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Circus Royal - Tour 2017
www.circusroyal.ch ; 90 Showfotos

Wettingen, 24. März 2017: Waren es im vergangenen Jahr Löwen, so werden 2017 die Tiger groß herausgestellt. „Im Zeichen des Tigers...“ lautet auch der Titel der aktuellen Produktion des Circus Royal. So traurig das klingt – mit dem Engagement einer Raubtiergruppe besetzt das Unternehmen von Peter Gasser und Oliver Skreinig eine echte Marktlücke. (Auch) in der Schweiz gibt es derartige Nummern kaum noch zu sehen. Und so kam es in den Medien wiederum zu einer von Tierrechtlern entfachten Diskussion. Dabei ist die Frage nach dem Wohlergehen der Wildkatzen schnell geklärt.

Ein Blick in die Tierschau genügt. Großzügige Wagen und Außengehege mit Spielmöglichkeiten bieten beste Bedingungen. Das Material lässt erkennen, woher die Tiere kommen. Die Raubtiere stammen, wie schon die Löwen im Vorjahr, von Martin Lacey junior. Mehrere Pfleger kümmern sich um die fünf Tiger. In der Vorstellung selbst erhält die Vorführung großen Raum.


Victor Guillaumin

Anders als bislang bei Royal, ist sie nach und nicht vor der Pause platziert. Das mag daran liegen, dass in diesem Jahr die Aufbauten noch aufwendiger sind. Zusätzlich zum Zentralkäfig werden drei der großen Leinwände installiert, die vor einigen Jahren im Tourneeprogramm des Circus Krone eingesetzt wurden. Bei Royal sehen wir darauf einen rührigen Clip zur Bewahrung der Schöpfung. Dadurch, dass der Circus den Tigern ein Zuhause gibt, leistet er einen wichtigen Beitrag dazu, so die Botschaft des Videos. Danach steht das gestreifte Quintett im Scheinwerferlicht. Mit ihm Victor Guillaumin, der Vorführer aus Mexiko. Ruhig und nur mit Stöcken sowie Futterbelohnung dirigiert er die schönen Königstiger. Die Aufmachung der Requisiten sowie das Kostüm von Guillaumin illustrieren das zugehörige Dschungel-Thema. Es ist eine rundum gelungene Präsentation, die fast vergessen macht, dass das Trickrepertoire eher überschaubar ist.


Brendy Joltok, José Munoz, Victor Krachinov

Während der Käfig abgebaut wird, hält Oliver Skreinig zunächst ein leidenschaftliches Plädoyer für den Circus mit Tieren. Dann zieht Brendy Joltok die Blicke auf sich und damit unter die Kuppel. Sie arbeitet eine sehr schöne Kür an den Tüchern. Dank des Gesangs von Krisztina Nagy wird diese noch aufgewertet. „Crazy right now“ haben sich die beiden als musikalische Begleitung ausgewählt. Mit spannenden Effekten beginnt und beendet Nick Andrew seine Hula Hoop-Darbietung. Am Anfang lässt er beleuchtete Reifen um seine Arme kreisen. Am Ende sind es zwei brennende. Dabei hängt er kopfüber mit den Füßen in einer Schlaufe. Dazwischen zeigt der blonde Australier mit Schweizer Wurzeln viele Facetten einer abwechslungsreichen Hula Hoop-Nummer. Sogar die Jonglage von Ringen integriert er. Sechs Kamele des Circus Royal führt Robert Stipka junior vor. Der von Ringling aus den USA nach Europa zurückgekehrte Tierlehrer hat mit den Wüstenschiffen eine schöne Freiheitsdressur zusammengestellt. José Munoz hat sich bekanntermaßen dem Seiltanz verschrieben. In spanischer Aufmachung läuft er elegant über den Draht, springt über Fahnen und durch einen mit Papier bespannten Reifen. Höhepunkt ist der Rückwärtssalto. Aus dem Rahmen der diesjährigen Royal-Show fällt Victor Krachinov. Er ist der Exzentriker in einem ansonsten klassischen Circusprogramm. Zu wild zusammengestellter Musik liefert er eine moderne Peformance. Er jongliert auf seine ganz eigene, ausdrucksstarke Weise mit Bällen und Keulen. Und das auf einem beachtlichen Niveau. Krachinov ist ein wahrer Könner seines Fachs. Damit ist die Platzierung vor dem Finale voll und ganz gerechtfertigt.


Aleksy, Truppe Kucherenko, Kevin Stipka

Im ersten Teil wird auf Tiere verzichtet. Da einige der artistischen Darbietungen einen festen Untergrund benötigen, liegt ein Holzboden in der Manege. Mit gleich drei Nummern sind Mitglieder der Truppe Kucherenko vertreten. Aleksy zeigt am Rhönrad eine traditionell gehaltene Nummer. Zu klassischer Musik vollführt er ganz in weiß einen klassischen Tanz auf rollendem Requisit. Dabei fehlt ein wenig der Schwung. Yaroslav jongliert mit bis zu zwei Diabolos. Etwas zurückhaltend präsentiert er bekannte Tricks des Genres. Das Kostüm, welches er an diesem Nachmittag trägt, ist leider wenig stimmig. Die Pausennummer der vierköpfigen Truppe Kucherenko überzeugt hingegen vollends. Die Dame und die drei Herren fahren auf Zweirädern sowie auf niedrigen und hohen Einrädern. In immer wieder neuen Formationen drehen die Ukrainer ihre Runden. Es gibt die dreifache Formationsfahrt auf dem Hinterrad oder einen Zwei-Mann-Hoch auf dem Einrad. Geradezu sensationell ist der Schlusstrick. Ein Handstand auf den Köpfen der beiden Untermänner, welche auf hohen Einrädern fahren. Zumindest zeitweilig im Programm ist Kevin Stipka. Der Tennisjongleur ist für den ursprünglich vorgesehenen Donoban Rodriguez an den Strapaten eingesprungen. Versiert lässt der Bruder von Robert Stipka junior seine Rackets variantenreich durch die Luft fliegen. Bereits im zweiten Jahr wagt sich Nick Andrew bei Royal ans Schwungtrapez. Dafür hat er seine dynamische Trickfolge angepasst. Insbesondere der neu hinzugekommene Sprung zu einem höher gelegenen Trapez sorgt für eine Überraschung.


Clown Steevy, Ballett, Krisztina Nagy

Seine dritte Saison beim Circus Royal hintereinander bestreitet Steeven van Gool alias Clown Steevy. Und er gefällt mir von Jahr zu Jahr besser. Zudem sind seine Auftritte wohl dosiert. Er bringt seine Version des Pfeil-und-Bogen-Spiels mit Luftballons. Eine Zuschauerin dient ihm hier als Mitspielerin. In zwei weiteren Reprisen ist Brendy Joltok mit von der Partie. Ihr Hütchenspiel mit Brendys hin- und her wanderndem Kopf findet an einem wunderbar gestalteten Eiswagen statt. Als Fahrradfahrer musizieren sie mit Hupen, die sich unter dem Jacket befinden. Die Pause kündigen Steevy und Oliver Skreinig mit einem lebensgroßen aufblasbaren Elefant an. Nicht nur der Clown und der moderierende Direktor begleiten uns durch die Show. Immer wieder erleben wir das sechsköpfige Ballett aus der Ukraine. Die an der Staatlichen Ballettschule ausgebildeten Tänzerinnen und Tänzer nehmen in ihren Choreographien meist Bezug auf die folgende Nummer. Man merkt, dass hier Profis am Werk sind. Ausdrucksstark erzeugen sie unterschiedliche Stimmungen. So etwa bei „Schwanensee trifft Breakdance“, wo die Damen im weißen Tütü auf die Herren in schwarzen Outfits treffen. Akteure und Musikstile finden letztendlich zusammen. Es ergeben sich originelle Bilder. Das Ballett eröffnet zudem das groß angelegte Finale. Krisztina Nagy singt, glitzernde Schnipsel regnen aus der Kuppel. Natürlich sind alle Mitwirkenden mit von der Partie. Vorgestellt wurden sie bereits im Opening. Hier hat Oliver Skreinig das gesamte Ensemble namentlich angekündigt. Eine schöne Idee, so die Akteure der Show bereits am Anfang kennenlernen zu dürfen.

Keine Frage, die Tiger sind die Hauptattraktion. Neben des gestreiften Stars hat der Circus Royal 2017 weitere interessante Nummern im Programm. Dank Sängerin und Ballett bekommt die Produktion einen schönen Rahmen. Die Musik wird vom Band eingespielt, ein Schlagzeuger setzt akustische Akzente. Zu guter Letzt sei noch das umfangreiche, hochwertig gemachte Programmheft erwähnt. Hier gibt es Infos zu allen Bereichen des Circus. Eine schöne Erinnerung an den Besuch von „Im Zeichen des Tigers...“

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Text und Fotos: Stefan Gierisch