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Circus Royal - Tour 2016
www.circusroyal.ch ; 102 Showfotos

Wettingen, 18. März 2016: Jahr für Jahr legt der Circus Royal Wert darauf, eine zugkräftige Reklamenummer oder ein attraktives Programm-Motto zu finden. Nach der „Wasserwelt im Circuszelt“ und „Panda Panda“ hat das Unternehmen jetzt eine erstklassige Raubtiernummer in die Schweiz geholt: Bruno Raffo präsentiert sieben braune und weiße Löwen aus dem Bestand von Martin Lacey jun. Die Tiere waren Teil seiner in Monte Carlo gold-gekrönten Raubtierdressur. Nachdem der gefeierte Tierlehrer inzwischen eine neue Darbietung mit 26 Tieren aufgebaut hat, kann er weitere Raubkatzen ins Engagement geben.

Und diese Möglichkeit erinnert doch stark an die Glanzzeiten des Circus. Absolut von heute ist dagegen die Raubtierhaltung bei Royal: Drei große Wagen plus riesige strukturierte Freigehege stehen den Löwen zur Verfügung. Das zeigt, dass eine Raubtierhaltung auf Tournee auch bei äußerst strengen Maßstäben möglich ist. Man muss es nur wollen und darf den Aufwand nicht scheuen. Und damit leben, dass man so genannte „Tierrechtler“ auch mit dem größten Gehege nicht überzeugen wird. Proteste vor dem Zelt und Pressewirbel inklusive.


Truppe Havanna, Nick Rothlisberger, Ballett 

Die Show beginnt mit der Begrüßung durch Oliver Skreinig und einem temperamentvollen Eröffnungstanz. Dieser vereint das dreiköpfige Ballett und drei Artisten in der Manege. Mit mehreren Auftritten begleiten die zwei Tänzerinnen und ihr männlicher Kollege durch die Show. Die Themen und Kostüme wechseln dabei stets, von Orient über Südamerika bis Petticoat. Ihre Choreographien sind immer schwungvoll, gut getanzt und nie zu lang. So macht Circusballett Spaß. Dass man bei Royal neben der Raubtierattraktion auch die starke Artistik nicht vergessen hat, zeigt das Engagement einer neunköpfigen Truppe aus Kuba. Sie ist am Beginn der Show zunächst in einer kompakten Seilspringnummer zu sehen. Dann geht es in die Luft. Nick Rothlisberger ist in Australien geboren und aufgewachsen. Dorthin sind seine Eltern vor 25 Jahren aus der Schweiz emigriert. Nach Jahren im Leistungssport hat er sich in Australien und Kanada zum Artisten ausbilden lassen. Am Schwungtrapez zeigt der blendend aussehende junge Mann Pirouetten, Abfaller und den Fußhang an einem Fuß. Für das Genre ist er ungewöhnlich groß, was seine Arbeit nicht erleichtert. Schade, dass sein Auftreten zum Teil noch etwas ungeschliffen wirkt. So mutet es etwas albern an, wie er zum Beginn der Trapeznummer mit ausgebreitetem Mantel durch die Manege schreitet.

 
Truppe Havanna, Brendy Joltok, Oliver Skreinig 

Quasi traditionell bringt Oliver Skreinig die Exoten des Circus Royal in die Manege. Zwei Pferde, drei Watussirinder, drei Nandus und zwei Lamas vereint er zu dem Tableau. Für tolle Stimmung unter dem Royal-Chapiteau sorgt die Truppe Havanna mit ihren Flugkünsten auf dem Russischen Barren. Doppelsalto gestreckt, Rückwärtssalto auf dem Barren im Zwei-Mann-Hoch, eine Art Passage mithilfe eines zweiten Barrens und der „Dreifache“ sind Auszüge des Repertoires. Brendy Joltok hat ihre Arbeit am Vertikalseil zum Thema „Phantom der Oper“ gestaltet. Nicht nur die Musik stammt aus dem Musical-Welterfolg, auch ihr Kostüm mit Halbgesichtsmaske ist passend gewählt. Dynamische und ruhige Momente wechseln sich in der ansprechenden Arbeit ab. Damit überbrückt sie den ersten Teil des Käfigaufbaus.


Bruno Raffo 

Danach nutzt Oliver Skreinig die Zeit für eine – für meinen Geschmack – allzu lange Ansage der Raubtiernummer. Die Attraktion ist, wie schon Carmen Zanders Tigerdressur vor vier Jahren, vor der Pause platziert. Vielleicht müsste Skreinig die Position der Tierrechtler gar nicht ausführlich wiederholen, um dann auf die eigenen und stichhaltigen Argumente zu kommen. Sie alleine würden genügen. Wie auch immer: Den Mut und das Engagement, wieder einmal Raubtiere in einem Schweizer Circus zu präsentieren, kann man nur begrüßen. Im Zentralkäfig leitet Bruno Raffo die sieben Lacey-Löwen dann zu Pyramide, Hochsitzern und Sprüngen am Gitter entlang zur Löwenbar an. Vier Tiere formieren sich zum Fächer, dann springt eines über die drei anderen. Löwenteppich und Sprung über den Tierlehrer sind weitere Elemente der sicher vorgetragenen Dressurfolge.

 
Truppe Havanna, Scilla Macaggi und Steeven van Gool, Nick Rothlisberger 

Mit kraftvoller Artistik am Chinesischen Mast eröffnet ein rein männliches Quartett aus der Truppe Havanna den zweiten Programmteil. Einige Tricks werden solo, andere zu viert präsentiert. In seinem zweiten Auftritt lässt Nick Rothlisberger die Hula Hoop-Reifen kreisen. Er präsentiert eine klassische Trickfolge, wie sie üblicherweise von Frauen vorgeführt wird. Von zwei Seiten lässt er sich insgesamt 22 Reifen zuwerfen, die er dann um seinen Körper rotieren lässt. Zum Abschluss geht es Reifen drehend an einer Handschlaufe unter die Circuskuppel. Für die Clownerie ist wie im Vorjahr Steeven van Gool alias Steevy zuständig. In Scilla Macaggi hat er eine sympathische Partnerin gefunden. Mit ihr zeigt er beispielsweise eine komische Zauberei mit Tüchern. Er demonstriert seine Künste beim Umfüllen von Wasser – von große in kleine Becher und erstaunlicherweise auch umgekehrt. Schön gespielt ist vor allem auch die wundersame Flaschenvermehrung gemeinsam mit Oliver Skreinig. Insgesamt weiß van Gool inzwischen besser zu gefallen als im Vorjahr.


Alfio Macaggi, Oliver Skreinig, Truppe Havanna 

Ebenso aus der letzten Saison bekannt ist Jongleur Alfio Macaggi. Sein neues, geschmackvolles Kostüm im spanischen Stil lässt den jungen Mann noch erwachsener wirken. Treppauf und treppab jongliert er sicher und elegant mit seinen Bouncingbällen. Fehlerfrei wechselt er von Jonglagen gegen den Boden zur normalen Jonglage. Auch fünf Fußbälle und drei Hüte wirbelt er durch die Luft. Der temperamentvolle und mitreißende Auftritt ist eines der Highlights dieses schönen Programms. Tierlehrer Marc Rivas hat den Circus Royal bereits kurz nach Saisonbeginn wieder verlassen. Also präsentiert Direktor Oliver Skreinig den hauseigenen Sechserzug Kamele an diesem Nachmittag selbst. Für den Abschluss der Show sorgt die Truppe Havanna in voller Besetzung, sieben Herren und zwei Damen. Am Schleuderbrett wird ein umfangreiches Repertoire gezeigt, bis hin zum Salto zu Fünf-Mann-Hoch und einem Sesselsprung.

Dank des temporeich in Szene gesetzten Programms vergeht der Nachmittag wie im Flug. „100 Prozent echter Circus“, so das Motto der aktuellen Tournee des Circus Royal, macht einfach immer wieder Spaß.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber