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Circus Probst - Tour 2015
www.circus-probst.de ; 75 Showfotos

Wiesbaden, 25. April 2015: „Unter den Guten einer der Besten“ - Mit diesem Versprechen positioniert sich der Circus Probst schon seit längerer Zeit äußerst sympathisch. Und das in einer um Superlative nicht eben verlegenen Branche. Die Tournee 2015 steht nun unter dem Titel „Leidenschaft“. Damit ist der Familie von Reinhard Probst wiederum eine treffende Selbsteinschätzung gelungen. Eine, die diese neue Show wunderbar bestätigt. Denn die Mitwirkenden sind wirklich mit Leib und Seele dabei. Allen voran natürlich Stephanie und Reinhard Probst, die mit ihren Tierdressuren wie gewohnt großen Raum einnehmen.

Zu den kubanischen Artisten kommen nun Manegenkünstler aus China. Keine, für die nur Spitzenleistungen gelten, sondern solche die Spaß an ihren anspruchsvollen Auftritten haben. Besondere Sympathieträger sind zudem die Stoliarovs. Diese Clownsfamilie sorgt für wirklich ausgelassene Heiterkeit.


Entree

Das Publikum wird gleich beim Betreten des Vorzelts von zwei Artisten begrüßt. Eintrittskarten werden hier noch nicht verlangt. Die müssen erst beim Betreten des Chapiteaus vorgezeigt werden. Also dann, wenn sie ohnehin benötigt werden, um den gebuchten Platz gezeigt zu bekommen. Stattdessen besteht vor der Vorstellung – und später in der Pause – die Möglichkeit, an den Tischen Platz zu nehmen, um etwas zu trinken oder zu essen. Im Spielzelt fällt der bekannte Artisteneingang ins Auge. Der mittlere der drei Vorhänge bietet den Artisten angemessen Raum, sich zu präsentieren. Darüber sitzt das Orchester unter der Leitung von Nikolay Kozak. Die Begleitung des Geschehens in der Manege durch die Musiker ist wirklich sehr gelungen. Der Gesamtwirkung ist dies, genauso wie das Lichtdesign von Andreas Probst, sehr förderlich.


Stephanie Probst, Stephanie Probst mit Sergiu Mosanu und Utnier, Reinhard Probst

Die Begrüßung übernimmt Direktor Reinhard Probst im glitzernden Frack selbst. Als erste Nummer sagt er seine Tochter Stephanie an. Im eleganten Kleid präsentiert sie ihre neueste Dressurkreation. Es ist eine Freiheit mit jeweils drei Dromedaren, Friesen, weißen Arabern und schwarzen Dartmoorponys. Die nach wie vor jugendliche Tierlehrerin hat ihre zwölf Schützlinge prima im Griff und führt sie gewinnend vor. Gedanken an ihren unvergessenen Lehrmeister Uwe Schwichtenberg werden wach, wenn sie die Pferde und Dromedare zu variantenreichen Lauffiguren anleitet. Auf dem Rücken von Friesen präsentiert sich Stephanie Probst in zwei weiteren Auftritten nach der Pause. Zunächst reitet sie auf zwei Tieren stehend eine Ungarische Post. Mehrere Araber lässt sie unter sich durch laufen, um deren lange Zügel zu greifen. Auf dem Rücken von drei Friesen erleben wir schließlich das selten gezeigte Pas de Trois. Ihr Ehemann Sergiu Mosanu und der kubanische Artist Utnier bilden die Untermänner für Stephanie Probst. Zusammen zeigen sie mit bemerkenswerten artistischen Raffinessen schön anzusehende Figuren. Bei so vielen Tiernummern mit Pferden sorgt Reinhard Probst mit seinem verjüngten Exotentableau für einen schönen Kontrast. Rinder, Dromedare, Kamele, Lamas, Moritzburger, ein Emu und ein Zebra sorgen für eine volle Manege. Der grundsätzliche Ablauf ist seit vielen Jahren bekannt.


Tony Erblay, Utnier und Darian, Flying Molinas

Nachdem es bei Probst Tourneen gab, auf denen der gesamte artistische Bereich von Akteuren aus Kuba bestritten wurde, sind nun einzelne Nummern mit Künstlern aus diesem Land dabei. Tony Erblay hat sich genauso wie Utnier und Darian der Akrobatik am Masten verschrieben. Das Requisit von Tony Erblay ist vergleichsweise kurz und hat an seiner Spitze einen Metallring. Auf diesem begeistert er mit Hand- und Kopfständen. Um nach oben zu gelangen, setzt er sehr elegant seine Muskelkraft ein. Scheinbar mühelos dreht er sich an den Händen um die Stange. Zwei lange nebeneinander aufgebaute Masten bilden das Arbeitsgerät für Utnier und Darian. Als Besonderheit werden sie durch zwei waagerechte Stangen verbunden. Diese nutzt das Duo für Handvoltigen als Fangstuhl. Mittelpunkt ihres Auftritts sind aber mit viel Temperament dargebotene Touren an den vertikalen Masten. Die beiden Sunnyboys sind mit großem Einsatz bei der Sache und überzeugen auch artistisch auf ganzer Linie. Ursprünglich agierte der mit seinen Jonglagen bekannte Daikel als Partner von Utnier. Nachdem Daikel zu Saisonstart nicht zu Probst zurückkehrte, sprang Darian Vargas ein. Den artistischen Höhepunkt bildet ein für das Probst-Publikum neues kubanisches Ensemble, das allerdings schon beim letzten Gelsenkirchener Weihnachtscircus unter dem gelb-roten Chapiteau zu sehen war. Die Flying Molinas, zu ihnen gehört Darian Vargas, bringen eine wirklich große Luftnummer unter die Kuppel. Zwei Fliegerinnen, zwei Flieger und zwei Fänger sorgen für eine wahre lateinamerikanische Flugschau vor der Pause. Der zweite Fänger auf Höhe der Aufhängung des Trapezes ermöglicht ganz besondere Kombinationen, die das Sextett natürlich im Repertoire hat. Dazu gehört natürlich ebenfalls der sicher gefangene Dreifache und die Passage. Das alles dargeboten mit ordentlich Rhythmus und eben wahrer Leidenschaft. Eine echte Bereicherung.


