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Circus Royal - Tour 2015
www.circusroyal.ch ; 90 Showfotos

Urdorf, 27. März 2015: Die ursprüngliche Planung sah vor, in diesem Jahr gemeinsam mit dem "Chinesischen Nationalcircus" von Raoul Schoregge Artisten aus dem Reich der Mitte zu zeigen. Die Kooperation kam nicht zustande. Dennoch präsentiert der Circus Royal 2015 eine Produktion mit chinesischen Artisten, die kurzerhand selbst engagiert wurden. Statt "Im Zeichen des Panda" lautet der Titel nun "Panda-Panda - Die neue chinesisch-europäische Circusshow". Das Motto verrät es bereits: Es wird kein reines Chinaprogramm gezeigt. Tierdressuren, europäische Artisten und Clownerie sind ebenfalls Bestandteil der Show.

Im ersten Teil gibt es Artisten aus Spanien, die bekannten hauseigenen Tierdressuren und eine Hohe Schule. Nach der Pause beherrscht dann das chinesische Ensemble das Geschehen. Hinzu kommt eine Freiheitsdressur. Durch den gesamten Nachmittag begleiten uns das fünfköpfige Ballett und Clown Steevy (van Gool).


Oliver Skreinig, Katja Kossmayer, Ballett

Die Begrüßung liegt bei Oliver Skreinig, einem der beiden Direktoren. Gewohnt gekonnt und verbindlich heißt er das Publikum unter dem Royal-Chapiteau willkommen. Man merkt, dass ihm der Circus eine Herzensangelegenheit ist. Das gilt insbesondere für den Circus mit Tieren. Und so präsentiert Skreinig wiederum selbst das hauseigene Exotentableau. Dabei kann das Publikum exotische Rinder, Lamas, Nandus und einen Esel hautnah erleben. In seinem zweiten Auftritt folgen sechs Kamele des Circus Royal seinem Kommando. Unterstützt wird er bei der Vorführung von Katja Kossmayer. Die Niederländerin reitet im ersten Teil eine Hohe Schule und ergänzt so das Tierprogramm vor der Pause. Eine wunderbar lebendige und farbenfrohe Aufwertung erhält die Show durch das Ballett. Die drei Damen und zwei Herren ziehen ihre Auftritte nie in die Länge, sondern leiten charmant zum nächsten Programmpunkt über. So gibt es vor der Kamelfreiheit eine Einlage in russischen Kostümen oder als Einleitung für das Solotrapez einen spanisch aufgemachten Tanz.


Alexander Lichner, Alfio Macaggi, Steevy

Das hat insofern Sinn, als der zugehörige Artist Spanier ist. Im letzten Offenburger Weihnachtscircus konnten wir Alexander Lichner erstmals bei uns sehen. Nun begeistert er in der Schweiz mit seinem riskanten Trickrepertoire am Schwungtrapez. Die Intensität der Präsentation hat er im Vergleich zu Offenburg etwas zurückgefahren. Seine Leistung und sein publikumswirksames Auftreten sind geblieben. Faszinierend ist unter anderem das Rutschen vom Knie- in den Fersenhang. Insgesamt bringt er - getreu dem Namen seines Requisits - jede Menge Schwung in die Show. Als Zugabe lässt er sich im Zahnstand auf einem Washingtontrapez Richtung Circuskuppel ziehen. Zudem dürfen wir den Spanier mit deutschen Vorfahren an den Strapaten erleben. Hier zeigt er im Business-Outfit mit Hosenträger und Krawatte kraftvolle Akrobatik. Insbesondere seine Umschwünge seien hier herausgehoben. Ebenfalls zwei Auftritte im ersten Teil hat Lichners Landsmann Alfio Macaggi. Zunächst ist der Mast sein Requisit. Nachdem ihm die Damen des Balletts beim Ablegen seiner Weste behilflich waren, erklimmt er die vertikale Stange und zeigt daran Haltefiguren sowie auf der Spitze Handstandvariationen. Vollends begeistert uns Macaggi mit seinen Jonglagen. Bis zu neun kleine orangefarbene Bälle wirft er vor allen Dingen zum Boden. Das macht er so versiert und gewinnend, dass das Zusehen wahrlich eine große Freude ist. Sogar eine Treppe nimmt er spielend, während er dabei jongliert. Mit der Jonglage von fünf silbernen Fußbällen beendet er diesen Auftritt. Noch einmal sehen wir Macaggi im China-Teil. In einer Duo-Jonglage ziehen er und sein Partner während des Passings mit drei Keulen ihre Judo-Anzüge aus und wieder an. Zweiter im Bunde ist Clown Steevy. Steevy sehen wir in beiden Teilen. Zunächst in typischer Clownsrobe, dann in verschiedenen asiatischen Gewändern. Er zeigt jeweils bekannte Nummern. Vor der Pause sind dies das Seilspringen und das Wasserspucken mit Kindern aus dem Publikum. Außerdem verknotet er vier Zuschauer.


Diabolospielerinnen der Chang Zhi Acrobatic Troupe

Im China-Teil stellt er einen Besucher an ein Holzbrett, um vermeintlich mit Messern darauf zu werfen. Das alles sind bekannte Nummern, wie sie inzwischen von vielen seiner Kollegen gespielt werden. So uninspiriert wie von Steevy bei Royal haben wir diese Clownsstücke aber selten gesehen. Es ist keinerlei Spielfreude zu erkennen. Tiefpunkt ist das Nachspielen mehrerer Elementen der Comedy-Zauberei von Steve Eleky. Hier wird der eklatante Klassenunterschied besonders bewusst. Während das Publikum bei Eleky tobt, sind zumindest an diesem Nachmittag in Urdorf kaum Reaktionen zu registrieren. Dabei enthält gerade dieser Auftritt eine wirklich originelle Idee. Statt der beiden Hasen erleben wir einen Eis- und einen Braunbären aus Stoff beim Liebesspiel. Nachdem Steevy die beiden in seine Zauberkiste gesteckt hat, kommt ein Panda heraus. Dank der Zauberei mit einer weiteren Kiste entsteht ein Panda in Lebensgröße. Mit ihm zusammen begleiten uns Steevy und Bär durch den zweiten Teil der Show, dem eine kleine Rahmenhandlung gegeben wurde. Die Artisten darin stammen aus Chang Zhi in der Provinz Shanxi aus der Mitte Chinas, wie das umfangreiche, hochwertig gestaltete Programmheft informiert. Die jungen Akrobaten sind mit sichtlich Spaß bei der Sache und beherrschen ihre Kunst auf einem guten Niveau. Der Auftakt gehört vier Diabolospielerinnen. Virtuos lassen sie die Spulen auf den zwischen zwei Stäben befestigten Schnüren tanzen. Es ergeben sich schöne Bilder. Ganz besonders dann, wenn sich die Mädchen die Diabolos gegenseitig zuspielen. In seinem zweiten Auftritt beweist das Quartett seine Beweglichkeit. Dann verbiegen sie ihre geschmeidigen Körper. Kontorsion ist hier das bestimmende Genre.


Reifenspringer und Ballett auf Schultern aus Chang Zhi, Katja Kossmayer

Zwei pfiffige Jungs zeigen Handstandakrobatik. Das Duo hat eine durchdachte Kür zusammengestellt, die starke Tricks mit einem sehr sympathischen Verkauf verbindet. Schlag auf Schlag geht es bei den Reifenspringern aus Chang Zhi. In variantenreichen Sprungkombinationen hechten sie durch den obersten Ring eines immer höher werdenden Reifenturms. Damit sorgen sie für die wohl lebendigste Darbietung des zweiten Programmteils. Auch dieses Quintett hat seinen Auftritt in eine ansprechende Choreographie eingebunden. Gar noch übertroffen werden sie dabei durch die Schlussnummer. Das "Ballett auf Schultern" wurde vollkommen zu Recht an dieser Stelle platziert. Es ist wirklich beeindruckend, wie die Partnerin auf Schultern, Armen und Kopf des Untermanns tanzt. Höhepunkt ist der einbeinige Stand auf Zehenspitzen auf dem Kopf des Partners. Es ist ein kleines Kunstwerk in weiß. Passenderweise tanzt auch das Ballett direkt davor in schönen weißen Ballettkostümen. Ganz in weiß präsentieren sich das fünfköpfige Tanzensemble zudem vor der Pferdefreiheit von Katja Kossmayer. Dabei leitet sie drei Araber an. Insbesondere das Steigen beherrschen die Schimmel, von denen einer gar als Einhorn "verkleidet" wurde. Als Überleitung zum Finale sehen wir einen Löwentanz, der hier aber von zwei riesigen Pandabären aufgeführt wird. Jeweils zwei Artisten balancieren auf Bällen, mit denen sie sich über eine Wippe bewegen.

Es ist in der Tat eine spannende Mischung, die der Circus Royal auf seiner Tournee 2015 präsentiert. Europäische trifft auf asiatische Circuskunst. In der Gastronomie bezeichnet man so etwas wohl als "Fusion". Sicher nicht die schlechteste Wahl, wenn man seinem Stammpublikum jedes Jahr ein neues Programm bieten möchte. Und neue Wege geht der Circus Royal mit "Panda Panda" in jedem Fall.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch