Das blau-weiße Chapiteau bildet mit dem Vor- und einem Tierzelt in den gleichen Farben
eine harmonische Einheit. Im Eingangsbereich stechen besonders die
großen Transparente ins Auge. Das Unternehmen hat sich einen neuen
Auftritt gegeben. Frisch, modern, aber zu einem klassischen Circus
passend. Die Motive finden sich auch auf den runden Platten im Zaun
sowie auf den Fahnen vor dem Einlass wieder.
Finale
Darauf
zu sehen ist, neben Bildern der Artisten, das Programm-Motto. Die
aktuelle Produktion steht unter dem Titel „Erde“. Wenngleich sich
dieser beim Besuch der Show nicht intuitiv erschließt, überzeugt sie
auf ganzer Linie. Zu ausgewählten Artisten kommen die herrlichen
hauseigenen Dressuren, ein wirklich origineller Clown aus den
Niederlanden sowie ein nicht minder unterhaltsamer aus der
Direktionsfamilie. Beglückwünschen kann man die Familie Wille zudem zu
der Entscheidung, ein Orchester zu engagieren. Zum wunderbar spielenden
Ensemble über dem stilvollen Artisteneingang gehört sogar ein
Violinist. Das Lichtdesign unterstützt die Show bestens.
Jimmy Saylon und Magic Girl, Manuel Frank, Erik Niemen
Gleich
zu Beginn wabern angeleuchtete Nebelschwaden durch das Chapiteau. Es
wird geheimnisvoll. Magier Jimmy Saylon und seine Girls entführen uns
in die Welt des Circus. Dank fantastischer Kostüme im viktorianischen
Stil werden seine Großillusionen zu einem ganz besonderen Erlebnis.
Bekannte Tricks bekommen so ihren eigenen Charme. Für die Outfits ist
Saylons Freundin Alexandra Saabel verantwortlich. Gemeinsam mit
Schwester Kelly gehört sie zu den Assistentinnen des Zauberers. Manuel
Frank gibt mit einem Groß und Klein sowie fünf Ponys eine erste
Kostprobe seines Könnens. Insbesondere die
Kinder auf dem modernen Gradin mit Schalensitzen sind hörbar begeistert
dabei. Mit Erik Niemen erleben wir ein bekanntes Gesicht auf dem
Drahtseil. Der Italiener tänzelt sicher über den gespannten Draht. Er
springt Seil, durch einen Ring und über eine Flagge. Höhepunkt ist der
Rückwärtssalto.
Natascha Wille-Busch
Eine
Augenweide sind bekanntermaßen die von Natascha Wille-Busch
präsentierten Freiheitsdressuren, die sie gemeinsam mit Partner Manuel
Frank erarbeitet hat. Aktuell führt sie einen Zwölferzug vor, der
jeweils zur Hälfte aus schwarzen und weißen Arabern besteht. Gleich zum
Einstieg dürfen wir die edlen Hengste beim Flechten bewundern. Es folgt
eine höchst anspruchsvolle Trickfolge, die die Juniorchefin souverän
dirigiert. Das Zuschauen ist ein Genuss, Vergleichbares ist nicht
einfach zu finden - Chapeau. Variantenreiche Steiger runden diese
Pferdefreiheit ab. Alexandra und Kelly Saabel beschließen den ersten
Programmteil und stehen direkt nach der Pause gleich wieder im
Scheinwerferlicht. Zunächst zelebrieren sie ihre Equilibristik im Duo.
Handstände und beeindruckende Körperbeherrschung werden im UV-Licht zu
Opernarien dargeboten. Bei der Vorführung der acht sibirischen Huskys
und Samojeden-Spitze werden sie von ihrer Mutter Tiziana unterstützt.
In einer stilisierten Eislandschaft dürfen sich die Hunde beim Ziehen
eines Schlittens sowie einer Rutschpartie austoben. Viele weitere
Tricks ergänzen diese originell aufgemachte Dressurnummer. Zwischen den
beiden Auftritten haben nicht nur die Saabels Zeit, sich kurz
auszuruhen, sondern auch das Publikum. Hinter dem Chapiteau lockt die
von Manuel Frank angepriesene Tierschau. Im Vorzelt die umfangreiche,
geschmackvoll gestaltete Restauration.
Sharyn Monni, Manuel Frank mit Carla, Kimberly Lester
Das
von der Familie Saabel kreierte Winterbild wird durch Sharyn Monni
aufgegriffen. Zumindest mit ein wenig Fantasie. Dann nämlich wenn man
ihre Plexiglas- zu einer Schneekugel macht. Darin verzaubert sie uns
mit einer Kontorsions-Kür. Es ist eine traumhafte Darbietung, die
ihren zusätzlichen Reiz durch das teilweise Öffnen der beiden
Halbkugeln erhält. So kann Sharyn Monni ihren Körper unter dem Requisit
hängend verbiegen, während sie sich mit einem Bein hält. In einem kombinierten Tableau
dirigiert Manuel Frank zunächst einen Sechserzug Dromedare und im
Anschluss die beiden Elefanten des Circus Carl Busch. Die Inderin Carla
und die Afrikanerin Maschibi geben ein imposantes Bild ab. Unter
Anleitung ihres Vorführers zeigen sie mit einer gewissen Leichtigkeit
ihre erlernten Kunststücke. Fliegende Teppiche kennen wir aus 1001
Nacht. Und genau in diese Welt entführt uns Kimberly Lester. Mit
Bauchtanz leitet sie ihre Antipodenspiele ein. Dann lässt sie gekonnt
eben jene Teppiche auf ihren Händen und Füßen kreisen. Auch das Spiel
mit bis zu fünf weißen Fußbällen beherrscht die junge Artistin virtuos.
Immer wieder effektvoll ist das Befördern eines Balls in einen Korb,
der über mehrere runde Plattformen erreicht wird. Das alles natürlich
mit den Beinen.
Natascha Wille-Busch, Kelly Saabel, Curatola Borthers
Noch
einmal wird das Publikum mit einem großen Pferdeschaubild verwöhnt. Nun
in der Disziplin Hohe Schule. Natascha Wille-Busch macht den Auftakt.
In einem wunderschönen Kleid und mit viel Ausstrahlung reitet sie
Schulschritte auf einem Andalusier. Ein Steiger bildet den effektvollen
Abschluss. Dieser ist der Übergang zur groß aufgemachten Reiterei der
Familie Saabel, wie sie schon in der „Salto Vitale“-Produktion von
Roncalli zu sehen war. Riverdance gibt den Rhythmus vor. Tiziana und
Tochter Kelly Saabel sind die Reiterinnen. Alexandra Saabel und drei
weitere Tänzerinnen bilden den Counterpart am Boden. So entstehen
wunderbare Szenen. Ein wahrer Rausch aus Reiterei, Tanz, Musik und den
fantastischen Kostümen von Alexandra Saabel. Zum Spritzigsten was das
Genre Hand-auf-Hand-Akrobatik zu bieten hat, gehört die Nummer der Curatola Brothers. Das italienische Brüderpaar präsentiert die ganze
Palette der Tricks in einem hohen Tempo. Waghalsige Sprünge gehören
ebenfalls dazu. Mit großem Können und überzeugendem Verkauf bilden sie
den passenden Schlusspunkt der Programmfolge. Das ausführlich
zelebrierte Finale wird von zwei Tänzerinnen aus der Hohen Schule
umrahmt. So gestaltet sich der Abschied sehr stimmungsvoll.
Pascal de Boer, Alfons Wille-Busch junior
Was
fehlt noch? Der Clown. In diesem Programm wird die Rolle von Pascal (de
Boer) übernommen. Mit seinen über die Show verteilten Auftritte bildet
der Niederländer den roten Faden. Dabei kommt er mit wenig Schminke aus
und braucht auch kein quietschbuntes Outfit, um lustig zu sein. Er
bringt seine Zuschauer mit kleinen Geschichten zum Lachen. Herrlich der
Audio-Heimkurs für Magier. Eigentlich befolgt Pascal die Anweisungen
vom Band genau. Allerdings nimmt er statt einem Bandana (Kopftuch) eine Banane aus
der mitgelieferten Kiste. Dadurch wird aus dem perfekten Kunststück ein
großer Spaß. Die Mimik des verhinderten Zauberers macht ihn
perfekt. Schön ist zudem die Szene, in der er aus einem gelben
Filzstück immer andere Hüte formt und so, passend zur Musik,
unterschiedliche Charaktere darstellt. Zudem liefert sich Pascal ein
Duell mit einem Zuschauer, bringt ein schreiendes Baby zur Ruhe und
geht auf eine Spritztour. Als besondere Überraschung gibt es noch einen
zweiten Spaßmacher. Alfons Wille-Busch junior hat es sich ebenfalls zum
Ziel gesetzt, das Publikum zum Lachen zu bringen. Und das tut der
Siebenjährige mit einem erstaunlichen Selbstbewusstsein. Die Nummer hat
er sich selbst zusammengestellt und variiert sie nach seinen eigenen
Vorstellungen. Da lässt er sich auch nicht reinreden, wie Vater Manuel
Wille-Busch amüsiert erzählt. Alfons meistert seinen Auftritt souverän.
Zunächst erzählt er komische Geschichten, Witze. Dann heißt es
„Das Musizieren ist hier verboten“. Manuel Frank gibt den Gegenspieler.
Dabei spielt der Junior Trompete und Ukulele. Großen Respekt vor diesem
Auftritt eines enthusiastischen Nachwuchsartisten. Für meine
fünfjährige Nichte jedenfalls war Alfons der Star des Nachmittags.
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