Der Anblick lässt das Herz jedes
Circusfreundes höher schlagen: Einen ganz neuen Groß-Circus
haben die Bougliones im Oktober 2015 wie aus dem Nichts
erschaffen. Mit schneeweißen Zeltanlagen, einem mehr als
imposanten Fuhrpark, einem edel und komfortabel ausgestatten
Chapiteau. Es bringt viel vom Glanz des herrlichen Pariser
Circusgebäudes in andere Städte Frankreichs. Nachdem immer mehr
große und bekannte Circusse ihren Reisebetrieb eingestellt
haben, tut diese Entwicklung besonders gut.
Truppe Donnert,
Don Christian, Natalia Egorova-Bouglione
Untypisch für Bouglione beginnt
das Programm mit einer Clownreprise: Abendregisseur Stéphane Danetto spielt ein besonderes „Hütchenspiel“, bei dem
Clown Don Christian immer unter einem anderen Eimer auftaucht.
Erst dann folgen die Ouvertüre und ein erster, eleganter
Auftritt der fünf bildhübschen Salto Dancers. Die nicht minder
attraktive Mme Loyale Arta Sosnowski-Danetto begrüßt das
hochverehrte Publikum. Die Manege gehört nun der Truppe Donnert
mit ihrer herrlichen Jockeyreiterei im traditionellen,
folkloristischen Stil. Anspruchsvollste Tricks wie der
Rückwärtssalto von Pferd zu Pferd gehören zum Repertoire. Wieder
unterhält uns Don Christian. Diesmal bläst er einen kleinen
Luftballon auf wundersame Weise zu einem Riesenballon auf. Daran
hängend schwebt er letztlich in einigen Metern Höhe durch die
Circuskuppel. Don Christian spielt stets mit vollem Einsatz und
ist ein im besten Sinne „bodenständiger“ Clown. Kein Spaßmacher
der leisen Töne, sondern ein Entertainer mit leicht
verständlichen Geschichten. Für „Festif“ hat er im Vergleich zum
Vorjahr durchweg neue Szenen im Gepäck. Darunter ist seine Variante
des „Orchesters“, die er mit eigenen Ideen umsetzt. Bestens
bekannt ist dagegen Natalia Egorova-Bougliones Strapaten-Arbeit,
die Kraft, Charme und Eleganz auf ideale Weise vereint.
Gianni d'Ambrosio,
Flying Mendonca
Wo Bouglione drauf steht, ist
auch Bouglione drin. Und so erleben wir noch weitere Vertreter
dieser großen Circusfamilie: Die sympathische Marion Bouglione
stellt gekonnt ein Groß und Klein vor, ehe Gianni d’Ambrosio mit
seinem schwarz-weißen Fünferzug die Peitschenführung übernimmt.
Die Tiere tragen klassische Federpuscheln und absolvieren ihre
vielfältigen Lauffiguren zunächst zu Marschmusik. In die Pause
geht es mit den eleganten Salti und Pirouetten der Flying
Mendonca am Flugtrapez. Nachdem die Trampolinnummer von Max
Weldy verletzungsbedingt ausfallen muss, endet dieser erste
Programmteil bereits nach 40 Minuten. Und ist damit deutlich zu
kurz.
Duo Caveagna, Tom
Dieck jun., Sampion Bouglione jun.
Nach der Pause präsentiert Tom
Dieck jun. seine hervorragende, bestens bekannte Raubtiernummer
mit vier Tigern, zwei Löwen und zwei Ligern – eine bessere Wahl
hätte die Familie Bouglione kaum treffen können. Pyramide,
Fortbewegung im und auf dem markanten „Hamsterrad“, Sprünge über
Artgenossen, Hochsitzer, Scheinangriff und Steiger gehören unter
anderem zu der attraktiven Trickfolge. Absolut fehlerfrei
präsentiert Sampion Bouglione jun. seine Bouncing-Jonglagen, die
er noch mit Pirouette und Rückwärtssalto kombiniert. Ein kurzer
Auftritt der Salto Dancers genügt, und schon ist sein Podium
ausgewechselt gegen den Tisch des Duo Caveagna. Mit ihrer
Hand-auf-Hand-Nummer lassen die beiden jungen Italiener Andrea
und Davide, ausgebildet an der Circusakademie von Verona, bei
einigen ihrer Tricks bereits an die
Alexis-Brothers denken. Sie werden bald noch an Sicherheit gewinnen.
Elvis Errani, Les
Robles
Ein Routinier ist dagegen
natürlich Elvis Errani mit seiner großartigen Elefantennummer.
Als Reiterinnen agieren hier drei Girls aus den Reihen der Salto
Dancers. Mutig lassen sie sich von Elefantin Baby überschreiten,
während Errani außerhalb der Manege per Mikrofon die Kommandos
gibt. Insgesamt vereint „Festif“ gleich mehrere der aktuell
besten Tierdarbietungen unter einem Chapiteau. Für den
prickelnden Abschluss sorgen „Les Robles“ auf dem Todesrad.
Jesse Brandao ist für die Arbeit auf dem Außenrad zuständig.
Unter anderem springt er Seil, wagt den Blindlauf und zeigt
atemberaubend hohe Sprünge.
Glanzvolle Show
Insgesamt hat uns diese Ausgabe
des Cirque d’Hiver Bouglione on Tour viel besser gefallen als
die Version des Vorjahres. Sie hat uns wirklich begeistert. Und
das nicht nur wegen der hervorragend gelungenen Zusammenstellung
des Programms. Anders als vor Jahresfrist wird auch nicht
ständig versucht, alle erdenklichen Möglichkeiten der
voluminösen Lichtanlage zu demonstrieren. Die Nummern werden
sinnvoll unterstützt anstatt sie in einem Lichtgewitter
untergehen zu lassen; es gibt Stimmungs- und Tempowechsel,
rasante und ruhigere Momente. |