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Cirque Pinder - Tour 2017
www.cirquepinder.com ; 105 Showfotos

Metz, 1. Juli 2017: Die beiden bei Pinder so wichtigen Elemente Tierdressur und Clownerie sind auch in diesem Jahr wieder wunderbar besetzt. Artistisch haben wir hier schon ansprechendere Programme gesehen. Ebenso müssen bei der Präsentation Abstriche gemacht werden. In diesem Bereich hat das Unternehmen der Familie Edelstein - zumindest auf Tournee - nie außergewöhnliche Akzente gesetzt. Es wird klassischer Circus ohne Schnörkel gespielt. Dagegen ist nichts einzuwenden. Hinsichtlich Beleuchtung und Musikauswahl sowie -einspielung würde man sich allerdings mehr Sorgfalt wünschen.

Hier könnte der Gesamteindruck deutlich gesteigert werden. Das Licht kennt wenig Abwechslung, ist entweder zu dunkel oder einfach nur hell. Zu Beginn der Saison wurde ein neues Chapiteau samt dazugehörigem Gradin mit Schalensitzen in Betrieb genommen.


Entree und Chapiteau

In Metz aber ist ein älteres Spielzelt mit Sturmstangen aufgebaut. Im Inneren befinden sich neben den Logen zehn Reihen mit Holzbänken. In Kürze startet die Sommertournee mit vielen Kurzgastspielen. Dabei ist das Material natürlich einer besonderen Beanspruchung ausgesetzt. Insgesamt ist der Circus in den Farben Rot und Gelb gehalten. In der Front sticht die in einem Auflieger beheimatete Kasse ins Auge. In der Tierschau gibt es großzügige Ställe und Freigehege für Raubtiere, Exoten, Pferde sowie Hunde. Des Weiteren ist der voluminöse Auflieger mit der Küche ein besonderer Hingucker.


Sandro Montez

Eröffnet wird das Programm durch ein Tanzeinlage der kubanischen Truppe, die aus insgesamt zehn Personen besteht. Der neue Monsieur Loyal Romain Greveldinger begrüßt das Publikum. Formvollendet gekleidet mit Frack und Zylinder, begleitet er uns auf sehr angenehme Weise durch den Nachmittag. Zwischen den Nummern leitet er charmant über, während den Darbietungen weist er auf besondere Tricks hin. Davon gibt es in der großen Exotendressur mit Sandro Montez viele. Nicht weniger als neun Kamele, fünf Esel, drei Pferde und zwei Zebras bringt er dabei gemeinsam in die Zehn Meter-Manege. Es wird also recht eng. Doch der deutsche Tierlehrer behält souverän den Überblick. Die Bewegungsabläufe faszinieren. So etwa das große Karussell, bei dem Kamele, Esel und Pferde jeweils eine Bahn bilden. Ein imposantes Bild ergibt sich ebenfalls, wenn die Kamele nebeneinander abliegen. Im Vordergrund walzen die Zebras. Kurz danach steigen die Pferde gemeinsam. Einmal mehr fällt auf, wie Sandro Montez die Tiere mit klaren Kommandos und Gesten dirigiert. Zdenek Polach jongliert mit weißen Bällen. Immer mehr davon hält er variantenreich in der Luft. Am Ende sind es sieben Stück. Mit zerrissenen Jeans, schwarzem T-Shirt und dunkler Schminke ist sein Auftreten recht düster. Dabei ist Polach selbst ein sympathischer Zeitgenosse. Ich hätte mir somit einen positiveren Stil gewünscht.


Frédéric Edelstein

In recht düsterer Stimmung geht es weiter. Dunkle Outfits, gedimmtes Licht und wummernde Diskomusik bilden den Rahmen für die Artistik am Mast von Erl und Carlos. Allein diese Aufmachung nimmt einem den Spaß an der Nummer. Dabei ist die Akrobatik der beiden Kubaner durchaus sehenswert. Zum Ende ihres Auftritts zeigen sie dann doch noch ihre trainierten Oberkörper. Während der Luftapparat aufgebaut wird, unterhalten uns Romain Greveldinger sowie Weißclown und August der Rampins mit ihrer Version von „Das Musizieren ist hier verboten.“ Eine innovative Konstruktion nutzen die Diablos Blancos für ihre Luftnummer. An beiden Enden der Bahn befindet sich je ein Fangstuhl. In der Mitte stehen sich zwei Akteure ebenfalls auf Fangstühlen gegenüber. Darüber ist eine Reckstange montiert. Diese Konstruktion erlaubt spannende Tricks, welche die acht Kubaner auch zeigen. Der dreifache Salto gegen Schluss der Nummer wird von einem der äußeren Fangstühle gesprungen und in der Mitte gefangen. Es folgen eine actionreiche Flugshow und der (recht kurze) Sprung kopfüber aus der Kuppel. Beenden die „weißen Teufel“ den ersten Teil, geht es nach der Pause mit gefährlichen Schönheiten in Weiß weiter. Zwölf weiße Löwen sind dann im Zentralkäfig zu bewundern. Was Juniorchef Frédéric Edelstein mit seinen Schützlingen zeigt, ist absolut sehenswert, ja spektakulär. Bei der großen Pyramide zu Beginn können wir die ganze Pracht dieser Gruppe bewundern. Eindrucksvoll sind die Sprünge am Gitter entlang von einem Podest zu einem anderen. Zeigen sie doch, welche Kraft in diesen Großkatzen steckt. Wenn Frédéric Edelstein fünf Tiere auf seinem Körper abliegen lässt, hat er sogar noch Zeit, für Fotos zu posieren. Grandios ebenfalls der auf den Hinterbeinen laufende Löwe und die Sprünge seiner Tiere über den am Boden knienden Dompteur.


Valeriy, Sandro Montez, Diablos Blancos

Der Abbau des Käfigs wird bei Pinder zumeist durch eine Luftnummer überbrückt. Einmal mehr ist es Valeriy Olshanskyy, der mit seiner Akrobatik an Tüchern die Blicke in Richtung Kuppel zieht. Es ist eine ästhetische, kraftvolle Kür, die überzeugend dargeboten wird. Mit viel Spaß sind Hunde verschiedener Rassen bei der Sache, wenn sie mit Trainer Sandro Montez zeigen dürfen, was sie alles gelernt haben. Dabei geht es ungeheuer lebhaft zu. Die Nummer hat ordentlich Schwung. Zugleich ist sie sehr trickstark. Ganz gleich, ob die Vierbeiner im Solo agieren oder in kleinen Gruppen – die Kunststücke sind anspruchsvoll. Von Anstrengung ist dank der originellen Präsentation aber keine Spur. Heiterkeit steht auch gleich danach im Vordergrund. Die Rampins ziehen alle Register, die ein Clowns-Entree zu bieten hat. Das Trio musiziert, haut sich gegenseitig auf die Finger und jongliert mit Eiern. Kern ihres Schauspiels bildet aber eine ganz eigene Version von „Bienchen gib mir Honig“. Mit großen Blumen als Kulisse und fantasievollen Kostümen fliegen sie durch die Manege und bespritzen sich gegenseitig mit Wasser. Dazu läuft die bekannte Musik aus der Fernsehserie „Biene Maja“. Die Handlung ist nicht immer ganz klar. Das stört aber nicht weiter, überzeugen die Rampins doch dank großer Präsenz und einem gepflegten Auftreten. Mit der kubanischen Truppe schenkt uns Pinder zum Abschluss noch einmal eine volle Manege. Die Diablos Blancos wollen hoch hinaus. Dazu bedienen sie sich einer Russischen Schaukel. In bunter Choreographie bringen die acht Akteure die Lebensfreude ihrer Heimat ins Chapiteau. Höhepunkte sind die Landung auf einem auf einer Perchestange ruhenden Sessel und der Sprung durch einen Reifen, der von drei Artisten übereinander gehalten wird.

Direkt danach folgt das Finale mit allen Mitwirkenden. Romain Greveldinger übernimmt die Verabschiedung. Wir verlassen das Chapiteau und freuen uns schon auf ein Wiedersehen mit dem Cirque Pinder in Paris. Dann wird im großen Chapiteau mit rund 5.000 Sitzplätzen gespielt. Das Programm wird hinsichtlich Präsentation und Besetzung weiter optimiert sein.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch