Zu
den kubanischen Artisten kommen nun Manegenkünstler aus China. Keine,
für die nur Spitzenleistungen gelten, sondern solche die Spaß an ihren
anspruchsvollen Auftritten haben. Besondere Sympathieträger sind zudem die Stoliarovs. Diese Clownsfamilie sorgt für wirklich ausgelassene
Heiterkeit.
Entree
Das
Publikum wird gleich beim Betreten des Vorzelts von zwei Artisten
begrüßt. Eintrittskarten werden hier noch nicht verlangt. Die müssen
erst beim Betreten des Chapiteaus vorgezeigt werden. Also dann, wenn
sie ohnehin benötigt werden, um den gebuchten Platz gezeigt zu
bekommen. Stattdessen besteht vor der Vorstellung – und später in der
Pause – die Möglichkeit, an den Tischen Platz zu nehmen, um etwas zu
trinken oder zu essen. Im Spielzelt fällt der bekannte Artisteneingang
ins Auge. Der mittlere der drei Vorhänge bietet den Artisten angemessen
Raum, sich zu präsentieren. Darüber sitzt das Orchester unter der
Leitung von Nikolay Kozak. Die Begleitung des Geschehens in der
Manege durch die Musiker ist wirklich sehr gelungen. Der Gesamtwirkung ist dies, genauso
wie das Lichtdesign von Andreas Probst, sehr förderlich.
Stephanie Probst, Stephanie Probst mit Sergiu Mosanu und Utnier, Reinhard Probst
Die
Begrüßung übernimmt Direktor Reinhard Probst im glitzernden Frack
selbst. Als erste Nummer sagt er seine Tochter Stephanie an. Im
eleganten Kleid präsentiert sie ihre neueste Dressurkreation. Es ist
eine Freiheit mit jeweils drei Dromedaren, Friesen, weißen Arabern und
schwarzen Dartmoorponys. Die nach wie vor jugendliche Tierlehrerin hat
ihre zwölf Schützlinge prima im Griff und führt sie gewinnend vor.
Gedanken an ihren unvergessenen Lehrmeister Uwe Schwichtenberg werden
wach, wenn sie die Pferde und Dromedare zu variantenreichen Lauffiguren
anleitet. Auf dem Rücken von Friesen präsentiert sich Stephanie Probst
in zwei weiteren Auftritten nach der Pause. Zunächst reitet sie auf
zwei Tieren stehend eine Ungarische Post. Mehrere Araber lässt sie
unter sich durch laufen, um deren lange Zügel zu greifen. Auf dem
Rücken von drei Friesen erleben wir schließlich das selten gezeigte Pas
de Trois. Ihr Ehemann Sergiu Mosanu und der kubanische Artist Utnier
bilden die Untermänner für Stephanie Probst. Zusammen zeigen sie mit
bemerkenswerten artistischen Raffinessen schön anzusehende Figuren. Bei
so vielen Tiernummern mit Pferden sorgt Reinhard Probst mit seinem
verjüngten Exotentableau für einen schönen Kontrast. Rinder, Dromedare,
Kamele, Lamas, Moritzburger, ein Emu und ein Zebra sorgen für eine
volle Manege. Der grundsätzliche Ablauf ist seit vielen Jahren bekannt.
Tony Erblay, Utnier und Darian, Flying Molinas
Nachdem es bei
Probst Tourneen gab, auf denen der gesamte artistische Bereich
von Akteuren aus Kuba bestritten wurde, sind nun einzelne
Nummern mit Künstlern aus diesem Land dabei. Tony Erblay hat
sich genauso wie Utnier und Darian der Akrobatik am Masten
verschrieben. Das Requisit von Tony Erblay ist vergleichsweise
kurz und hat an seiner Spitze einen Metallring. Auf diesem
begeistert er mit Hand- und Kopfständen. Um nach oben zu
gelangen, setzt er sehr elegant seine Muskelkraft ein.
Scheinbar mühelos dreht er sich an den Händen um die Stange.
Zwei lange nebeneinander aufgebaute Masten bilden das
Arbeitsgerät für Utnier und Darian. Als Besonderheit werden
sie durch zwei waagerechte Stangen verbunden. Diese nutzt das
Duo für Handvoltigen als Fangstuhl. Mittelpunkt ihres
Auftritts sind aber mit viel Temperament dargebotene Touren an
den vertikalen Masten. Die beiden Sunnyboys sind mit großem
Einsatz bei der Sache und überzeugen auch artistisch auf
ganzer Linie. Ursprünglich agierte der mit seinen Jonglagen
bekannte Daikel als Partner von Utnier. Nachdem Daikel zu
Saisonstart nicht zu Probst zurückkehrte, sprang Darian Vargas
ein. Den artistischen Höhepunkt bildet ein für das
Probst-Publikum neues kubanisches Ensemble, das allerdings
schon beim letzten Gelsenkirchener Weihnachtscircus unter dem
gelb-roten Chapiteau zu sehen war. Die Flying Molinas, zu
ihnen gehört Darian Vargas, bringen eine wirklich große
Luftnummer unter die Kuppel. Zwei Fliegerinnen, zwei Flieger
und zwei Fänger sorgen für eine wahre lateinamerikanische
Flugschau vor der Pause. Der zweite Fänger auf Höhe der
Aufhängung des Trapezes ermöglicht ganz besondere
Kombinationen, die das Sextett natürlich im Repertoire hat.
Dazu gehört natürlich ebenfalls der sicher gefangene Dreifache
und die Passage. Das alles dargeboten mit ordentlich Rhythmus
und eben wahrer Leidenschaft. Eine echte Bereicherung.
He Yuan, Wang Lin, Ren Yanan
War
das Flugtrapez also im vergangenen Winter in Gelsenkirchen, konnten wir
die chinesischen Artisten beim Krefelder Weihnachtscircus sehen. He
Yuan bewegt sich mit eindrucksvollem Gleichgewichtssinn auf einem
Einrad. Darauf balancierend, wirft sie mit dem Fuß kleine Schüsseln in
die Höhe, um sie mit dem Kopf zu fangen. Gerne auch mehrere Schälchen
gleichzeitig. Das tut die Artistin aus Peking zunächst am Boden
fahrend, später dann auf einer großen roten Kugel. Am Ende fliegt gar
ein Löffel in die oberste Schüssel. Als Schlangenmädchen erleben wir
Wang Lin. Die 18-jährige Kontorsionistin verbiegt ihren Körper auf sehr
ästhetische Weise. Dabei hat sie immer ein Lächeln auf den Lippen. Eine
besondere Atmosphäre entsteht, wenn Wang Lin Leuchter echte Kerzen
auf Händen, Füßen, der Stirn sowie mit dem Mund balanciert. Ein
stimmungsvolles Bild, das in Erinnerung bleibt. Einen Eindruck, den die
Zuschauer mit nach Hause nehmen, sollte auch die Schlussnummer
hinterlassen. Ren Yanan schafft das mit seiner Darbietung auf dem
Schlappseil ganz sicher. Die Tricks lassen keine Wünsche offen, und der
Verkauf hat sich seit Krefeld gesteigert. Wenngleich der sympathische
21-Jährige noch ein wenig extrovertierter agieren könnte. Dafür werden
wir mit Kunststücken wie dem Spagat, dem Balancieren auf einer Leiter,
dem Handstand oder der Fahrradfahrt kopfüber verwöhnt. Am Ende läuft er
souverän über das weit schwingende Seil.
Jim Bim, Irada Stoliarov, Vladimir und Denis Stoliarov
Akrobatische
Leistungen dürfen wir auch im Bereich Clownerie erleben. Da ist
zunächst Sergiu Mosanu in seiner Rolle als angeheiterter Anzugträger
Jim Bim. Mit leichten – selbstverständlich gespielten -
Orientierungsproblemen turnt er beherzt über ein Sprungbrett, um in
einem Wasserbecken zu landen. Letzteres ist natürlich ein Trampolin,
welches er für mehr oder weniger elegante Sprünge nutzt. Am Ende gar im
neckischen Badeoutfit. Die hohe russische Schule der Artistik ist
angesagt, wenn Irada Stoliarov von der Bühne kommend die Manege
betritt. Dabei wird sie von Utnier und Darian begleitet, während Sohn
Denis Saxophon spielt. Am Trapez zeigt sie zunächst wirkliches Können.
Kein Wunder, wurde sie doch an der Moskauer Artistenschule ausgebildet.
Als es dann aber Schwierigkeiten mit der Longe gibt, nimmt das Unheil
seinen Lauf. Ehemann Vladimir kommt samt Dennis zur Hilfe. Damit ist
das Chaos perfekt. Die drei hängen aneinander, reißen ihr Teile des
Kostüms vom Leib und rutschen auf aberwitzige Weise eine Strickleiter
hinunter. Zwischendurch zeigen die drei tolle Tricks. Die weiteren
Auftritte als Clowns absolvieren Vladimir und Denis im Duo. Es sind
immer fröhliche, farbenfrohe und vor allem wirklich witzige Nummern.
Ganz egal, ob sie eine lebende Marionette und ihren Puppenspieler
darstellen oder großen Spaß mit Hula Hoop-Reifen verbreiten. Es sind
Artisten, Clowns durch und durch. Auch ihnen ist deutlich anzumerken,
dass sie mit Leidenschaft dabei sind.
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