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Circus Harlekin - Tour 2015
www.circusharlekin.ch ; 113 Showfotos

Schüpfheim, 8. August 2015: „Spaß muss sein“ lautet das Motto des Schweizer Circus Harlekin in der Saison 2015, und dieses wird treffend umgesetzt. Schließlich sorgt eine ganze Riege von Clowns und Komikern für gute Laune in der Manege: die beiden Direktoren Monika Aegerter und Pedro Pichler alias Clownsduo „Les Nicas“, ihr junger Manegenpartner und Harlekin-Platzmeister Lukas Böss, die bekannten Komiker Vladimir und Olga Slobodeniuk alias „Duo Slobi“ sowie der Las Vegas-erfahrene Bauchredner Frank Bogino. Und auch die Artisten tragen zur heiteren Stimmung während der gesamten Show bei.

In der 4000-Einwohner-Gemeinde Schüpfheim, eine halbe Stunde von Luzern entfernt, hat der Circus Harlekin in diesem Jahr erstmals ein Gelände an der Reithalle bezogen, nachdem der bisherige Platz nicht mehr zur Verfügung stand. Aufgrund von Leitungen im Boden konnte hier nicht das reguläre Vorzelt errichtet werden. Stattdessen wurde ein leichter Pavillon aufgestellt. Kasse, Büffet und Bar gruppieren sich drum herum. Aller Widrigkeiten und des heißen Sommerwetters zum Trotz ist die Tribüne zur Abendvorstellung hervorragend gefüllt. Die Rundleinwand ist hochgezogen, und so steht einem luftigen Sommer-Circus-Spaß nichts mehr im Wege.


Außenansicht, Opening

Monika Aegerter begrüßt das Publikum und gibt Instruktionen zum Beispiel für den Besuch der Toilette. Dorthin gibt es zwei Wege, erläutert sie: den direkten und einmal komplett ums Chapiteau herum. Daraufhin lässt sie mit Lukas Böss alias Hausclown Lügg Luftballons platzen, die „Putzfrau“ Olga zusammenlesen muss. Schließlich gipfelt das einfallsreich gestaltete Opening im Auftritt des gesamten Ensembles, welches das „Vogellisi“ singt, die heimliche Nationalhymne des Berner Oberlandes. Dort ist das Hauptreisegebiet des „Harlekin“, und dort kennt jedes Kind dieses Lied. Nunmehr in der 23. Saison bringen Pedro, Monika und ihr Team internationales Flair in Dörfer wie Täufelen, Worbach und Kirchlindach, die jetzt noch bis zum Saisonschluss am 20. September in Thun auf dem Tourneeplan stehen.


Zheng Yang und Yang Ting, Nicole Pichler, Frank Bogino

Für dieses internationale Flair sorgen zunächst die beiden Brüder Zheng Yang und Yang Ting aus China. Ebenso klassisch wie selten gezeigt ist das Genre der Vasenjonglage, mit der sie das Programm eröffnen. Es ist schon sehr beeindruckend, wie die großen Vasen hier mit Füßen oder gar dem Nacken aufgegangen werden. Komiker Frank Bogino lässt sich in seinem ersten Auftritt auf den Kampf mit einem Mikrofonständer ein, was die Kinder im Publikum vor Begeisterung kreischen lässt. Mit dem Spiel auf zwei Trompeten verabschiedet er sich. Direktionstochter Nicole Pichler im wunderbaren Pailettenkleid bringt noch einmal das aus dem Vorjahr bekannte Exotentableau vom schwedischen Circus Olympia in die Manege. Mit acht Tieren – vier Kamelen, zwei Ochsen und zwei Lamas – ist unter dem kompakten Harlekin-Chapiteau für ein tolles, manegenfüllendes Bild gesorgt. Die famos aufspielende, sechsköpfige Harlekin-Band unter Vadym Kovalchuk leitet bei ihrer musikalischen Begleitung vom volkstümlichen „Grüezi wohl Frau Stirnimaa“ nahtlos über zu orientalischen Klängen.


