CHPITEAU.DE

Circus Carl Busch - Tour 2016
www.circus-carl-busch.de ; 140 Showfotos

Stuttgart, 29. Oktober 2016: Statt eine komplette Saison zu spielen, setzt die Familie Wille in diesem Jahr auf mehrere Unternehmungen. Von Mitte Mai bis Anfang September öffnete sie den „Wille Kinderzoo“ am Stammsitz in Dürrwangen-Haslach. Unmittelbar danach startete die Tournee ihres Reisegeschäfts. Am 9. September hatte der Circus Carl Busch in Kaiserslautern seine Premiere 2016. Bis Ende November stehen sechs Städte in Süddeutschland auf dem Tourplan, bevor dann die Weihnachtsproduktionen in Frankfurt am Main und Schweinfurt folgen. Auf dem Canstatter Wasen ist der bestens gepflegte Circus großzügig aufgebaut und strahlt mit der Sonne um die Wette.

Das blau-weiße Chapiteau bildet mit dem Vor- und einem Tierzelt in den gleichen Farben eine harmonische Einheit. Im Eingangsbereich stechen besonders die großen Transparente ins Auge. Das Unternehmen hat sich einen neuen Auftritt gegeben. Frisch, modern, aber zu einem klassischen Circus passend. Die Motive finden sich auch auf den runden Platten im Zaun sowie auf den Fahnen vor dem Einlass wieder.


Finale

Darauf zu sehen ist, neben Bildern der Artisten, das Programm-Motto. Die aktuelle Produktion steht unter dem Titel „Erde“. Wenngleich sich dieser beim Besuch der Show nicht intuitiv erschließt, überzeugt sie auf ganzer Linie. Zu ausgewählten Artisten kommen die herrlichen hauseigenen Dressuren, ein wirklich origineller Clown aus den Niederlanden sowie ein nicht minder unterhaltsamer aus der Direktionsfamilie. Beglückwünschen kann man die Familie Wille zudem zu der Entscheidung, ein Orchester zu engagieren. Zum wunderbar spielenden Ensemble über dem stilvollen Artisteneingang gehört sogar ein Violinist. Das Lichtdesign unterstützt die Show bestens.


Jimmy Saylon und Magic Girl, Manuel Frank, Erik Niemen

Gleich zu Beginn wabern angeleuchtete Nebelschwaden durch das Chapiteau. Es wird geheimnisvoll. Magier Jimmy Saylon und seine Girls entführen uns in die Welt des Circus. Dank fantastischer Kostüme im viktorianischen Stil werden seine Großillusionen zu einem ganz besonderen Erlebnis. Bekannte Tricks bekommen so ihren eigenen Charme. Für die Outfits ist Saylons Freundin Alexandra Saabel verantwortlich. Gemeinsam mit Schwester Kelly gehört sie zu den Assistentinnen des Zauberers. Manuel Frank gibt mit einem Groß und Klein sowie fünf Ponys eine erste Kostprobe seines Könnens. Insbesondere die Kinder auf dem modernen Gradin mit Schalensitzen sind hörbar begeistert dabei. Mit Erik Niemen erleben wir ein bekanntes Gesicht auf dem Drahtseil. Der Italiener tänzelt sicher über den gespannten Draht. Er springt Seil, durch einen Ring und über eine Flagge. Höhepunkt ist der Rückwärtssalto.


Natascha Wille-Busch

Eine Augenweide sind bekanntermaßen die von Natascha Wille-Busch präsentierten Freiheitsdressuren, die sie gemeinsam mit Partner Manuel Frank erarbeitet hat. Aktuell führt sie einen Zwölferzug vor, der jeweils zur Hälfte aus schwarzen und weißen Arabern besteht. Gleich zum Einstieg dürfen wir die edlen Hengste beim Flechten bewundern. Es folgt eine höchst anspruchsvolle Trickfolge, die die Juniorchefin souverän dirigiert. Das Zuschauen ist ein Genuss, Vergleichbares ist nicht einfach zu finden - Chapeau. Variantenreiche Steiger runden diese Pferdefreiheit ab. Alexandra und Kelly Saabel beschließen den ersten Programmteil und stehen direkt nach der Pause gleich wieder im Scheinwerferlicht. Zunächst zelebrieren sie ihre Equilibristik im Duo. Handstände und beeindruckende Körperbeherrschung werden im UV-Licht zu Opernarien dargeboten. Bei der Vorführung der acht sibirischen Huskys und Samojeden-Spitze werden sie von ihrer Mutter Tiziana unterstützt. In einer stilisierten Eislandschaft dürfen sich die Hunde beim Ziehen eines Schlittens sowie einer Rutschpartie austoben. Viele weitere Tricks ergänzen diese originell aufgemachte Dressurnummer. Zwischen den beiden Auftritten haben nicht nur die Saabels Zeit, sich kurz auszuruhen, sondern auch das Publikum. Hinter dem Chapiteau lockt die von Manuel Frank angepriesene Tierschau. Im Vorzelt die umfangreiche, geschmackvoll gestaltete Restauration.


Sharyn Monni, Manuel Frank mit Carla, Kimberly Lester

Das von der Familie Saabel kreierte Winterbild wird durch Sharyn Monni aufgegriffen. Zumindest mit ein wenig Fantasie. Dann nämlich wenn man ihre Plexiglas- zu einer Schneekugel macht. Darin verzaubert sie uns mit einer Kontorsions-Kür. Es ist eine traumhafte Darbietung, die ihren zusätzlichen Reiz durch das teilweise Öffnen der beiden Halbkugeln erhält. So kann Sharyn Monni ihren Körper unter dem Requisit hängend verbiegen, während sie sich mit einem Bein hält. In einem kombinierten Tableau dirigiert Manuel Frank zunächst einen Sechserzug Dromedare und im Anschluss die beiden Elefanten des Circus Carl Busch. Die Inderin Carla und die Afrikanerin Maschibi geben ein imposantes Bild ab. Unter Anleitung ihres Vorführers zeigen sie mit einer gewissen Leichtigkeit ihre erlernten Kunststücke. Fliegende Teppiche kennen wir aus 1001 Nacht. Und genau in diese Welt entführt uns Kimberly Lester. Mit Bauchtanz leitet sie ihre Antipodenspiele ein. Dann lässt sie gekonnt eben jene Teppiche auf ihren Händen und Füßen kreisen. Auch das Spiel mit bis zu fünf weißen Fußbällen beherrscht die junge Artistin virtuos. Immer wieder effektvoll ist das Befördern eines Balls in einen Korb, der über mehrere runde Plattformen erreicht wird. Das alles natürlich mit den Beinen.


Natascha Wille-Busch, Kelly Saabel, Curatola Borthers

Noch einmal wird das Publikum mit einem großen Pferdeschaubild verwöhnt. Nun in der Disziplin Hohe Schule. Natascha Wille-Busch macht den Auftakt. In einem wunderschönen Kleid und mit viel Ausstrahlung reitet sie Schulschritte auf einem Andalusier. Ein Steiger bildet den effektvollen Abschluss. Dieser ist der Übergang zur groß aufgemachten Reiterei der Familie Saabel, wie sie schon in der „Salto Vitale“-Produktion von Roncalli zu sehen war. Riverdance gibt den Rhythmus vor. Tiziana und Tochter Kelly Saabel sind die Reiterinnen. Alexandra Saabel und drei weitere Tänzerinnen bilden den Counterpart am Boden. So entstehen wunderbare Szenen. Ein wahrer Rausch aus Reiterei, Tanz, Musik und den fantastischen Kostümen von Alexandra Saabel. Zum Spritzigsten was das Genre Hand-auf-Hand-Akrobatik zu bieten hat, gehört die Nummer der Curatola Brothers. Das italienische Brüderpaar präsentiert die ganze Palette der Tricks in einem hohen Tempo. Waghalsige Sprünge gehören ebenfalls dazu. Mit großem Können und überzeugendem Verkauf bilden sie den passenden Schlusspunkt der Programmfolge. Das ausführlich zelebrierte Finale wird von zwei Tänzerinnen aus der Hohen Schule umrahmt. So gestaltet sich der Abschied sehr stimmungsvoll.


Pascal de Boer, Alfons Wille-Busch junior

Was fehlt noch? Der Clown. In diesem Programm wird die Rolle von Pascal (de Boer) übernommen. Mit seinen über die Show verteilten Auftritte bildet der Niederländer den roten Faden. Dabei kommt er mit wenig Schminke aus und braucht auch kein quietschbuntes Outfit, um lustig zu sein. Er bringt seine Zuschauer mit kleinen Geschichten zum Lachen. Herrlich der Audio-Heimkurs für Magier. Eigentlich befolgt Pascal die Anweisungen vom Band genau. Allerdings nimmt er statt einem Bandana (Kopftuch) eine Banane aus der mitgelieferten Kiste. Dadurch wird aus dem perfekten Kunststück ein großer Spaß. Die Mimik des verhinderten Zauberers macht ihn perfekt. Schön ist zudem die Szene, in der er aus einem gelben Filzstück immer andere Hüte formt und so, passend zur Musik, unterschiedliche Charaktere darstellt. Zudem liefert sich Pascal ein Duell mit einem Zuschauer, bringt ein schreiendes Baby zur Ruhe und geht auf eine Spritztour. Als besondere Überraschung gibt es noch einen zweiten Spaßmacher. Alfons Wille-Busch junior hat es sich ebenfalls zum Ziel gesetzt, das Publikum zum Lachen zu bringen. Und das tut der Siebenjährige mit einem erstaunlichen Selbstbewusstsein. Die Nummer hat er sich selbst zusammengestellt und variiert sie nach seinen eigenen Vorstellungen. Da lässt er sich auch nicht reinreden, wie Vater Manuel Wille-Busch amüsiert erzählt. Alfons meistert seinen Auftritt souverän. Zunächst erzählt er komische Geschichten, Witze. Dann heißt es „Das Musizieren ist hier verboten“. Manuel Frank gibt den Gegenspieler. Dabei spielt der Junior Trompete und Ukulele. Großen Respekt vor diesem Auftritt eines enthusiastischen Nachwuchsartisten. Für meine fünfjährige Nichte jedenfalls war Alfons der Star des Nachmittags.

Mich hingegen hat das gesamte Programm überzeugt, aus dem ich gar keine einzelne Nummer herausheben möchte. Mit dieser Produktion hat die Familie Wille eine ausgewogene, stark besetzte Show zusammengestellt. Das hochwertige Ambiente und die Livemusik werten es hervorragend auf. Damit erweist sich der Circus Carl Busch 2016 als gelungener Vertreter des klassischen Circus.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch