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Zirkus Stey - Tour 2015
www.zirkus-stey.ch ; 75 Showfotos

Volketswil, 29. März 2015: Es gibt kein Halten mehr. Dutzende von Kindern stürmen während der Vorstellung in die Logen, um die vierbeinigen Akteure anzufassen. Dabei handelt es sich nicht um Vertreter einer seltenen Tierart, sondern um ganz gewöhnliche Kühe. Jeder Schweizer dürfte damit aufgewachsen sein, so die Vermutung der Besucher aus Deutschland. Zumal das Chapiteau im ländlichen Volketswil steht. Dennoch löst die Freiheit mit sechs schwarz-weiß gescheckten Kühen allergrößte Begeisterung aus. Somit hat der Zirkus Stey gut daran getan, gleich sein ganzes Programm "Ächt schwiizerisch" zu betiteln.

Grundsätzlich bietet Stey 2015 ein durch und durch traditionelles Circusprogramm. Die Artisten präsentieren die Darbietungen ohne großen Schnickschnack, sondern konzentrieren sich auf ihre eigentliche Kunst. Im Bereich der Tierdressuren wird ganz auf hiesige Arten gesetzt. Clown Rudi Brukson garantiert dank überzeugender Präsenz den Spaß. Das ukrainische Vier-Mann-Orchester sorgt dafür, dass die Show die passende musikalische Unterstützung erhält.


Rudi Brukson

Das Programm-Thema wird nicht komplett durchgezogen. Will heißen, dass nicht jeder Auftritt im Stil der Schweiz aufgemacht ist. Wo es aber passt, wird der Titel sinnvoll aufgegriffen. Etwa durch Kostüme oder die musikalische Begleitung. Herrlich ist die eigene Schweizer Szene vor der Pause. Quasi ein eidgenössisches Tableau. Eine Kuh wird im Kreis geführt, und Rudi Brukson bringt ein Alphorn herein. Zwei Kinder komplettieren das Bild. Alle Mitwirkenden tragen typische Schweizer Kleidung. Als dann zur Nationalhymne die Flagge mit weißem Kreuz auf rotem Grund gehisst wird, stehen die Zuschauer auf. Das nutzt der Clown für die Pausenansage. Frei nach dem Motto: "Wenn sie eh schon stehen, können sie auch gleich in die Pause gehen."


Charlotte Minney-Miller, Tim Thomsen, Jannette Weisheit

Den artistischen Part eröffnet Charlotte Minney-Miller mit Antipodenspielen. Ob Bälle, Walzen oder Hula Hoop-Reifen - die blonde Jongleuse hält alle Requisiten in Bewegung. Dies mit den Händen, ganz besonders aber den Füßen. Besonders effektvoll ist zum Schluss das "Spiel mit dem Feuer". Ihr Partner Florian Carabin stapelt die Walzen lieber übereinander, um darauf zu balancieren. Spricht, er stellt seinen außergewöhnlichen Gleichgewichtssinn bei Balancen in der Disziplin Rola Rola unter Beweis. Gemeinsam erleben wir die beiden als Duo Miller. Dann flitzen sie auf Rollschuhen über eine runde Fläche. Wir sehen aber nicht nur die Artisten bei rasanten und riskanten Fahrten. Zudem spendieren Charlotte und Florian einem Zuschauer eine flotte Rundtour, die dieser natürlich nicht so locker wegsteckt wie die beiden Profis. Ebenfalls gemeinsam in die Schweiz gereist sind Tim Thomsen und Jannette Weisheit. Kennen gelernt hat sich das Paar beim Circus Manuel Weisheit. Nun sind sie also im Engagement bei Stey. Tim Thomsen ist im Büro tätig, steht aber ebenfalls im Rampenlicht. Dort lässt er Teller auf dünnen Stäben tanzen und weiß auch sonst geschickt zu jonglieren. Dies unter anderem mit Löffeln, die er synchron in Gläser wirft. Jannette Weisheit arbeitet eine schöne Kür an weißen Tüchern und sorgt somit für die Luftnummer im Programm. Etwas aus dem Rahmen hinsichtlich der Aufmachung fällt ihr zweiter Auftritt. Als pinker Human Slinky turnt sie zur Musik "Ich bin ein Gummibär" durch die Manege. Mag der Auftritt als Röhrenmensch durchaus seine Reize haben, hätten wir uns in diesem Gesamtkontext eine dezentere Präsentation gewünscht.


Sharon Pellegrini, Willy Colombaioni, Rudi Brukson

Sharon Pellegrini hat sich der Hula Hoop-Artistik verschrieben. Die hübsche Italienerin mit dem klangvollen Namen lässt die Reifen sehr charmant um ihren Körper kreisen. Ebenfalls aus Italien stammt Willy Colombaioni. Der großartige Jongleur wurde richtigerweise an das Ende des Programms gesetzt. Er beherrscht souverän aufregende Touren mit Bällen, Reifen und Keulen. Colombaioni jongliert nicht nur mit einer Vielzahl an Requisiten, sondern hat zudem ein atemberaubendes Tempo drauf. Wohl einzigartig ist der Trick, bei dem er Keulen in verschiedene Fächer eines Gestells wirft, welches er auf der Stirn balanciert. Das italienische Trio wird durch Rudi Brukson komplettiert. Er ist ein sympathischer Clown, der spielend den Kontakt zum Publikum findet. Der Spaßmacher hat neue Ideen auf Lager oder aber spielt bekannte Nummer - wie das Musizieren mit Glocken - auf eigenständige Weise. Ein besonderes Spektakel ist die Ballett-Aufführung mit drei männlichen Spitzenballerinas aus dem Publikum. Zudem hat er die zweifelhafte Ehre, den Programmpunkt "Grundig-Gewinnspiel" zu dirigieren. Bei einer Reise nach Jerusalem haben Kinder die Möglichkeit, Produkte des Sponsors zu gewinnen, der prominent kommuniziert wird.


Mia Arnosi Stey

Stars im Bereich Tierdressuren sind die bereits angesprochenen Kühe. Die aktuell von Dannebrog kommenden Tiere waren schon in vielen Manegen zu sehen. Bei Stey werden sie von Renardo Spindler vorgeführt. Ihr Repertoire kommt zwar nicht ganz an das einer Pferdefreiheit heran, die Laufarbeit ist dennoch sehenswert. Die sechs Rinder machen ihre Sache sehr routiniert und lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Circusprofis eben. Neu im Geschäft sind die Ziegen, welche Mia Arnosi Stey präsentiert. Vor noch nicht allzu langer Zeit wurden sie vom Zirkus Stey erworben. Dennoch beherrschen sie bereits viele Tricks, die sie unter Anleitung ihrer charmanten Vorführerin gerne zeigen. Ihr Ehemann, Direktor Martin Stey, schließlich ist mit seiner bekannten Ponyfreiheit und zwei neu erworbenen schwarzen Minipferden zu erleben. Die beiden Pferde zeigen eine Laufarbeit und spielen gemeinsam mit ihrem Tierlehrer auf der Wippe.

Martin Stey ist es auch, der uns beim Finale im roten Frack verabschiedet. Ganz so, wie man das von einem Circusdirektor erwartet. Umringt wird er dabei von allen Mitwirkenden, die uns gut zwei Stunden lang unterhalten haben. Das mit allen Elementen, die zu einem traditionellen Circusprogramm gehören. Wunderbar aufgewertet wird dieses mit wohl dosierten Ideen "Made in Switzerland" und sechs Kühen als "Superstars".

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Text und Fotos: Stefan Gierisch