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Circus Krone - Tour 2015
www.circus-krone.de ; 155 Showfotos

München, 2. April 2015: Wenn der Circus Krone seine mächtigen Zeltanlagen unweit des Münchner Stammhauses auf der Theresienwiese aufschlägt, dann ist das, zumindest auf die Reisesaison bezogen, eines der letzten großen Ereignisse in der deutschen Circus-Landschaft. Bedeutet dies doch, dass der größte Circus Europas ein neues Saison-Programm präsentiert. Nach vier Jahren war es nun wieder einmal soweit: mit "Evolution" feierte Anfang April die aktuelle Produktion ihre umjubelte Premiere. Dabei bricht der Circus Krone einmal mehr eine Lanze für den klassischen Tier-Circus.

Denn im tierischen Bereich lässt das Unternehmen keine Wünsche offen: mit den prolongierten Seelöwen der Familie Duss, dem neu hinzugekommenen Alessio Fochesato mit seinen Papageien sowie Martin Lacey jr. und seiner neuen, herausragenden Raubtier-Sensation präsentiert Krone gleich drei Tier-Darbietungen, die wohl unangefochten an der Spitze ihres jeweiligen Genres stehen. Hinzu kommen die hauseigenen Pferde, Elefanten und Exoten. "Evolution" bietet darüber hinaus im artistischen Bereich jeweils zwei große Truppen und überzeugende Solo-Akteure sowie als Clowns wirkliche Meister des Klamauks. Die Einsätze des Balletts sind hingegen weiter dosiert worden. Neben Opening und Finale hat es im Grunde nur einen einzigen großen Auftritt.


Opening, Roland Duss, Fumagalli

Doch von vorne: "Evolution" beginnt dort, wo die Vorgänger-Produktion "Celebration" aufgehört hat. Das Ballett tanzt in schwarzen und weißen Glitzeranzügen zu den Melodien von Michael Jackson. Nach und nach kommen die Artisten über die Showtreppe in die Manege und werden von einer Stimme aus dem Off angekündigt. Nikolai Tovarich spricht die berühmten Begrüßungsworte. Die Truppe Khadgaa zeigt einige Sequenzen ihrer Seilsprung-Nummer, dann folgt bereits ein erster größerer Umbau. Die Requisiteure bringen die Utensilien für die Seelöwen. Zunächst agieren Roland Duss und ein Tier alleine. Beide zeigen eine Einlage als "Putzmänner". Dann kommen auch Petra Duss und die drei weiteren Meeressäuger hinzu. Die bekannte, ungeheuer trickstarke und kreative Darbietung nimmt ihren Lauf. Nach wie vor beeindruckt das interaktive Miteinander der Tiere untereinander sowie mit ihren menschlichen Vertrauten. Schön, diese Darbietung weiterhin bei Krone sehen zu können. Nach den eher musikalischen Intermezzi mit den Rossyann im letzten Programm, ist mit Fumagalli und seinem Bruder Daris Huesca nun Klamauk angesagt. Der kommt im großen Krone-Zelt bestens an. So auch jene Slapstick-Kaskaden der beiden Italiener rund um einen Tisch, bei denen Fumagalli natürlich auch seine "Mama" in der Loge entdeckt.


Jana Mandana und James Puydebois, Tonito Alexis, Truppe Khadgaa

Juniorchefin Jana Mandana bringt zusammen mit James Puydebois die Elefanten des Unternehmens in die Manege. Sechs Tiere (vier Inder und zwei Afrikaner) zeigen dabei ein breites Repertoire. Die vier indischen Dickhäuter-Damen tragen dabei Reiterinnen in bunten "Paradiesvogel"-Kostümen auf dem Rücken. Zu sehen sind Lauf- und Postamentarbeit, Big Mount sowie Fuß- und Kopfstand. Eine Ballett-Tänzerin zeigt einen Spagat in vom Elefanten gehaltenen Ringen, und Jana Mandana selbst lässt sich am Rüssel durch die Manege wirbeln. Mit Tonito Alexis wurde ein weiterer, junger Clown verpflichtet. Hier isst er einen brennende Kerze, deren Flamme anschließend an seinem Hinterteil wieder aufleuchtet. Tonito Alexis war bereits im März-Programm im Bau zu sehen. Im Februar dort zu Gast war die Truppe Khadgaa. Jetzt sind die Mongolen mit auf Tournee. Mit ihrer Mischung aus Kraftdemonstration und Handvoltigen sorgen sie für eine volle Manege. Bei der Kraftdemonstration stehen die männlichen Akteure im Mittelpunkt, tragen schwere Gewichte und andere Truppenmitglieder. Bei den Handvoltigen setzen die weiblichen Mitglieder die Akzente, fliegen bis zum Vier-Personen-Hoch. Einzigartig wird die Nummer durch den atmosphärischen Kehlkopfgesang als Begleitung.


Clara Puydebois, Jana Mandana, Crazy Wilson Dominguez

Nachdem sich auch Tonito Alexis als "starker Mann" bewiesen hat, beginnen die Pferde-Vorführungen. Sie sind wieder im Block mit dem Ballett inszeniert. Zu Beginn erscheinen fünf Araber im UV-Licht, die sich in der Manege ausleben können und so für ein schönes Bild sorgen. Anschließend folgen sechs Cremellos sowie sechs Falben. Mit ihnen zeigt Jana Mandana eine gut laufende Freiheitsdressur. Gruppensteiger, diverse Solo-Steiger und Kapriole bilden den Höhepunkt. Dann hat das Ballett seinen großen Auftritt. In den nächsten Minuten gehört die Manege den tanzenden "Gipsys und Husaren", wie das Bild betitelt ist. Mit Rasseln und Geigen soll hier ungarische Folklore vermittelt werden. Clara Puydebois singt dazu im Playback. Leider gerät die Szenerie deutlich zu lang. Schließlich leiten acht Ballett-Tänzerin direkt im Anschluss auch noch Jana Mandanas Hohe Schule in Husarenuniform ein. Eine andere Reihenfolge – etwa zunächst Ballett, dann Pferdefreiheit und Überleitung zur Hohen Schule – wäre sicherlich sinnvoller gewesen. Mit Tonito Alexis' "Elvis"-Interpretation geht es weiter zu Crazy Wilson Dominguez. Unterstützt von zwei Tänzerinnen entert er die Manege auf einem Motorrad; mehrere Dimensionen größer ist jenes Motorrad, das bereits unter der Kuppel schwebt. Das Todesrad hat eine perfekte Verpackung bekommen, die Illusion des überdimensionalen Motorrads ist wirklich toll. Sie wird allerdings recht schnell wieder zerstört, damit Crazy Wilson seine bekannte Eskapaden wie Seilspringen, Sprünge und natürlich die Salti auf dem Außenrad zeigen kann. Das Publikum fiebert begeistert mit, da hätte es die vehemente Applaus-Heischerei gar nicht benötigt. Schade, denn so erhalten die Standing Ovations einen schalen Beigeschmack.


Martin Lacey Jr., Fumagalli und Tonito Alexis, Picaso Jr.

Ganz anders ist die Situation nach der Pause. Das Publikum erhebt sich wie selbstverständlich, ohne Aufforderung von den Sitzen. Kein Wunder, sind doch die vorausgegangenen dreißig Minuten in der Tat ganz große Circuskunst. Ja schlicht sensationell. Nicht nur die Größe der Löwen- und Tigertruppe um Martin Lacey jr. ist gigantisch, auch die gezeigten Tricks sind es. Lacey beweist einmal mehr, dass er der Star des Unternehmens ist, und die Zuschauer feiern ihn wie einen. Insgesamt erlebt das neue Saison-Programm jetzt seine eindeutig stärkste Phase, schließen sich – nach Umbau und einer kurzen Präsentation der Exoten sowie des Nashorns Tsavo – doch noch zwei weitere Weltklasse-Nummern an. Seine Version des "Bienchens" hat Fumagalli – hier zusammen mit Bruder Daris Huesca sowie Tonito Alexis als seriösen Weißclown dargeboten – zur Lachlegende gemacht. Es ist immer wieder herrlich, diesen mit viel Spielfreude vorgetragenen Klassiker zu sehen. Dann stürmt Picaso jr. die Manege. Seine Mundjonglage mit den Pingpong-Bällen ist grandios, die Touren mit den fliegenden Tellern bringen das Zelt zum Kochen. Erst recht, wenn der Spanier sich seinen Weg durch die Zuschauerreihen sucht. Er ist der artistische Höhepunkt von "Evolution"!


Finale

Abschließend geht es gleich zwei Mal in die Luft. Alessio Fochesato und seine Papageien bieten wieder zahlreiche wunderbare Momente, gerade wenn die Tiere ihre Runden durchs Zelt drehen. Charmant sind aber auch die eher kleinen Tricks, wie das Überreichen einer Rose. Hier gilt ebenfalls: Schön, diese Darbietung nun bei Krone sehen zu können. Den Aufbau des Fangnetzes für das Flugtrapez überbrückt Tonito Alexis mit einem Trompeten-Solo. Die Flying Zuniga sind weiterhin dabei und gar zur Schlussnummer aufgerückt. Absolut sicher zeigen die fünf Akteure ein klassisches Repertoire, bis hin zur Passage und dem dreifachen Salto, hier sogar mit verbundenen Augen gesprungen. Das Finale bringt dann nochmals alle Akteure zusammen; das Ballett tanzt dazu im Samba-Stil.

"Evolution" ist ein wahres Festival der Monte-Carlo-Sieger. Preisträger von insgesamt zwei goldenen Clowns, acht silbernen Clowns und zwei bronzenen Clowns sind hier in der Manege vereint. Auch die neue Produktion weist somit Dimensionen auf, mit denen – zumindest auf Saison – kein anderes Unternehmen in Deutschland konkurrieren kann. Krone ist und bleibt einfach ein Circus-Gigant.

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Text: Benedikt Ricken; Fotos: Stefan Gierisch