He Yuan, Wang Lin, Ren Yanan

War das Flugtrapez also im vergangenen Winter in Gelsenkirchen, konnten wir die chinesischen Artisten beim Krefelder Weihnachtscircus sehen. He Yuan bewegt sich mit eindrucksvollem Gleichgewichtssinn auf einem Einrad. Darauf balancierend, wirft sie mit dem Fuß kleine Schüsseln in die Höhe, um sie mit dem Kopf zu fangen. Gerne auch mehrere Schälchen gleichzeitig. Das tut die Artistin aus Peking zunächst am Boden fahrend, später dann auf einer großen roten Kugel. Am Ende fliegt gar ein Löffel in die oberste Schüssel. Als Schlangenmädchen erleben wir Wang Lin. Die 18-jährige Kontorsionistin verbiegt ihren Körper auf sehr ästhetische Weise. Dabei hat sie immer ein Lächeln auf den Lippen. Eine besondere Atmosphäre entsteht, wenn Wang Lin Leuchter echte Kerzen auf Händen, Füßen, der Stirn sowie mit dem Mund balanciert. Ein stimmungsvolles Bild, das in Erinnerung bleibt. Einen Eindruck, den die Zuschauer mit nach Hause nehmen, sollte auch die Schlussnummer hinterlassen. Ren Yanan schafft das mit seiner Darbietung auf dem Schlappseil ganz sicher. Die Tricks lassen keine Wünsche offen, und der Verkauf hat sich seit Krefeld gesteigert. Wenngleich der sympathische 21-Jährige noch ein wenig extrovertierter agieren könnte. Dafür werden wir mit Kunststücken wie dem Spagat, dem Balancieren auf einer Leiter, dem Handstand oder der Fahrradfahrt kopfüber verwöhnt. Am Ende läuft er souverän über das weit schwingende Seil.


Jim Bim, Irada Stoliarov, Vladimir und Denis Stoliarov

Akrobatische Leistungen dürfen wir auch im Bereich Clownerie erleben. Da ist zunächst Sergiu Mosanu in seiner Rolle als angeheiterter Anzugträger Jim Bim. Mit leichten – selbstverständlich gespielten - Orientierungsproblemen turnt er beherzt über ein Sprungbrett, um in einem Wasserbecken zu landen. Letzteres ist natürlich ein Trampolin, welches er für mehr oder weniger elegante Sprünge nutzt. Am Ende gar im neckischen Badeoutfit. Die hohe russische Schule der Artistik ist angesagt, wenn Irada Stoliarov von der Bühne kommend die Manege betritt. Dabei wird sie von Utnier und Darian begleitet, während Sohn Denis Saxophon spielt. Am Trapez zeigt sie zunächst wirkliches Können. Kein Wunder, wurde sie doch an der Moskauer Artistenschule ausgebildet. Als es dann aber Schwierigkeiten mit der Longe gibt, nimmt das Unheil seinen Lauf. Ehemann Vladimir kommt samt Dennis zur Hilfe. Damit ist das Chaos perfekt. Die drei hängen aneinander, reißen ihr Teile des Kostüms vom Leib und rutschen auf aberwitzige Weise eine Strickleiter hinunter. Zwischendurch zeigen die drei tolle Tricks. Die weiteren Auftritte als Clowns absolvieren Vladimir und Denis im Duo. Es sind immer fröhliche, farbenfrohe und vor allem wirklich witzige Nummern. Ganz egal, ob sie eine lebende Marionette und ihren Puppenspieler darstellen oder großen Spaß mit Hula Hoop-Reifen verbreiten. Es sind Artisten, Clowns durch und durch. Auch ihnen ist deutlich anzumerken, dass sie mit Leidenschaft dabei sind.

Circus mit Leidenschaft zu spielen – dieses Versprechen lösen die Familie Probst und alle anderen Mitwirkenden also auf das Beste ein. Die Mischung stimmt: Mit China, Russland und Kuba sind große Circusnationen vertreten. Mit ihren liebevollen Dressuren erbringt die Direktion den Beweis, dass es den klassischen Circus nur mit Tieren geben kann. Nicht zuletzt sind es die sympathischen, zumeist jungen Artisten, die den besonderen Charme dieser Produktion 2015 des Circus Probst ausmachen. Sie sind mit großem Engagement und vollem Herzen dabei. Bleibt abschließend zu wünschen, dass die Show den Zuspruch des Publikums erhält, den sie verdient.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch