwirbel,
bei der Emanuel die Augen verbunden hat, haben sie eine nette
Showeinlage in petto: Rasante Touren mit einem Gast aus dem Publikum,
dem Vanessa bereits im Verlauf der Nummer Avancen gemacht hat. Während
Vanessa ihre Zuneigung mit einer Blume bezeugt, tut Marek Jama dies
kurz darauf mit Fischen. Die Seelöwen Steffi und Kulus lassen sich für jedes
Kunststück mit maritimen Leckereien belohnen. Dafür geben sie gerne ein
Küsschen oder balancieren einen Ball auf der Schnauze.
Ives Nicols, Familie Errani, Cesar Dias
Mit
einem Ball gibt sich Ives Nicols natürlich nicht zufrieden. Er hält
gleich fünf davon in der Luft. Bei seinen Jonglagen wird er gewohnt
grandios von Partnerin Ambra unterstützt. Oder eben auch nicht. Je
nachdem, wie gut das Miteinander gerade (gewollt) funktioniert. Die
beiden sind einfach ein bestens eingespieltes Team. Außer Bällen lässt
Ives noch Keulen, Bumerangs und Sombreros fliegen. Nach wie vor durch
seine Armverletzung beeinträchtigt, verzichtet Elvis Errani aktuell auf
den Einsatz des Schleuderbretts. Und so bleibt zumindest er am Boden.
Seine Partnerinnen hingegen reiten auf den Elefanten und posieren mit
einem sitzenden Tier. Zudem wurde der Spagat zwischen zwei
Elefantenköpfen wieder ins Programm genommen. Insgesamt bieten Elvis
Errani und seine beiden weiblichen Trios eine abgerundete Show, die
immer wieder fasziniert. Bevor es in das glamouröse Finale mit
aufblasbarem Karussell, beleuchteten Kostümen und Gesang von Ives
Nicols geht, hat Cesar Dias seinen großen Auftritt. Die völlig
vermasselte Interpretation des Frank-Sinatra-Klassikers „My Way“ ist
wie immer hinreißend komisch. Wenn er diese bringt, hat er sich
allerdings schon längst in die Herzen der Zuschauer gespielt.
Wenngleich er es nicht einfach hat, findet ein Teil seiner Reprisen
doch auf dem Gradin statt. Das ist natürlich dem flotten Ablauf des
Programms förderlich, macht es dem Clown aber schwer, die volle
Aufmerksamkeit zu bekommen. Doch Dias weiß diese Herausforderung zu
lösen. In diesem Jahr zeigt er wiederum das Duell mit einem Zuschauer,
das Spiel mit Steinschleuder und Luftballon sowie das Musizieren auf
Mundharmonika und singender Säge. Hinzu kommt zwei kleinere Auftritte.
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