Isaac, Les Nicas mit Lügg, Olga 

Mit einem interkontinentalen Boxmatch mit den Kontrahenten Pedro („direkt aus München“) und Lügg („aus den USA“) sowie Schiedsrichterin Monika ist dann für rustikale Heiterkeit gesorgt. In weiteren Entrees und Reprisen wird gezaubert und ein Flohcircus in Schach gehalten. Die Trickfolge von Olga am Luftring ist gerade klassisch für dieses Genre und wird durch Tanzpassagen am Boden in mehrere Teile gegliedert. Der ansteckend fröhliche Ghanaer Isaac lässt – unter anderem auf Händen, Füßen und gegabeltem Mundstab – bis zu zehn bunte Schüsseln gleichzeitig drehen, was ein farbenfrohes und wirbelndes Bild ergibt. Vladimir und Olga Slobodeniuk alias Duo Slobi sind in der dritten Saison in Folge mit dem Circus Harlekin auf Tournee. Heuer zeigt Vladimir, unterstützt von seiner Gattin als verrückter Putzfrau, wieder einmal seine bekannte Schlappseilarbeit. Mit 60 Jahren beeindruckt der Vollblutartist mit Einradfahrt und freihändiger Balance auf einem Stuhl. Dabei jongliert er mit Hut, Stock und Zigarre. Eine würdige Pausennummer.


Vladimir Slobodeniuk

Seit nunmehr acht Jahren ist die Schweizerin Susanne Mani ein unverzichtbarer Bestandteil des Circus Harlekin. Die Allrounderin kümmert sich um Vorreise und Administration, bedient freundlich im Barwagen und hat vor allem eine große Passion für immer neue Tierdressuren. Heuer übernimmt sie in der Manege die Rolle einer Animateurin in der „Kinder-Ferien-Disco“. Dabei zeigt sie, was sie acht jungen Ziegen drei verschiedener Rassen innerhalb weniger Monate alles beigebracht hat – Ponyreiten inklusive.


Frank Bogino, Trio Aphelion, Zheng Yang und Yang Ting

Die Chinesen Zheng Yang und Yang Ting katapultieren in ihrem zweiten Auftritt mittels Rola-Brett Schalen und ein Blumensträußchen auf den jeweils eigenen Kopf und den des Partners. Die Darbietung ist als eine Art heiterer Wettstreit gestaltet, und beide Kontrahenten suchen dabei offensiv den Kontakt zum Publikum. Dieses ist hörbar begeistert. Frank Bogino schaut mit seinen 67 Jahren auf eine lange Karriere als Bauchredner zurück, sowohl im Circus als auch auf Bühnen in Las Vegas. Seine Darbietung hebt sich von anderen dieses Genres deutlich ab. Er lässt mit verschiedenen Puppen Musikstars früherer Jahrzehnte wie James Brown, Elvis Presley und Louis Armstrong wieder aufleben. Seine Mitspielerin aus dem Publikum muss hier nicht einmal selbst den Mund auf- und zumachen, sondern bekommt eine Maske mit großem Mund. Quasi „ferngesteuert“ kann Bogino deren Lippen bewegen. Damit erntet er viele herzliche Lacher, ebenso wie im Anschluss die Slobodeniuks mit ihrer Schwanensee-Parodie. Für die Schlussnummer sorgt das Trio Aphelion, zwei Herren und eine Frau, in seinen markanten, bunten Kostümen. Es ist die einzige Darbietung, bei der die Musik vom Band kommt – moderne Klänge, die speziell auf die Choreographie mit Kraftakrobatik und Handvoltigen abgestimmt sind. Dabei unterscheidet sich die eigenständige Trickfolge deutlich von denen bei Formationen wie „Atlantis“, „Seaworld“ & Co. Das Finale wird mit Clubtanz, Gesang und Zugaben wie in jeder Harlekin-Saison ausgiebig zelebriert.

Das Trio Aphelion (in anderer Besetzung) war eine Saison lang im Pariser Cirque d’Hiver Bouglione zu sehen, die beiden Chinesen vor vier Jahren im „Conelli“ in Zürich: Allein diese Beispiele belegen, dass der „Harlekin“ weiterhin Qualitätscircus in kleine Gemeinden der Schweiz bringt – auch wenn heuer erstmals seit Jahren eine größere Truppe fehlt. Pedro Pichler und Monika Aegerter legen den Schwerpunkt mehr denn je auf den Humor. Hinzu kommen die besondere Herzlichkeit und Nähe zum Publikum. So gibt es zweieinhalb Stunden lang viel zu lachen. Danach verlassen wir das Chapiteau in bester Laune. Wie heißt es doch? „Spaß muss sein.“

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber