Dafür hat man sich einen
wohlklingenden Namen ausgesucht. Man firmiert als „Fővárosi
Nagycirkusz – Florian Richter“. „Fővárosi Nagycirkusz“ bedeutet
in etwa „Großer Hauptstadt-Circus“ und ist die Bezeichnung des
Budapester Circusbaus. Auch wenn der Name es zunächst vermuten
lässt, Veranstalter ist aber keineswegs der Budapester
Circusbau, sondern eben Florian Richters „Horse Evolution Show
GmbH“. Nicht allein im Namen lebt die alte Produktion fort, auch
die Zeltanlagen sind noch dieselben. Zwar nicht mehr als
gewaltiger Sechs-Master errichtet, bietet doch auch die
Vier-Mast-Variante weiterhin rund 1200 Zuschauern bequeme
Einzelsitze unter der weißen Zelthaut. Die rechteckige
Auftrittsfläche ist einer Rundmanege gewichen. Und noch mehr (Familien-)Tradition:
der an römische Säulenbauten gemahnende Artisteneingang stammt
ebenso wie einige Fahrzeuge vom Ungarischen Nationalcircus. Als
Kassen- und Durchgangswagen wurde ein alter Anhänger umgestaltet
und ist nun, aufwendig verziert mit Show-Motiven, der Hingucker
in der Front.
Florian und Kevin
Richter
Im Mittelpunkt der Show
stehen natürlich die hauseigenen Pferde-Dressuren. Florian
Richter stellt zwei verschiedene Freiheiten vor. So gibt es die
gemeinsame Arbeit von sieben Friesen und der Elefantendame
„Sandra“. Es ist schon toll anzusehen, mit welcher Lässigkeit
der betagte Dickhäuter gemeinsam mit den Pferden agiert. Die
Friesen wiederum scheinen die Nähe des Elefanten, etwa beim
Fächer, geradezu zu suchen. So entsteht ein wunderbar
harmonisches Bild. Im zweiten Programmteil preschen dann
zunächst sechs Araber ins Rund und zeigen ihre Laufarbeit mit
ordentlich Tempo. Im Verlauf der Darbietung kommen zwei weitere
Araber und vier Friesen hinzu. Mehrere Fächer-Variationen und
abschließend ein Karussell mit allen Tieren auf drei Bahnen
gehören zum Ablauf. Schlusspunkt sind Rund- und
Vorwärts-Steiger.
Angelina, Kevin
und Florian Richter
Während Florian Richters Frau
Edith in diesem Jahr nicht in der Manege zu sehen ist, rücken
die gemeinsamen Kinder – die neunjährige Angelina und der
vierzehnjährige Kevin – zunehmend in den Vordergrund. Zusammen
mit ihrem Vater eröffnen sie das Programm mit einem Querschnitt
der Hohen Schule. Ein halbes Dutzend verschiedener Sequenzen
gehören zu diesem ersten Bild. Auf die Doppelte Hohe Schule von
Vater und Sohn auf zwei Pferden folgt Angelina auf einem Pony.
Kevin Richter präsentiert das Tandem, eine echte Circus-Rarität:
Dabei zeigt er die Hohe Schule am langen Zügel, während er
selbst auf einem zweiten Pferd sitzt. Die Hohe Schule ohne
Zaumzeug von Vater Florian, Tochter Angelina auf einem Friesen
mit Pegasus-Flügeln und nochmals der Vater mit einer
Stehendreiterei auf zwei Pferden runden den Dressurblock ab. Die Überraschung des Programms ist aber
sicherlich das gemeinsame Pas de Deux der beiden
Richter-Junioren. Sogar ein Zwei-Personen-Hoch ist bereits
dabei; Kevin Richter zeigt zudem den Salto zu Pferd sowie auf
ein nachfolgendes Tier, Angelina bietet Sprünge über einen Stab.
Auch wenn die beiden natürlich noch durch Longen gesichert
arbeiten, ist die Begabung unverkennbar. Hier haben zwei
eindeutig das Talent ihrer Eltern geerbt. Einer großen
Circus-Karriere steht da wohl nichts im Weg.
Tiger von Redi
Montico, Christian Folco, Pantheras
Hinzu kommt eine engagierte
Raubtier-Darbietung. Anders als noch zuletzt im Europapark hat
Redi Montico nur seine fünf Tiger mit nach Ungarn gebracht. Auch
wenn die Nummer einige starke Tricks wie Sprünge über
Artgenossen, Roll Over oder Steiger beinhaltet, irgendwie wirkt
sie nicht komplett rund. Bei der Clownerie ist man wiederum in
der eigenen Familie fündig geworden: Christian Folco – Bruder
von Edith Richter – ist für die allesamt bekannten Reprisen (u.a.
Filmszene, Glocken und Rockband) zuständig. Zusammen mit
Elefantendame "Sandra" bietet er zudem eine kleine
Rahmenhandlung. Nach dem es Folco nicht gelingt, den großen
Lüster über der Manege an- und nach dem Finale auch wieder
auszuschalten, übernimmt dies der Dickhäuter. „Pantheras“ nennen
sich vier junge Absolventinnen der Budapester Artistenschule
Imre Baross, die synchron an zwei rotierenden Masten, die wie
eine Luftperche eingesetzt sind, verschiedene Partnertricks bis
zum Genickwirbel arbeiten. Im Vergleich zu den Auftritten im
Budapester Circusbau im letzten Herbst sind sie deutlich besser
geworden. Das gilt auch für ihre Flüge an Bungee-Seilen durch
die Kuppel; darin eingebunden sind einige Zopfhang-Tricks von
Daramis Guerra. Diese an sich gute Idee verliert allerdings
durch die überhaupt nicht aufeinander abgestimmten Kostüme.
Truppe Alexander
Artistischer Höhepunkt und somit auch Schlussnummer des
Programms ist die Truppe Alexander auf dem Schleuderbrett. Die
fünf Herren und zwei Damen beherrschen diverse Salti,
Stelzensprünge und bauen auch Menschentürme bis zum
Fünf-Personen-Hoch (mit Stange). Auffallend: es fliegen allein
die beiden Frauen. Das gilt auch bei ihrer Zweit-Nummer, wenn
die Truppe Handvoltigen präsentiert. Beim Auftritt als "alte
Kameraden" agieren hingegen die männlichen Gruppenmitglieder
alleine.
Ein sechsköpfiges
Live-Orchester und ein Sprecher begleiten das Programm. |