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Cirkus Maximum - Tour 2017
www.cirkusmaximum.se ; 90 Showfotos

Baalsta, 30. April 2017: Schon die Eröffnungsnummer ist ein Genuss. Im dunklen Frack dirigiert Anton Frank elegant einen Sechserzug herrlicher weißer Araber. Die variantenreichen Tricks werden sicher präsentiert. So sehen wir etwa das Flechten, das synchrone Steigen aller Pferde und das Zulaufen aller Tiere auf den in der Mitte stehenden Dresseur, so dass eine Sonne entsteht. Das neunköpfige Orchester sorgt für eine perfekte musikalische Unterstützung. Es begleitet die langsamen Szenen mit ruhiger Musik und treibt die im schnellen Tempo laufenden Schimmel noch an.

So wünscht man sich das im Circus, so ist auch das klassische Manegenschauspiel noch immer attraktiv. Wenn es um Qualität geht, macht Direktor Bengt Källqusit keine Zugeständnisse. So trägt das aktuelle Programm seines Cirkus Maximum auch den Titel „Supreme!“. Viele bekannte Artisten sorgen für ein harmonisches Programm auf erfreulichem Niveau. Hinzu kommt eine wirkliche Überraschung. Das in den Farben Rot und Gelb gehaltene Material spiegelt ebenfalls den hohen Anspruch wider. Durch den mit vielen Glühbirnen besetzten Kassen- und Einlasswagen geht es ins Vorzelt. Von dort führt der Weg in den großen Viermaster. Das Gradin darin ist natürlich mit Schalensitzen bestückt. Das Orchester sitzt über der roten Gardine. Am Geländer des Podiums hängt ein goldener Maximum-Schriftzug.


Anton Frank

Bengt Källquist lässt es sich nicht nehmen, das Publikum selbst durch das Programm zu führen. Anton Frank darf er noch ein zweites Mal ankündigen. Gleich nach der Pause präsentiert der deutsche Tierlehrer acht Esel in einer Freiheitsdressur. Wenngleich nicht so edel wie die Araber, erreichen die Tiere bei den Zuschauern fast ebenso hohe Sympathiewerte. Es ist einfach zu goldig, wie die zotteligen Vierbeiner gemütlich ihr wirklich umfangreiches Repertoire zeigen. Viel lebendiger geht es bei der Hunderevue von Ramon Maatz zu. Er hat nicht nur einige Hunde von Wolfgang Lauenburger übernommen, sondern ebenfalls die Aufmachung der Nummer. Der Lebensgefährte von Anton Franks Tochter Ebba hat sich bereits bestens mit den Tieren angefreundet. In rasantem Tempo zeigen die Hunde verschiedener Rassen, was sie gelernt haben. Sie scheinen dabei jede Menge Spaß zu haben. Ramon Maatz hat nicht nur ein gutes Händchen für seine Vierbeiner. Er ist zudem ein sehr gewinnender Vorführer. Die im Programmheft angekündigte Darbietung mit Haustieren von Ebba und Ramon pausiert an diesem Nachmittag.


Ebba Frank, Trio Alambria, Alexander Lichner

Somit bleibt Ebba Frank nur der Auftritt in der Stahlgitterkugel der Diorios. Während die ersten Motorradfahrer mit ihren Maschinen um sie herumrasen, steht die junge blonde Dame wagemutig in der Mitte. Wenn am Ende vier Biker gleichzeitig durch den runden Käfig jagen, hat Ebba Frank diesen bereits wieder verlassen. Abdelhak Danguir, Angie Silvestre und Yeison Colonia bilden das Trio Alambria. Alle drei waren schon in unterschiedlichen Formationen auf dem Hochseil zu erleben. So etwa Silvestre und Colonia bei den Robles, welche letzte Saison mit der Siebener-Pyramide bei Nock sowie danach im Offenbruger Weihnachtscircus engagiert waren. Wir dürfen hier also Profis genießen, die gekonnt das volle Repertoire einer Trio-Darbietung auf dem Hochseil zeigen. Der Lauf auf dem Schrägseil, das Überspringen der Partner, das Seilspringen, die Fahrt mit dem Fahrrad und die Dreier-Pyramide gehören dazu. Werden die Alambrias im Fall der Fälle durch ein großes Luftkissen gesichert, nutzt Alexander Lichner dankenswerterweise bei vielen seiner Tricks eine Longe. Ansonsten wäre das Risiko bei der waghalsigen Kür am Trapez viel zu hoch. Er startet mit einem (ungesicherten) Zahnstand am Washington-Trapez, welches sich in vertikaler Richtung bewegt. Dann geht es ans Schwungtrapez. Dort lässt er das Publikum etwa beim Zehenhang oder dem Übergang vom Knie- in den Fersenhang mitfiebern. Am schwingenden Trapez wohlgemerkt. Zum Schluss demonstriert er noch einmal die Kraft seines Gebisses. Dann hält er sich mit den Zähnen an einem an der Trapezstange eingehängten Riemen fest. Während das Trapez schwingt, wirbelt Alexander Lichner um die eigene Achse. Tosenden Applaus empfängt den sympathischen Spanier mit deutschen Wurzeln, wenn er sicher in die Manege zurückgekehrt ist.


Georgio, Duo Solys, Kimo

Georgio (Hrodmadko) ist der Punk unter den Diabolo-Jongleuren. In entsprechendem Outfit und zu treibender Musik jagt er die kleinen Doppel-Kegel durch die Luft. Bis zu drei davon jongliert er gleichzeitig. Dass auch Frauen in der Lage sind, ihre Männer „auf den Händen“ zu tragen, beweist Tatiana Yzouierdo. Bei der Partner-Akrobatik des Duo Solys bildet sie zumeist den tragenden Part. Das heißt aber nicht, dass Ehemann Hector einen ruhigen Job hat. Auch er begeistert mit großer Körperbeherrschung. Ihr Auftritt enthält viele außergewöhnliche Figuren. Er gipfelt ihm wahrsten Sinne des Wortes im Kopfstand von Hector auf einer von Tatiana balancierten Eiffelturm-Nachbildung. Die Darbietung von Kimo beinhaltet streng genommen nur einen Trick. Er dreht sich um die eigenen Achse. Doch damit ist die große Überraschung der Show nur unzureichend beschrieben. „Ägyptischer Tanz“ nennt sich seine Disziplin. Zu folkloristischer Musik rotiert er in hohem Tempo für mehrere Minuten auf einer Stelle. Dabei fliegt sein weiter Rock durch die Luft. Währenddessen hält er immer mehr flache Tamburine in der Hand. Als besonderen Effekt aktiviert er zum Schluss bunte Lämpchen auf seinem Rock. Wenn er dann das weite Tuch noch teilt, entsteht der Effekt eines beleuchteten Karussells. Eine Darbietung wie man sie nur selten sieht. Schon vom Zusehen bekommt man nach kurzer Zeit einen Drehwurm. Phänomenal!


Bengt Källquist und Francesco

Eine nicht einfache Aufgabe hatte Francesco Brunaud mit der Vorbereitung auf diese Saison, ist es doch die zweite hintereinander für ihn bei Maximum. 2016 zeigte er seine bekannten Stücke. Jetzt also mussten neue her. Dankenswerterweise ist Francesco nicht in den Reflex verfallen, sich bei seinen Kollegen zu bedienen. Leider können die neu zusammengestellten Reprisen nur bedingt überzeugen. Witzig ist noch die Suche nach seinem Sitzplatz vor Beginn der eigentlichen Vorstellung. „Nothing there“ kommentiert er immer wieder mit Blick auf die leere Manege. Gemeinsam mit Bengt Källquist erklärt er, was im Chapiteau erlaubt und verboten ist. Im ersten längeren Auftritt balanciert er zunächst eine große Blume und anschließend eine Pfauenfeder auf der Stirn. Dann erobert er mit Hilfe einer Rose das Herz einer Zuschauerin, pfeift und tanzt gemeinsam mit ihr. Zum Schluss spielt er auf einer Glasorgel. Das ist alles für sich genommen nett, macht aber zusammengesetzt wenig Sinn. Die Band mit Publikumsbeteiligung leitet er mit einem E-Gitarren-Solo ein. Dann animiert er die Gäste in den Logen und auf dem Gradin zum Mitmachen. Weiter geht es mit einer Einlage am Schlagzeug. Das folgende Zusammenspiel mit zwei Zuschauern ist leider wenig witzig. Insgesamt erzielt der Roncalli- und Knie-erfahrene Francesco damit nicht die Wirkung, die wir von ihm gewohnt sind.

Zum großen Finale wird eine überdimensionale Clownsfigur in der Manege aufgeblasen. Durch ihre Beine laufen die Mitwirkenden in die Manege, um sich vom begeistert applaudierenden Publikum zu verabschieden. An der Inszenierung hat der von Arlette Gruss und dem Cirque d'Hiver Bouglione bekannte Michel Palmer mitgewirkt. Qualität also auch in diesem Bereich. Ganz so, wie wir es vom Cirkus Maximum insgesamt kennen.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch