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FNC Florian Richter - Tour 2015
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Mosonmagyarovar, 19. April 2015: Als Florian Richter – zusammen mit seiner Familie – vor drei Jahren erstmals mit der eigenen Pferde-Show Horse Evolution auf Tournee durch Ungarn ging, sprach der bekannte Tierlehrer von der Erfüllung eines Traumes. Dieser ist zwischenzeitlich geplatzt. Auch nach zwei Jahren und vielen Investitionen wollte sich leider kein Erfolg einstellen. Die Produktion hat nicht funktioniert. Offensichtlich gibt es in Ungarn dafür nicht genug Pferde-Fans, hält Richter heute fest und fügt zugleich an: Jetzt machen wir halt klassischen Circus. Zurück zu den Wurzeln.

Dafür hat man sich einen wohlklingenden Namen ausgesucht. Man firmiert als „Fővárosi Nagycirkusz – Florian Richter“. „Fővárosi Nagycirkusz“ bedeutet in etwa „Großer Hauptstadt-Circus“ und ist die Bezeichnung des Budapester Circusbaus. Auch wenn der Name es zunächst vermuten lässt, Veranstalter ist aber keineswegs der Budapester Circusbau, sondern eben Florian Richters „Horse Evolution Show GmbH“. Nicht allein im Namen lebt die alte Produktion fort, auch die Zeltanlagen sind noch dieselben. Zwar nicht mehr als gewaltiger Sechs-Master errichtet, bietet doch auch die Vier-Mast-Variante weiterhin rund 1200 Zuschauern bequeme Einzelsitze unter der weißen Zelthaut. Die rechteckige Auftrittsfläche ist einer Rundmanege gewichen. Und noch mehr (Familien-)Tradition: der an römische Säulenbauten gemahnende Artisteneingang stammt ebenso wie einige Fahrzeuge vom Ungarischen Nationalcircus. Als Kassen- und Durchgangswagen wurde ein alter Anhänger umgestaltet und ist nun, aufwendig verziert mit Show-Motiven, der Hingucker in der Front.


Florian und Kevin Richter

Im Mittelpunkt der Show stehen natürlich die hauseigenen Pferde-Dressuren. Florian Richter stellt zwei verschiedene Freiheiten vor. So gibt es die gemeinsame Arbeit von sieben Friesen und der Elefantendame „Sandra“. Es ist schon toll anzusehen, mit welcher Lässigkeit der betagte Dickhäuter gemeinsam mit den Pferden agiert. Die Friesen wiederum scheinen die Nähe des Elefanten, etwa beim Fächer, geradezu zu suchen. So entsteht ein wunderbar harmonisches Bild. Im zweiten Programmteil preschen dann zunächst sechs Araber ins Rund und zeigen ihre Laufarbeit mit ordentlich Tempo. Im Verlauf der Darbietung kommen zwei weitere Araber und vier Friesen hinzu. Mehrere Fächer-Variationen und abschließend ein Karussell mit allen Tieren auf drei Bahnen gehören zum Ablauf. Schlusspunkt sind Rund- und Vorwärts-Steiger.


Angelina, Kevin und Florian Richter

Während Florian Richters Frau Edith in diesem Jahr nicht in der Manege zu sehen ist, rücken die gemeinsamen Kinder – die neunjährige Angelina und der vierzehnjährige Kevin – zunehmend in den Vordergrund. Zusammen mit ihrem Vater eröffnen sie das Programm mit einem Querschnitt der Hohen Schule. Ein halbes Dutzend verschiedener Sequenzen gehören zu diesem ersten Bild. Auf die Doppelte Hohe Schule von Vater und Sohn auf zwei Pferden folgt Angelina auf einem Pony. Kevin Richter präsentiert das Tandem, eine echte Circus-Rarität: Dabei zeigt er die Hohe Schule am langen Zügel, während er selbst auf einem zweiten Pferd sitzt. Die Hohe Schule ohne Zaumzeug von Vater Florian, Tochter Angelina auf einem Friesen mit Pegasus-Flügeln und nochmals der Vater mit einer Stehendreiterei auf zwei Pferden runden den Dressurblock ab. Die Überraschung des Programms ist aber sicherlich das gemeinsame Pas de Deux der beiden Richter-Junioren. Sogar ein Zwei-Personen-Hoch ist bereits dabei; Kevin Richter zeigt zudem den Salto zu Pferd sowie auf ein nachfolgendes Tier, Angelina bietet Sprünge über einen Stab. Auch wenn die beiden natürlich noch durch Longen gesichert arbeiten, ist die Begabung unverkennbar. Hier haben zwei eindeutig das Talent ihrer Eltern geerbt. Einer großen Circus-Karriere steht da wohl nichts im Weg.


Tiger von Redi Montico, Christian Folco, Pantheras

Hinzu kommt eine engagierte Raubtier-Darbietung. Anders als noch zuletzt im Europapark hat Redi Montico nur seine fünf Tiger mit nach Ungarn gebracht. Auch wenn die Nummer einige starke Tricks wie Sprünge über Artgenossen, Roll Over oder Steiger beinhaltet, irgendwie wirkt sie nicht komplett rund. Bei der Clownerie ist man wiederum in der eigenen Familie fündig geworden: Christian Folco – Bruder von Edith Richter – ist für die allesamt bekannten Reprisen (u.a. Filmszene, Glocken und Rockband) zuständig. Zusammen mit Elefantendame "Sandra" bietet er zudem eine kleine Rahmenhandlung. Nach dem es Folco nicht gelingt, den großen Lüster über der Manege an- und nach dem Finale auch wieder auszuschalten, übernimmt dies der Dickhäuter. „Pantheras“ nennen sich vier junge Absolventinnen der Budapester Artistenschule Imre Baross, die synchron an zwei rotierenden Masten, die wie eine Luftperche eingesetzt sind, verschiedene Partnertricks bis zum Genickwirbel arbeiten. Im Vergleich zu den Auftritten im Budapester Circusbau im letzten Herbst sind sie deutlich besser geworden. Das gilt auch für ihre Flüge an Bungee-Seilen durch die Kuppel; darin eingebunden sind einige Zopfhang-Tricks von Daramis Guerra. Diese an sich gute Idee verliert allerdings durch die überhaupt nicht aufeinander abgestimmten Kostüme.


Truppe Alexander

Artistischer Höhepunkt und somit auch Schlussnummer des Programms ist die Truppe Alexander auf dem Schleuderbrett. Die fünf Herren und zwei Damen beherrschen diverse Salti, Stelzensprünge und bauen auch Menschentürme bis zum Fünf-Personen-Hoch (mit Stange). Auffallend: es fliegen allein die beiden Frauen. Das gilt auch bei ihrer Zweit-Nummer, wenn die Truppe Handvoltigen präsentiert. Beim Auftritt als "alte Kameraden" agieren hingegen die männlichen Gruppenmitglieder alleine. Ein sechsköpfiges Live-Orchester und ein Sprecher begleiten das Programm.

Zurück zu den Wurzeln – zurück zum Erfolg? Es scheint fast so. Bereits ein Kurz-Versuch im letzten Jahr verlief erfolgreich. Auch die diesjährige Saison, welche bis Ende Oktober gehen soll und an die sich für die Familie Richter wieder einmal ein Gastspiel beim Wereldkerstcircus Càrre in Amsterdam anschließt, weckt Hoffnungen. Auch die besuchte Vorstellung ist nahezu ausverkauft, nur wenige Logenplätze bleiben frei. „Es läuft sehr gut“, freut sich Florian Richter. Möge es so bleiben!

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Text: Benedikt Ricken; Fotos: FNC