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Ohlala - sexy crazy artistic 2015
www.circusohlala.ch ; 130 Showfotos

Dübendorf, 26. September 2015: Unschuldig und rein wirkt die Artistin im weißen Tutu, wie ein edler Schwan. Klar, dass dies bei „Ohlala“ nicht lange so bleibt. Schließlich präsentieren Gregory und Rolf Knie zum fünften Mal eine erotische Circusshow in Dübendorf bei Zürich. Von den anderen Mitgliedern des Ensembles wird der Schwan hineingezogen in die Welt der Sünde und Versuchung. Beißt in den verbotenen Apfel wie Eva im Paradies. Lässt sich immer weitere Teile ans Kostüm anlegen, bis aus dem weißen Schwan ein schwarzer geworden ist. Er symbolisiert Verruchtheit und Böses.

Gregory Knie ist sichtlich entspannt, als er nach der Samstagabendvorstellung für ein Gespräch zur Verfügung steht. Gemeinsam mit seinem Vater Rolf Knie produziert er im fünften Jahr in Folge diese erotische Circusshow, und auch der „sexte“ Akt im nächsten Jahr ist schon geplant. Während die aktuelle Show schon den fünften Abend läuft, weilt Rolf Knie immer noch in seiner Wahlheimat Mallorca – Sohn Gregory hat hier in Dübendorf freie Hand. Und führte auf der runden Bühne selbst Regie, unterstützt von einem vielköpfigen Kreativteam. Diesem gehört unter anderem der renommierte Choreograph Fidel Buika an, der ansonsten Tanzshows für Nike oder Swatch kreiert. Dass alljährlich auch klassische Zirkusartisten wie Cristina Garcia oder die Guidis gerne bei „Ohlala – SEXY CRAZY ARTISTIC“ dabei sind, „ehrt mich sehr“, sagt Gregory Knie, das gebe ihm eine gewisse Sicherheit und sei ein gutes Zeichen. Erklären müsse man ihnen nicht, worum es bei „Ohlala“ geht, das habe sich in der Circuswelt schnell herumgesprochen. Verlassen kann sich der junge Direktor auch auf seinen technischen Berater Franz Althoff, nach dessen Ideen und Vorgaben das fabrikneue Chapiteau gefertigt wurde. „Und zwar so, dass hier beim Aufbau keine Schraube ausgetauscht werden musste“, lobt Gregory Knie. Wie schon bei „Salto Natale“, der Winterproduktion von Rolf und Gregory Knie, ist das neue Zelt im Inneren mastenfrei. Damit ist beste Sicht von allen Plätzen gewährleistet. Anders als bei „Salto Natala“ stehen nur 880 anstatt 1300 Plätze zur Verfügung.


Duo Guidi, Ballett mit Zuschauerin, Cristina Garcia

Und dieser intime Rahmen, der durch das wunderbar aufwendig dekorierte Foyerzelt ergänzt wird, passt perfekt zur Show. Eine Stimme aus dem Off fordert zu Beginn dazu auf, in eine erotische Welt abzutauchen und zu sich der bedingungslosen Liebe hinzugeben. Bereits im Opening wird das Schwanen-Thema eingeführt. Dann gehört die Bühne Cristina Garcia, die in sinnlicher Aufmachung mit schwarzen Strümpfen und Handschuhen ihr enormes Können als Kontorsionistin demonstriert. Dass das Outfit ihrem regulären Circuskostüm entspricht, unterstreicht nur die Feststellung von Vater und Sohn Knie: Sinnlichkeit und Erotik gehörten schon immer zum Circus und sind ein wichtiger Teil davon. Unter anderem nimmt Garcia mit dem Mund eine Rose vom Boden auf und zeigt den Bogenschuss. Starker Applaus ist ihr gewiss, ebenso wie dem Ikarier-Duo Guidi. Sacha Guidi wirbelt seine Ehefrau und Bühnenpartnerin Iana Suiarko mit den Füßen durch die Luft, mit einer Abfolge von zehn Überschlägen am Stück krönt sie ihre Darbietung. Die beiden spanischen Komiker Pedro und Carlos zeigen zunächst als Tänzer und Primaballerina in schwarzem Leder- und Netzoutfit bzw. weißem Tutu ihr Können. Nach diesem Auftakt folgt ein Mitmach-Akt der gewagten Sorte. Eine Zuschauerin muss auf einem Stuhl Platz nehmen, zwei männliche Gäste sollen eine Polizisten-Uniform bzw. einen Schottenrock anziehen. Und diese Kleidungsstücke dann bei einem Striptease für die Dame wieder ablegen. Spätestens nachdem unter dem Schottenrock ein – ohlala! – monströser Plüsch-Penis zum Vorschein kommt und wild umhergeschwenkt wird, ist der Jubel auf den Rängen grenzenlos. Damit nicht genug. Als Zugabe für die Dame gibt es noch einen heißen Tanz der drei Herren aus dem Ohlala-Ballett, die bald noch von fünf Artisten unterstützt werden. Samt Stuhl wird die Zuschauerin schließlich von den kräftigen Kerlen hinter den roten Vorhang getragen.


Ailona, Up and over it, Jean Passos

Nun ist es wieder Zeit für weibliche Reize. Und von denen reichlich hat Hula Hoop-Artistin Ailona Lukyanova, die ein knappes Outfit mit einer soliden Trickfolge kombiniert. Komik und (Stepp-)Tanz verbindet das Duo „Up an over it“, die Irin Suzanne Cleary und der Engländer Peter Harding. Er im schwarzen Smoking, sie im Abendkleid und mit heillos verschmiertem Make-up zelebrieren Dekadenz. Beide sitzen an einem Tisch, lassen die Champagnerkorken knallen und hantieren mit „Kokain“, dass es nur so staubt. Und dabei trommeln sie rhythmisch mit den Händen auf dem Tisch und steppen, weiterhin sitzend, mit den Füßen. Das alles ist nicht nur außergewöhnlich, sondern auch ein großer Spaß. Wie in Trance, in einem Taumel, in einer Orgie, wankt das gesamte Ohlala-Ensemble schließlich durch die Zuschauereingänge Richtung Pause. – Auch der zweite Programmteil beginnt mit einer solchen Ensembleszene. Die vier Ballettgirls tragen Netzbodys mit freien Brüsten und Pobacken, die Tänzer Lederoutfits – und jeder, ob Frau oder Mann, einen Handspiegel, der Lichtstrahlen aus der Kuppel reflektiert. Der geheimnisvolle Aufzug mündet in der Badewannen-Nummer des Brasilianers Jean Passos. Er planscht im kühlen Nass, zeigt Akrobatik auf dem Wannenrand und schwingt sich klitschnass zur Luftartistik an Tüchern unter die Zeltkuppel. Spektakulär sein Schlusstrick, bei dem ein Abfaller blitzschnell in einen Genickhang übergeht. Sexy die Zugabe, wenn er in der Wanne seine Badeshort ablegt und die Bühne splitterfasernackt verlässt.

 
Ballett, Judita Latigos mit Zuschauerin

Wie schon in den beiden Vorjahren darf auch diesmal eine Bodypainting-Nummer nicht fehlen. Diese spielt heuer im Krankenhaus. Dort werden die Patienten mit fluoreszierender Farbe aus Infusionsflaschen „versorgt“, bis ihre Körper sich in leuchtende Bilder verwandeln – und, als provokativer Höhepunkt, eine leuchtende Babypuppe das Licht der Welt erblickt. Eine Darbietung des Ohlala-Balletts, bei der die Damen oben ohne und die Herren nur in Stringtangas agieren. Das schemenhafte Licht sorgt dafür, dass man dennoch mehr zu ahnen als zu sehen bekommt. Comedy-Act Nummer drei kommt aus Venezuala: Ein Macho mit Schnurrbart präsentiert seine Peitschenspiele und schlägt einer Zuschauerin eine Rose vom Kopf und eine Papierrolle aus dem Mund. Sein Striptease zum Abschluss sorgt für eine echte Überraschung: Der Macho ist in Wahrheit eine Dame, Judita Latigos.


Arrow Dancers, Oblivion, Matt und Valentina

Was nun folgt, ist eine echte Schlussoffensive in diesem Programm. Sie wird eröffnet vom Duo Oblivion mit seiner Messerwurf-Nummer. Tyrone Laner trifft hier mit dem Messer eine Rose, die seine Partnerin Guillerma Pagliero mit dem Mund hält. Mit schnellen Bewegungen weicht sie seinen Messerwürfen aus. Macht sich auch zur „Zielscheibe“ für Fackeln. Und schreckt nicht davor zurück, an einer großen Scheibe zu rotieren, während wieder die Messer fliegen. Ins Rotieren kommen auch die beiden Engländer Matt und Valentina bei ihrer starken Rollschuh-Nummer, die alle genretypischen Tricks enthält. Valentina ist der „Schwan“ aus der Rahmenhandlung. Nunmehr ist ihr Kostüm schwarzweiß. Und so ist das Ergebnis ihrer Reise in die verruchte Welt von Ohlala, dass zu jedem Menschen beides gehört: Weiß und Schwarz, Gut und Böse, Unschuld und Begierde. Oder eben Yin und Yang. Gregory Knie selbst zieht auch den Vergleich zum Artistenleben, das aus Freude ebenso wie aus Härten und Schmerz besteht. Für den Abschluss sorgen schließlich die vier „Arrow Dancers“ mit ihrem georgischen Tanz. In pfeilschnellen Pirouetten drehen sie über die Bühne. Landen in ihren weichen Lederstiefeln auf den Knien, um mit einem Satz wieder auf die Beine zu kommen und sich in martialische Posen zu werfen oder sich mit Schwertern zu duellieren. Männlichkeit und Stärke symbolisiert dieser traditionelle Volkstanz, der sich damit perfekt in das Showkonzept einfügt.


Lucia Sky

Mit exquisitem Licht und ebensolcher Livemusik der vierköpfigen Band unter Orlando Ribar wird von Anfang an für Stimmung und Atmosphäre gesorgt. Hinzu kommt Sängerin Lucia Sky, die viele Nummern mit ihrer starken Stimme begleitet. Noch cooler und moderner als im Vorjahr sind Fidel Buikas neueste Tanzchoreographien. Was die Tänzer zeigen, wirkt wie aus einem angesagten Club entsprungen.

 Drei Ausgaben von „Ohlala“ haben wir nun gesehen. So rund und stimmig, so sinnlich und sexy wie diesmal war die Show in dieser Zeit noch nie. Standing Ovations des gesamten Publikums waren an diesem Abend der verdiente Lohn.

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Text: Markus Moll, Fotos: Tobias Erber