So
wünscht man sich das im Circus, so ist auch das klassische
Manegenschauspiel noch immer attraktiv. Wenn es um Qualität geht, macht
Direktor Bengt Källqusit keine Zugeständnisse. So trägt das aktuelle
Programm seines Cirkus Maximum auch den Titel „Supreme!“. Viele
bekannte Artisten sorgen für ein harmonisches Programm auf erfreulichem
Niveau. Hinzu kommt eine wirkliche Überraschung. Das in den Farben Rot
und Gelb gehaltene Material spiegelt ebenfalls den hohen Anspruch
wider. Durch den mit vielen Glühbirnen besetzten Kassen- und
Einlasswagen geht es ins Vorzelt. Von dort führt der Weg in den großen
Viermaster. Das Gradin darin ist natürlich mit Schalensitzen bestückt.
Das Orchester sitzt über der roten Gardine. Am Geländer des Podiums
hängt ein goldener Maximum-Schriftzug.
Anton Frank
Bengt
Källquist lässt es sich nicht nehmen, das Publikum selbst durch das
Programm zu führen. Anton Frank darf er noch ein zweites Mal
ankündigen. Gleich nach der Pause präsentiert der deutsche Tierlehrer
acht Esel in einer Freiheitsdressur. Wenngleich nicht so edel wie die
Araber, erreichen die Tiere bei den Zuschauern fast ebenso hohe
Sympathiewerte. Es ist einfach zu goldig, wie die zotteligen Vierbeiner
gemütlich ihr wirklich umfangreiches Repertoire zeigen. Viel lebendiger
geht es bei der Hunderevue von Ramon Maatz zu. Er hat nicht nur einige
Hunde von Wolfgang Lauenburger übernommen, sondern ebenfalls die
Aufmachung der Nummer. Der Lebensgefährte von Anton Franks Tochter Ebba
hat sich bereits bestens mit den Tieren angefreundet. In rasantem Tempo
zeigen die Hunde verschiedener Rassen, was sie gelernt haben. Sie
scheinen dabei jede Menge Spaß zu haben. Ramon Maatz hat nicht nur ein
gutes Händchen für seine Vierbeiner. Er ist zudem ein sehr gewinnender
Vorführer. Die im Programmheft angekündigte Darbietung mit Haustieren
von Ebba und Ramon pausiert an diesem Nachmittag.
Ebba Frank, Trio Alambria, Alexander Lichner
Somit
bleibt Ebba Frank nur der Auftritt in der Stahlgitterkugel der Diorios.
Während die ersten Motorradfahrer mit ihren Maschinen um sie herumrasen, steht
die junge blonde Dame wagemutig in der Mitte. Wenn am Ende vier Biker
gleichzeitig durch den runden Käfig jagen, hat Ebba Frank diesen
bereits wieder verlassen. Abdelhak Danguir, Angie Silvestre und Yeison
Colonia bilden das Trio Alambria. Alle drei waren schon in
unterschiedlichen Formationen auf dem Hochseil zu erleben. So etwa
Silvestre und Colonia bei den Robles, welche letzte Saison mit der
Siebener-Pyramide bei Nock sowie danach im Offenbruger Weihnachtscircus
engagiert waren. Wir dürfen hier also Profis genießen, die gekonnt das
volle Repertoire einer Trio-Darbietung auf dem Hochseil zeigen. Der
Lauf auf dem Schrägseil, das Überspringen der Partner, das
Seilspringen, die Fahrt mit dem Fahrrad und die Dreier-Pyramide gehören
dazu. Werden die Alambrias im Fall der Fälle durch ein großes
Luftkissen gesichert, nutzt Alexander Lichner dankenswerterweise bei
vielen seiner Tricks eine Longe. Ansonsten wäre das Risiko bei der
waghalsigen Kür am Trapez viel zu hoch. Er startet mit einem
(ungesicherten) Zahnstand am Washington-Trapez, welches sich in
vertikaler Richtung bewegt. Dann geht es ans Schwungtrapez. Dort lässt
er das Publikum etwa beim Zehenhang oder dem Übergang vom Knie- in den
Fersenhang mitfiebern. Am schwingenden Trapez wohlgemerkt. Zum Schluss
demonstriert er noch einmal die Kraft seines Gebisses. Dann hält er
sich mit den Zähnen an einem an der Trapezstange eingehängten Riemen
fest. Während das Trapez schwingt, wirbelt Alexander Lichner um die
eigene Achse. Tosenden Applaus empfängt den sympathischen Spanier mit
deutschen Wurzeln, wenn er sicher in die Manege zurückgekehrt ist.
Georgio, Duo Solys, Kimo
Georgio
(Hrodmadko) ist der Punk unter den Diabolo-Jongleuren. In
entsprechendem Outfit und zu treibender Musik jagt er die kleinen
Doppel-Kegel durch die Luft. Bis zu drei davon jongliert er
gleichzeitig. Dass auch Frauen in der Lage sind, ihre Männer „auf den
Händen“ zu tragen, beweist Tatiana Yzouierdo. Bei der Partner-Akrobatik
des Duo Solys bildet sie zumeist den tragenden Part. Das heißt aber
nicht, dass Ehemann Hector einen ruhigen Job hat. Auch er begeistert
mit großer Körperbeherrschung. Ihr Auftritt enthält viele
außergewöhnliche Figuren. Er gipfelt ihm wahrsten Sinne des Wortes im
Kopfstand von Hector auf einer von Tatiana balancierten
Eiffelturm-Nachbildung. Die Darbietung von Kimo beinhaltet streng genommen nur
einen Trick. Er dreht sich um die eigenen Achse. Doch damit
ist die große Überraschung der Show nur unzureichend
beschrieben. „Ägyptischer Tanz“ nennt sich seine Disziplin. Zu
folkloristischer Musik rotiert er in hohem Tempo für mehrere
Minuten auf einer Stelle. Dabei fliegt sein weiter Rock durch
die Luft. Währenddessen hält er immer mehr flache Tamburine in der Hand. Als besonderen Effekt aktiviert
er zum Schluss bunte Lämpchen auf seinem Rock. Wenn er dann das weite
Tuch noch teilt, entsteht der Effekt eines beleuchteten Karussells. Eine
Darbietung wie man sie nur selten sieht. Schon vom Zusehen bekommt man
nach kurzer Zeit einen Drehwurm. Phänomenal!
Bengt Källquist und Francesco
Eine
nicht einfache Aufgabe hatte Francesco Brunaud mit der Vorbereitung auf
diese Saison, ist es doch die zweite hintereinander für ihn bei
Maximum. 2016 zeigte er seine bekannten Stücke. Jetzt also mussten neue
her. Dankenswerterweise ist Francesco nicht in den Reflex verfallen,
sich bei seinen Kollegen zu bedienen. Leider können die neu
zusammengestellten Reprisen nur bedingt überzeugen. Witzig ist noch die
Suche nach seinem Sitzplatz vor Beginn der eigentlichen Vorstellung.
„Nothing there“ kommentiert er immer wieder mit Blick auf die leere
Manege. Gemeinsam mit Bengt Källquist erklärt er, was im Chapiteau
erlaubt und verboten ist. Im ersten längeren Auftritt balanciert er
zunächst eine große Blume und anschließend eine Pfauenfeder auf der
Stirn. Dann erobert er mit Hilfe einer Rose das Herz einer Zuschauerin,
pfeift und tanzt gemeinsam mit ihr. Zum Schluss spielt er auf einer
Glasorgel. Das ist alles für sich genommen nett, macht aber
zusammengesetzt wenig Sinn. Die Band mit Publikumsbeteiligung leitet er
mit einem E-Gitarren-Solo ein. Dann animiert er die Gäste in den Logen
und auf dem Gradin zum Mitmachen. Weiter geht es mit einer Einlage am
Schlagzeug. Das folgende Zusammenspiel mit zwei Zuschauern ist leider
wenig witzig. Insgesamt erzielt der Roncalli- und Knie-erfahrene
Francesco damit nicht die Wirkung, die wir von ihm gewohnt sind.
|